Die Presse

Leitartike­l von Wieland Schneider: Brandgefäh­rliche Machtspiel­e am Golf ......................

Saudiarabi­en will das kleine, unbotmäßig­e Katar zur Räson bringen, um für die eigentlich­e Auseinande­rsetzung gewappnet zu sein: den Kampf gegen den Iran.

- S. 2 diepresse.com

S audiarabie­n soll nicht nur – so wie früher – im Hintergrun­d die Fäden ziehen und mit seinem wirtschaft­lichen Einfluss als Ölstaat das politische Geschehen beeinfluss­en. Sondern Saudiarabi­en soll auch nach außen hin politisch – wie militärisc­h – hart auftreten. Es soll zeigen, dass es eine Regionalma­cht ist, die ihre Interessen durchzuset­zen weiß. Das ist die außenpolit­ische Strategie des Zirkels rund um den neuen Kronprinze­n, Mohammed bin Salman. Mit erst 31 Jahren sticht der Kronprinz aus der Riege der sonst meist schon betagten saudischen Würdenträg­er heraus. Als Verteidigu­ngsministe­r gilt er als Hauptveran­twortliche­r für den saudischen Militärein­satz im Jemen. Im Armenhaus an der Südspitze der arabischen Halbinsel haben der Bürgerkrie­g und die saudische Interventi­on eine humanitäre Katastroph­e ausgelöst.

Teil der harten Außenpolit­ik ist auch das Vorgehen gegen das Golfemirat Katar. Mit dem 13 Forderunge­n umfassende­n Ultimatum an Katar soll ein eigenständ­ig und über die Maßen selbstbewu­sst agierender kleiner Nachbar zur Räson gebracht werden. Die gegen Katar vorgebrach­ten Vorwürfe sind in erster Linie ein Vorwand für dieses strategisc­he Vorgehen. Die Anschuldig­ung, Katar unterstütz­e terroristi­sche Gruppen, entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn sie just aus dem Munde der Saudis kommt.

Ja, es stimmt, dass Katar in der Region extremisti­sche Gruppen unterstütz­t. In Libyen lieferte es Waffen an Rebellen, die gegen den damaligen Machthaber Muammar al-Gaddafi kämpften. Das kleine Emirat stand an vorderster Front der internatio­nalen Gaddafi-Gegner. Offiziere der katarische­n Spezialkrä­fte sollen den Sturm der Aufständis­chen auf Gaddafis Hauptquart­ier in Tripolis im August 2011 koordinier­t haben. Die Luftunters­tützung dafür kam von der Nato. Schon in Libyen setzte Katar auch auf Milizen mit jihadistis­chem Hintergrun­d. Und dieses Muster verstärkte sich in Syrien.

Doch es stimmt auch, dass gerade in Syrien das jihadistis­che Spektrum der Aufständis­chen großzügige Zuwendunge­n reicher Spender aus Saudiarabi­en und Kuwait erhalten hat – genau das, was beide Länder nun Katar vorwerfen.

Was Saudiarabi­en viel mehr stört, ist Katars Hilfe für Ägyptens Muslimbrud­erschaft und deren Schwestero­rganisatio­nen. Die Politik der Bruderscha­ft verbindet strengreli­giöse Ideen mit sozialrevo­lutionären Elementen – eine Mischung, die das feudale saudische Königshaus als Gefahr für seinen Herrschaft­sanspruch betrachtet. Saudiarabi­en unterstütz­t deshalb Ägyptens Machthaber, Abdel Fatah al-Sisi, der die Bruderscha­ft mit Gewalt aus der Regierung verdrängt hat. Al-Sisi gehört somit nicht von ungefähr zur Allianz gegen Katar.

Die saudischen Strategen wollen, dass sich das unbotmäßig­e Emirat der außenpolit­ischen Linie des großen Bruders Saudiarabi­en anschließt. Sie brauchen einen geordneten Hinterhof für die eigentlich­e Auseinande­rsetzung: den Machtkampf mit dem Rivalen Iran. Teheran hat aus Sicht der Saudis dabei Punkte gemacht: Das Atomabkomm­en könnte den schiitisch­en Gottesstaa­t wieder zu einem vom Westen anerkannte­n Player machen. In Syrien und im Irak wurden iranische Truppen zu einem wichtigen Machtfakto­r. Und auch Katar hat sich zuletzt Teheran angenähert. S audiarabie­n setzt nun auf die Hilfe der neuen Führung in Washington. Donald Trump machte schon im Wahlkampf kein Hehl daraus, wieder einen schärferen Kurs gegen Teheran fahren zu wollen. Trump schwenkte auch schnell auf die harte Linie gegen Katar ein. Sein Verhalten bei seinem Besuch in Riad und seine folgenden Tweets dürften von den Saudis als grünes Licht für Maßnahmen gegen Katar interpreti­ert worden sein. Auch wenn US-Außenminis­ter Rex Tillerson kurz danach kalmieren wollte – und Katar einen Waffendeal mit Washington abschloss.

Es ist nun an den USA, ihre Verbündete­n Saudiarabi­en und Katar in ruhigere Gewässer zu leiten. Sie müssen sich mittelfris­tig auch um einen Ausgleich zwischen Saudis und Iranern bemühen. Denn die derzeitige­n Machtspiel­e am Golf sind brandgefäh­rlich.

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