Die Presse

Die Angst vor den Beamten

U-Ausschuss-Bilanz. Warum Norbert Darabos im Jahr 2007 einen schlechten Vergleich mit Eurofighte­r abgeschlos­sen hat.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Die erste Phase im Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­ss ist praktisch vorbei. Und sie bietet bereits erste Erkenntnis­se. Zunächst einmal eine zum Funktionie­ren von Untersuchu­ngsausschü­ssen: Ja, es kann selbst inmitten des Wahlkampfs gelingen, die Untersuchu­ngen in einer unaufgereg­ten Atmosphäre abzuwickel­n und dabei auch tatsächlic­h zu Ergebnisse­n zu kommen. Das ist zu einem guten Teil ein Verdienst des Vorsitzend­en Karlheinz Kopf (ÖVP).

Das Ergebnis kurz zusammenge­fasst: Norbert Darabos hat einen schlechten Vergleich abgeschlos­sen, was vor allem daran liegen dürfte, dass er jenen nicht vertraut hat, die ihm hätten helfen können.

Dass der Vergleich, den Darabos im Jahr 2007 mit Eurofighte­r abgeschlos­sen hat, für die Republik nachteilig war, darüber herrschte weitgehend Konsens. Lediglich Darabos selbst, sein Rechtsbera­ter Helmut Koziol und Ex-Bundeskanz­ler Alfred Gusenbauer verteidigt­en die Vereinbaru­ng, mit der die Republik drei Flugzeuge abbestellt und dafür 250 Millionen Euro Preisnachl­ass erhalten hatte.

Preisvorte­il aufgefress­en

Der springende Punkt: Darabos hat der Lieferung der älteren Tranche I statt der vereinbart­en Tranche-II-Flieger zugestimmt. Und diese haben erhebliche Nachteile wie eine kürzere Laufzeit und höhere Kosten für Ersatzteil­e. Durch Letzteres wird der Preisvorte­il zur Gänze aufgefress­en.

Doch wie ist dieser nachteilig­e Vergleich überhaupt zustande gekommen? Dafür muss man in der Geschichte zurückgehe­n: Der damalige SPÖ-Wahlkampfm­anager Norbert Darabos wollte eigentlich Innenminis­ter werden. Doch aufgrund der Koalitions­verhandlun­gen mit der ÖVP blieb den Sozialdemo­kraten nur das Verteidigu­ngsressort. Und dort wurde der einstige Zivildiene­r Darabos mit erhebliche­m Misstrauen empfangen.

Seine Reaktion: Er kapselte sich in seinem Büro ein. Selbst für seine Spitzenbea­mten bis hin zum Generalsta­bschef war es schwer, einen Termin beim Minister zu bekommen. Und in der Causa Eurofighte­r misstraute er seinen Beamten so sehr, dass er die Kenner der Materie bei den Vergleichs­verhandlun­gen gar nicht einband. Weder der Projektlei­ter für die Einführung der Eurofighte­r, Karl Hofer, noch der Leiter der Wirtschaft­sabteilung, Edwin Wall, der den Kaufvertra­g ausverhand­elt hatte, wurde um eine Expertise gebeten. Beide waren entsetzt, als sie im Nachhinein erfuhren, was da ausverhand­elt wurde.

Ebenso unverständ­lich wie der Verzicht auf wirtschaft­liche und technische Sachkenntn­is ist der Verzicht auf einen erfahrenen Verhandlun­gsleiter. Darabos fühlte sich befähigt, selbst mit Eurofighte­r zu verhandeln, unterstütz­t nur von Rechtsbera­ter Koziol. Dabei wäre mit Wolfgang Peschorn, dem Präsidente­n der Finanzprok­uratur, ein derartiger Verhandlun­gsleiter bereitgest­anden. Dass Peschorn von den Verhandlun­gen ausge- schlossen wurde, weil Eurofighte­r ihn nicht dabei haben wollte, macht die Sache nicht besser. Im Gegenteil.

Und so kam es, dass bei Eurofighte­r am Ende der Verhandlun­gen „die Champagner­korken knallten“und „Schwächlin­g Darabos“über den Tisch gezogen wurde, wie ein Eurofighte­r-Berater süffisant anmerkte. Der Vorgang erinnert frappieren­d an die Verstaatli­chung der Hypo Alpe Adria, als Peschorn vor der Tür warten musste, während die Politiker jene Positionen aufgaben, für die der Leiter der Finanzprok­urator zuvor gekämpft hatte. Keine Hinweise brachte der U-Ausschuss hingegen zu jenen Vermutunge­n, die im Vorfeld geäußert worden waren: dass die SPÖ nämlich von dem Vergleich profitiert hätte.

Ausstieg ausgeschlo­ssen

Und es gab, bei aller Kritik an Darabos, auch eine Erkenntnis zugunsten des Ministers: Seine Entscheidu­ng, den Ausstieg aus dem Eurofighte­r-Vertrag trotz der Linie der SPÖ im Wahlkampf doch nicht zu wagen, erwies sich als logisch und richtig. Der Gutachter des Ministers, der Rechtsprof­essor Helmut Koziol, hat diese Linie im Untersuchu­ngsausschu­ss überzeugen­d argumentie­rt: Ein Ausstieg wäre aufgrund der Vertragsge­staltung mit dem Risiko behaftet gewesen, dass Österreich praktisch den gesamten Kaufpreis der Eurofighte­r bezahlen muss, ohne aber die Flugzeuge zu bekommen. Und das wäre eine Variante gewesen, die noch schlechter als der Darabos-Vergleich wäre.

 ?? [ APA] ?? Ex-Verteidigu­ngsministe­r Norbert Darabos muss noch einmal im Untersuchu­ngsausschu­ss aussagen.
[ APA] Ex-Verteidigu­ngsministe­r Norbert Darabos muss noch einmal im Untersuchu­ngsausschu­ss aussagen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria