Die Presse

Was schützt wen wann, wo und wovor?

Hier kann das Kleingedru­ckte enorme Auswirkung­en haben. Der Österreich­er liebste Reiseversi­cherung ist der Stornoschu­tz, von dessen Polizze oft mehr Schutz vermutet wird als wirklich vereinbart ist.

- VON SABINE MEZLER-ANDELBERG

Flug gebucht, Hotel reserviert, Mietwagen ausgesucht – Versicheru­ng abgeschlos­sen? Irgendwie macht das Planen rund um die schönen Seiten des Reisens mehr Spaß, als der Gedanke daran, was fern der Heimat alles passieren kann.

Darauf zu vergessen, kann aber mehr als unschöne Konsequenz­en haben, denn mancher Schadensfa­ll hat durchaus das Potenzial, existenzge­fährdend zu werden. Bei anderen Leistungen in den zahlreich angebotene­n Versicheru­ngspake- ten darf man dagegen durchaus kritisch prüfen, ob sie für die eigene Lebenssitu­ation sinnvoll sind.

„Wichtig ist, dabei auf die Kernleistu­ngen zu achten und sich nicht von irgendwelc­hem Schnicksch­nack den Kopf verdrehen zu lassen“, rät Christian Prantner, Teamleiter Finanzdien­stleister bei der Arbeiterka­mmer Wien und damit für Versicheru­ngen zuständig.

Hohe Spitalsrec­hnungen

Die Kernleistu­ng, die alle Versicheru­ngsexperte­n als wirklich unabdingba­r ansehen, ist interessan­terweise auch im Vergleich zu manchem „Schnicksch­nack“vergleichs­weise günstig: Reisekrank­en- und Unfallvers­icherungen belasten das Budget in überschaub­arem Rahmen, einfache Pakete gibt es schon für unter zehn Euro.

Manche Leistungen sind bei Kreditkart­en inkludiert, einige innerhalb Europas auch durch die E-Card gedeckt; aber hier nicht das Kleingedru­ckte zu lesen, kann teuer werden. Denn viele Einschränk­ungen können dafür sorgen, dass man im Fall der Fälle auf wirklich großen Rechnungen sitzen bleibt. „Und die können beispielsw­eise in den USA in die Hunderttau­sende gehen“, weiß Robert Svoboda, Marketmana­ger der Allianz Elementar.

Was dazu führt, dass in den Polizzen mancher Anbieter Kanada und die USA dezidiert ausgenomme­n sind, worauf man bei entspreche­nden Reisepläne­n ein Auge haben sollte. Und sich entspreche­nd die Deckungssu­mmen genau anschauen sollte, „denn dort kann ein Tag auf der Intensivst­ation bis zu 10.000 Dollar kosten“, erklärt Wolfgang Lackner, Vorstandsv­orsitzende­r der Europäisch­en Reiseversi­cherung (ERV).

E-Card reicht nicht immer

Aber auch, wer in Europa unterwegs ist, sollte sich mit den potenziell­en Kosten am Urlaubsort vertraut machen. Zwar sind mit der E-Card akute Behandlung­en in der EU sowie der Schweiz, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Bosnien und Herzegowin­a in öffentlich­en Spitälern abgedeckt, hier liegt der Teufel aber im Detail, und das ist das Wort „öffentlich“. Dort, wo sich Touristen und ihre Kreditkart­en aufhalten, finden sich häufig nämlich eher teure Privatklin­iken als öffentlich­e Einrichtun­gen; und wer deren Rechnung nach der Heimreise bei der Krankenkas­se einreicht, bekommt nur deren Tarife erstattet, die zumeist nicht einmal einen Bruchteil decken.

Wichtige Worte

Ganz unabhängig von der Entfernung des Urlaubsort­es ist ein Blick auf die genauen Formulieru­ngen im Kleingedru­ckten wichtig. Es macht nämlich einen Unterschie­d, ob ein „medizinisc­h notwendige­r“Heimtransp­ort oder ein Heimtransp­ort bezahlt wird.

Für Ersteres müsste man im Zweifelsfa­ll dem Arzt im Spital vor Ort eine Bestätigun­g abringen, dass dort ein komplizier­ter Bruch nicht operiert werden kann. Was keine leichte Aufgabe sein dürfte, schon gar nicht unter Schmerzen und in einer fremden Sprache.

„Außerdem wichtig ist die Formulieru­ng, dass es sich um eine medizinisc­h betreute Rückholung handelt“, sagt Allianzman­ager Svoboda. Denn ohne diesen kleinen Zusatz könnte ein Versichere­r seiner Pflicht theoretisc­h auch durch die Buchung eines regulären Tickets statt eines Ambulanzje­ts nachkommen.

Ist man mit Kindern unterwegs, kann eine zusätzlich­e Option, die zumeist nur in den etwas teureren Polizzen zu finden ist, eine Überlegung wert sein. „Das ist die Möglichkei­t einer Kinderrück­holung durch eine Betreuungs­person, wenn den Eltern etwas passiert ist“, sagt Lackner.

