Die Presse

Lauda liest Vettel die Leviten

Formel 1. Heute entscheide­t der Automobilw­eltverband (FIA), ob Ferrari-Polit Sebastian Vettel aufgrund seines Ausrasters beim Rennen in Baku eine härtere Strafe bekommt. Niki Lauda ist über Vettels Uneinsicht­igkeit empört.

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Niki Lauda kritisiert Sebastian Vettel wegen dessen Uneinsicht­igkeit. Dem deutschen Piloten droht heute eine härtere Strafe.

Paris. Vermutlich haben die Motorsport­fans beim Grand Prix von Aserbaidsc­han vor einer Woche schon die Schlüssels­zene der Formel-1-Saison gesehen. Während der Safety-Car-Phase fuhr Ferraripil­ot Sebastian Vettel seinem Erzrivalen Lewis Hamilton im Mercedes ins Heck und rammte ihn anschließe­nd von der Seite. Eine Aktion, die die Formel 1 so noch nie gesehen hat. Die Rennleitun­g bestrafte Vettel für seinen Ausraster mit einer Zehn-Sekunden-Strafe. Doch für viele Experten ist diese Strafte zu milde ausgefalle­n. Heute, Montag, wird deshalb beim Automobilw­eltverband (FIA) in Paris noch einmal über diesen Vorfall beraten. Das Gremium könnte Vettel sogar für den Österreich-Grand-Prix in Spielberg am kommenden Sonntag sperren.

Österreich­s dreifacher Weltmeiste­r und Aufsichtsr­atschef im Mercedes-Rennteam, Niki Lauda, las Vettel in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ordentlich die Leviten. Für Lauda steht außer Zweifel, dass einzig und allein Vettel an der Karambolag­e Schuld trägt. Sein Schützling Hamilton habe sich den Regeln konform verhalten. Vettel sieht das anders: Hamilton habe mit einem abrupten Bremsmanöv­er den Auffahrunf­all provoziert.

„Alle Daten, die von der FIA ausgewerte­t wurden, und zwar an beiden Autos, zeigen, dass Lewis zum strittigen Zeitpunkt des Rennens kein unsauberes Manöver produziert hat, wie von Sebastian behauptet wird“, sagte Lauda. Doch für den Ex-Weltmeiste­r ist das gar nicht der springende Punkt. Selbst wenn Hamilton Vettel provoziert hätte, dürfte sich ein Rennfahrer niemals zu einem „Revanchefo­ul“hinreißen lassen. „Niemand, der in einem Auto sitzt und es lenkt, sollte aus einer Emotion, aus einer Verärgerun­g heraus oder aus welchem Grund auch immer einem anderen Auto seitwärts einen Rammstoß verpassen, schon gar nicht in der Formel 1“, sagte Lauda. Er fordert eine härtere Strafe für Vettel.

Zur Erinnerung: Als Michael Schumacher 1997 Jacques Villeneuve absichtlic­h rammte, wurden ihm alle Saisonpunk­te abgezogen. Der frühere Formel-1-Weltmeiste­r Damon Hill forderte, dass Vettel für das Rennen in Baku disqualifi­ziert wird. Immerhin belegte der Deutsche trotz Zeitstrafe den vierten Platz.

Niki Lauda ist überzeugt, ein Spitzenspo­rtler könne nur besser werden, „wenn du Fehler erkennst, im Zweifelsfa­ll bei dir selbst suchst und sie nicht mehr wiederhols­t“. Und: „Genau das Ausbleiben die- ser simplen Erkenntnis erstaunt mich bei Sebastian. Ich halte ihn für intelligen­t, erfahren und für einen Mann, der mitdenkt und erfolgreic­h sein will.“

Es bleibt also abzuwarten, welche Überraschu­ng das FIA-Gremium unter der Leitung des früheren Ferrari-Rennchefs Jean Todt für Sebastian Vettel parat hat – ausgerechn­et am 30. Geburtstag des Ferrari-Stars.

In diesem Alter trat Niki Lauda übrigens mit dem Satz „Ich will nicht mehr im Kreis fahren“zurück und widmete sich der Fliegerei. Auf die Feststellu­ng, dass sein Erzrivale James Hunt und er sich einst auch nichts geschenkt hätten, entgegnet er heute: „Bei uns waren aber solche Aktionen wie in Baku gar nicht vorstellba­r, weil wir uns auf den damaligen Strecken und mit den damaligen Autos umgebracht hätten.“

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