Golfkrise: Es geht um Gas und Geld Katar weigert sich, Forderungen der Nachbarn zu erfüllen. Die neue Krise am Golf droht zu eskalieren. Es geht weniger um Terror als um Gas, Macht und Geld.
Analyse.
Wien. Das Emirat Katar ist unter Druck: Vier Nachbarstaaten – allen voran Saudiarabien – haben das Land isoliert und 13 Forderungen gestellt. Am heutigen Montag wird das Ultimatum verstrichen sein, erklärte Außenminister Mohammed al-Thani am Wochenende. Der Golfstaat sei auf die Isolation vorbereitet. Die lokalen Börsen stürzten dennoch ab, die Nachbarn drohten mit weiteren Sanktionen. Was bedeutet die weitere Isolation für das kleine Land? Woher kommt der Konflikt, und wird er sich rasch lösen lassen? „Die Presse“beantwortet die wichtigsten Fragen. 1 Warum haben Saudiarabien, die Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten Katar isoliert? Ursprung des Konflikts ist ein gefälschter Nachrichtenbeitrag, den Hacker in Katars Staatsfunk platziert haben sollen. Darin kritisierte der Emir des Landes die wachsende Anti-Iran-Stimmung. Kurz zuvor war US- Präsident Donald Trump auf Stippvisite in der Region und stempelte unter dem Beifall der Saudis den Iran zum größten Geldgeber des Terrorismus ab. Saudiarabien beschuldigt nun Katar der Terrorfinanzierung und zu freundlicher Beziehungen zum Iran. Tatsächlich schwelt der Konflikt aber schon deutlich länger und hat eher ökonomische als politische Gründe. 2 Wo liegen die wirtschaftlichen Gründe hinter der Isolation des Emirats? Der Konflikt hat seinen Ursprung in den 1990er-Jahren, als Katar begonnen hat, seine Erdgasvorkommen zu verflüssigen. Diese Strategie ermöglichte es dem Wüstenstaat, Gas per Schiff an die ganze Welt zu liefern, und machte das Land binnen weniger Jahre zu einer der reichsten Nationen weltweit. Heute ist Katar der größte Exporteur von Flüssigerdgas und deckt 30 Prozent des Weltbedarfs. Pipelines zu den benachbarten Ölstaaten, die Erdgas bis dahin wenig Beachtung geschenkt hatten, baute Katar hingegen kaum. So gelang es dem Land, der saudischen Dominanz in der Region zu entkommen und engere Kontakte zu anderen Staaten zu knüpfen. Vor allem zum Iran, dem Erzfeind Saudiarabiens. Mit Teheran teilt sich Katar das größte Erdgasfeld der Welt, dessen gemeinsame Ausbeutung dieser Tage beginnen soll. Saudiarabien und seine Verbündeten hätten schon lang auf eine Gelegenheit gewartet, dem kleinen Emirat die Flügel zu stutzen, sagen Beobachter. Nun sei diese Gelegenheit gekommen. 3 Katar finanziert also keine Terroristen? Gibt es keine Verbindungen zur al-Qaida? Die Nachbarstaaten beschuldigen Katar, die Terroristennetzwerke al-Qaida, die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) und die ägyptische Muslimbruderschaft, die nur von wenigen als terroristisch eingestuft wird, finanziell zu unterstützen. Tatsächlich haben etliche Katarer Geschäfte mit al-Qaida und ihren Ablegern gemacht beziehungsweise diese mit finanziellen Mitteln unterstützt, sagen US-Vertreter. Zumindest ebenso viel Unterstützung hätten die Extremisten allerdings auch aus Saudiarabien erhalten, heißt es weiter. Das allein reicht als glaubwürdiger Grund für die Isolation also nicht. 4 Was fordert der Block rund um Saudiarabien von Katar? Die 13 Forderungen umfassen etwa die sofortige Schließung des Fernsehsenders al-Jazeera, ein Zurückfahren der diplomatischen Beziehungen zum Iran, einen strengeren Umgang mit der Muslimbruderschaft und den Abzug einer türkischen Militärbasis im Land. Katar zeigte sich am Wochenende zwar grundsätzlich gesprächsbereit, die Forderungen will das Land aber nicht erfüllen. 5 Wie lang kann der kleine Golfstaat die Isolation überstehen? Katar ist einer der reichsten Staaten weltweit, der Staatsfonds ist mit einem Vermögen von 335 Milliarden US-Dollar (293 Milliarden Euro) prall gefüllt. Aber das 2,7-Millionen-Einwohner-Land ist stark abhängig von Importen – auch in so sensiblen Bereichen wie der Lebensmittelbranche. Schon in den vergangenen Wochen wurden rund 4000 Kühe per Flugzeug ins Land gebracht. Die Kapazität der Häfen wurde erst kürzlich erweitert, was sowohl den Verkauf von Erdgas als auch den Import von Maschinen und Grundnahrungsmitteln sicherstellen soll. Der Iran und die Türkei haben Katar bereits ihre Unterstützung zugesagt. Langfristig könnte eine Blockade das Land ebenso treffen wie jene Staaten, die es blockieren, sagen Experten. Kredite könnten für die ganze Region, der ohnedies bereits der Verfall der Ölpreise zu schaffen macht, teurer werden.
Doha. 2022 soll hier die Fußball-WM stattfinden. 2017 plagt sich Katar noch mit Terrorvorwürfen und der Blockadepolitik seiner Nachbarn.