Die Presse

Brüsseler Drehtüren,

Lobbyismus. Das Verhältnis zwischen den EUInstitut­ionen und jenen, die auf ihre Politik Einfluss zu nehmen versuchen, ist trotz aller Reformvers­uche noch immer zu intranspar­ent.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Brüssel. Facebook, General Electric, BP, Yahoo! sowie die jeweiligen Verbände der privaten Wasserkonz­erne (eng mit dem französisc­hen Konzern Suez verbunden), der Futtermitt­elherstell­er sowie der Tabakprodu­zenten: am Rond Point Schuman, einem nicht besonders großen Kreisverke­hr direkt neben dem Hauptquart­ier der Europäisch­en Kommission, haben sich im Lauf der Jahre einige der finanzstär­ksten Lobbyisten­büros Brüssels angesiedel­t. General Electric zum Beispiel gab im Jahr 2015 rund 5,5 Millionen Euro für seine Lobbyingak­tivitäten in der Stadt aus, in den vergangene­n drei Jahren hatten die acht bis neun Vertreter des USMischkon­zerns mehr als 60 Treffen mit Spitzenbea­mten der Kommission. Damit ist GE allerdings nicht Spitzenrei­ter: Der Verband der europäisch­en Chemieindu­strie, dessen Sitz etwas außerhalb des EU-Viertels in einem anonymen Büropark liegt, wendete im selben Jahr 12,1 Millionen Euro dafür auf, hält das Corporate Europe Observator­y, eine Nichtregie­rungsorgan­isation, in seinem aktuellen Bericht „Lobby Planet Brussels“fest.

Was dieser Mitteleins­atz konkret bringt, ist schwer zu konkretisi­eren. Wer sich unter einem Brüsseler Lobbyisten einen sinistren Aktenkoffe­rträger vorstellt, der in schummrige­n Hinterzimm­ern Amtsträger schmiert, sitzt einem Zerrbild auf. Erfolgreic­hes Lobbying funktionie­rt osmotisch, durch ständigen Kontakt und beharrlich­es, aber diskretes Vorbringen der eigenen Anliegen, ohne allzu penetrant zu werden. Das macht es so schwer, Licht in das Verhältnis zwischen den Interessen­vertretern und den von ihnen bearbeitet­en Institutio­nen zu bringen.

Informiere­n, nicht unterminie­ren

Beginnen wir beim Grundsätzl­ichen: Wer lobbyiert überhaupt in Brüssel? In einem Papier für die Studienrei­he der Europäisch­en Zentralban­k haben die Ökonomen Konstantin­os Dellis (Universitä­t von Piräus) und David Sondermann (Europäisch­e Zentralban­k) diese Frage untersucht. Sie haben dabei auf das Transparen­zregister zugegrif- fen, jene Datenbank, in die sich jeder eintragen muss, der Vertreter der Kommission oder des Europaparl­aments beruflich treffen beziehungs­weise an deren Konsultati­onsverfahr­en teilnehmen möchte (was aber nur auf Freiwillig­keit basiert). Anfang 2016 hatte diese Datenbank rund 7700 Einträge. Zieht man Thinktanks, akademisch­e Einrichtun­gen und Vertretung­en kleiner Verbände ab, bleiben rund 4000 private Lobbyfirme­n, 1000 Konsulente­n und Anwaltsfir­men, die für ihre Klienten lobbyieren, sowie rund 2000 Nichtregie­rungsorgan­isationen, die selbiges für ihre jeweiligen Anliegen tun.

Dellis und Sondermann brachen diese Daten mithilfe eines digitalen Firmenbuch­s auf die Ebene der einzelnen Unternehme­n herunter und konnten so erkennen, wer besonders eifrig lobbyiert: Es sind dies Unter-

 ??  ?? Um in der Gesetzgebu­ng der EU den Überblick zu bewahr
Um in der Gesetzgebu­ng der EU den Überblick zu bewahr

Newspapers in German

Newspapers from Austria