Lauwarme Küche im Badehaus: Entspannt, einfach, hochwertig
Bade-Pop-up. Der Kamptaler Haubenkoch Karl Schwillinsky lädt zum zweiwöchigen Flussessen im Shabby Chic. Den Verjus liefert seine Frau.
Karl Schwillinskys Kindheitssommer im Bad in Plank am Kamp in Niederösterreich schmeckt garantiert nach Twinni oder Jolly und süßem Fanta. „Aus irgendeinem Grund durften wir kein Cola trinken, aber es gab ja genug andere Zuckerflüssigkeiten“, erinnert sich der Haubenkoch. Und dann fällt ihm noch der asymmetrische Twinni-Bruch ein, „eine der großen Katastrophen der Siebziger“. Mittlerweile steht sein eigenes Eis auf der Dessertkarte. Schwillinsky kocht seit 2015 in der Taverne auf der Rosenburg exklusiv. Das Arrangement wird demnächst durch einen abendlichen (täglich ab 19 Uhr), aber temporären Auftritt im Schönberger Bad ergänzt.
Karl Schwillinsky bekocht – nein: bespielt dieses Badehaus am Kamp von heute an bis zum 16. Juli. Neben seinem grün-weißen Anstrich, der dem Haus auch nach so vielen Jahren wie ein hölzerner Ringelbadeanzug passt, war für den Koch vor allem das Innenleben interessant. „Das Schönberger Badehaus war für mich immer reizvoll, weil drinnen keine Kabinen sind. Es ist eine großzügige, alte Halle aus Holz, in die man gut Tische hineinstellen kann und dann diesen netten Shabby Look bekommt.“
In den nächsten zwei Wochen werden hier vorwiegend kalte und lauwarme Gerichte rund ums Mittelmeer serviert. Aus Venedig gibt es ein Carpaccio, aus Sizilien Caponata, ein Humus aus Waldviertler Bohnen, eine Abwandlung aus Vitello tonnato mit Putenbrust, marinierte Jakobsmuscheln und natürlich auch Schwillinskys Marillenknödel aus Erdäpfelteig – „und im abkühlenden Zustand serviert“.
Die Idee zur Sommerküche im Bad arbeitet schon länger in ihm. Vor Jahren organisierte er einmal eine Kunstausstellung in Badekabinen. Sie hieß „Badeschluss“und sei spektakulär gewesen, sagt er. „Und zehn Jahre schon will ich etwas am Wasser machen. Es ist auch so, dass man im ganzen Kamptal nirgendwo am Fluss essen kann. Und die Badehäuser sind doch so ein schönes Kulturgut, jede Ortschaft hat eines, aber sie fristen ein verschlafenes Dasein.“Deshalb will er gleich den ganzen Platz rund um das Holzhaus gestalten. Die Gäste können mit restaurierten Fahrrädern zur 50 Meter weit entfernten Toilette fahren und „auf der Kampseite stellen wir bunte Loungemöbel auf, die zur freien Verwendung sind, niemand muss etwas konsumieren. Wir wollen diesen Ort einfach nur eine Zeit lang bespielen. Es darf nicht so sein, dass alles gesperrt wird, nur weil der Schwillinsky eine Idee hat. Wer baden will, soll baden gehen und sich gern zu uns setzen.“Und das auch in der Badehose, ganz entspannt. „Ich wünsche mir einen einfachen Zugang. Niemand soll abgeschreckt werden, aber es soll trotzdem hochwertig sein.“
Saure Säfte
Und wenn es nach ihm geht, muss es auch kein einmaliger Auftritt bleiben. „Ich kann mir vorstellen, dass es nächstes Jahr weitergeht. Mir würde es auch gefallen, wenn sich diese ganzen netten Bäder mehr vernetzen. Das
1908 wurde es im 60. Thronjahr Kaiser Franz Josephs eröffnet, heuer wird das Badehaus Schönberg bis 16. Juli von Karl Schwillinsky bespielt. Das Pop-up endet mit einem Gratiskonzert der Strottern. Tischreservierungen: 0664/444 34 12. Team in der Küche wird heuer jedenfalls relativ klein sein. Karl Schwillinsky kocht allein mit einer Küchenhilfe. Mit ihm pendeln dann täglich sein Serviceteam von der Rosenburg und ein Sommelier. Seine Frau hilft natürlich auch mit. Die bekannte Winzerin Barbara Öhlzelt liefert eine wichtige Zutat: ihren Verjus, den Saft der unreifen Traube. „Der Verjus hat den großen Vorteil, dass er histaminfrei und nicht so vehement sauer ist“, sagt ihr Mann. Das heißt, man erwischt nicht gleich zu viel. Er verwendet keinen Essig mehr zum Kochen, nur noch Öhlzelts Verjus vom Grünen Veltliner. Deutlicher wird diese fruchtig-elegante Säure auf der Karte des Schönberger Badehauses dann zum Beispiel als alkoholfreier Zweigeltverjus mit Soda, als Aperitif Verjus Sprizz mit Prosecco oder etwas später am Abend als Verjustarte.
Barbara Öhlzelt ist wie ihr Mann eine leidenschaftliche Flussschwimmerin. Sie ist in Zöbing aufgewachsen. „Dort haben alle im Kamp schwimmen gelernt. Der Schwimmstil: waldviertlerisch-kraftvoll. Immerhin musste man hier öfter gegen die Strömung ankommen. Und dann ist der Kamp ja auch nicht sehr warm, also mehr als knapp über 20 Grad werden es nie.“Zu trinken gab es damals immer einen Ribiselsaft von der Mutter, erinnert sich Barbara Öhlzelt zurück. „Er war ein bisschen säuerlich. Das mochte ich.“