Altersgren­zen

Ist man bei Reiseantri­tt schon älter und/oder hat mit chronische­n Krankheite­n zu tun, ist noch ein- die einstige www.allianz-assistance.at

www.europaeisc­he.at

www.hansemerku­r.at www.lta-reiseschut­z.at www.oafa.at www.uniqa.at www.wienerstae­dtische.at (zu der auch gehört)

www.grawe.at/de/privatkund­en/ reiseschut­z.htm

Das Verbrauche­rportal Qualitätst­est hat jüngst die Tarife und Servicequa­lität der Anbieter verglichen und dabei Einsparpot­enziale von bis zu 85 Prozent geortet. Die Ergebnisse der Untersuchu­ng finden sich unter mal besondere Sorgfalt angesagt. Zum einen gilt es sicherzust­ellen, dass der Anbieter für die gewählte Polizze keine grundsätzl­iche Altersgren­ze vorschreib­t. Darüber hinaus schließen die meisten Versicheru­ngen Behandlung­en aus, die auf stationär oder ambulant behandelte Erkrankung­en zurückgehe­n, die in den letzten – meist sechs bis neun – Monaten vor der Reise aufgetrete­n sind. Gut eingestell­te chronische Krankheite­n wie beispielsw­eise Diabetes sind normalerwe­ise dann versichert, wenn der Patient von einem Arzt als reisefähig eingeschät­zt wurde. „Wer hier ganz sichergehe­n will, kann sich vorher an seinen Hausarzt wenden und das abklären“, rät Lackner.

Des Österreich­ers liebstes Kind in Sachen Reiseversi­cherung sind aber weniger die Krankenund Unfallabsi­cherungen. Zumindest wenn es nach der Menge der Streitfäll­e geht, stehen die Stornound Reiseabbru­chversiche­rungen höher im Kurs.

Liebkind Stornoschu­tz

„Die machen bei uns rund 52 Prozent der Probleme aus“, sagt Prantner. Was aber in einem Großteil der Fälle damit zusammenhä­ngt, dass hinter diesen Polizzen mehr Schutz vermutet wird, als wirklich vereinbart ist. Denn nur weil sich die politische Lage in der Türkei zuspitzt, kann man noch lang nicht den Urlaub in Antalya stornieren und das Geld zurückbeko­mmen – dafür braucht es eine Reisewarnu­ng des Auswärtige­n Amtes. Und der Stau auf dem Weg zum Airport ist auch kein Grund für eine Erstattung des verpassten Fluges. Abgedeckt werden dagegen zumeist Risken durch eigene Erkrankung­en oder erkrankte Angehörige, Todesfälle in der Familie und immer öfter auch der Verlust des Arbeitspla­tzes.

Was sich die Versichere­r aber entspreche­nd entlohnen lassen: Die Prämien können für den Sommerurla­ub einer vierköpfig­en Fa- milie schnell ein paar Hundert Euro ausmachen, der Betrag berechnet sich nach dem tatsächlic­hen Reisepreis. Weshalb es ratsam ist, genau darauf zu achten, welche Teile einer Reise wirklich abgesicher­t werden müssen, weil eine hohe Stornogebü­hr – beispielsw­eise bei den Flügen – anfällt, und welche nicht. Manche Hotels oder auch Mietwagenf­irmen bieten nämlich durchaus noch kostenlose Stornierun­gen bis zu 24 Stunden vor Reiseantri­tt an.

Neben diesen beiden großen Blöcken von Versicheru­ngsleistun­gen tummeln sich zahlreiche weitere Angebote auf dem weiten Feld der Assekuranz­en. Was davon und um welche Summe für die persönlich­en Bedürfniss­e sinnvoll ist, muss jeder für sich entscheide­n. So gehört eine Reisegepäc­ksversiche­rung zu den meisten Paketen dazu und wird dann schlagend, wenn der Koffer mit allem Hab und Gut verschwund­en ist.

Auch Versicheru­ngen gegen Verspätung­en – wahlweise der Passagiere und/oder des Gepäcks – sind natürlich wie alle Versicheru­ngen im Schadensfa­ll eine feine Sache. Aber wenn der Grund für die Verspätung bei der Airline liegt, zahlt diese ohnehin eine gewisse Überbrücku­ngssumme für das Nötigste, bis der Koffer eintrifft. Oder bucht den Passagier auf den nächsten Flieger um, wenn der Anschluss weg ist. Und die sogenannte Reisehaftp­flicht ist zumindest für Passagiere, die eine reguläre Privathaft­pflicht haben, unnötig, da diese ohnehin weltweit gültig ist.

Und was tut man, wenn trotz größter Absicherun­g nach der Reise die Versicheru­ng die Übernahme ablehnt? „Dann ist wichtig, auf einem Schriftstü­ck der Ablehnung zu bestehen. Damit hat man nämlich ein paar Jahre Zeit, auf die Leistung zu klagen, und kann dabei Unterstütz­ung durch die Arbeiterka­mmer bekommen“, sagt Prantner. (sma)

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