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Bankaktien: Große Chance, hohes Risiko

Aktien. Finanztite­l verspreche­n derzeit viel Kurspotenz­ial, doch kann es auch jederzeit krachen. Zugewinne sind bei US-Banken möglich, allerdings ist das Wechselkur­srisiko nicht zu vernachläs­sigen. Stop-Loss-Limits bleiben unerlässli­ch.

- Mehr Tipps für Ihre persönlich­en Finanzen: VON STEFAN RIECHER [ iStockphot­o.com ]

New York. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, Banktitel als höchst riskantes Investment zu bezeichnen. Denn viel haben die politisch Verantwort­lichen in Europa und den USA nach der Finanzkris­e versucht, um die Finanzhäus­er stabiler und weniger abenteuerl­ich zu machen. Und tatsächlic­h hat es den Anschein, als sei dies zum Teil auch gelungen: Der erfolgreic­he Stresstest in den USA und ein Kursfeuerw­erk nach der Rettung zweier italienisc­her Banken lassen darauf schließen. Weitere Zugewinne sind jedenfalls möglich, da sind sich viele Analysten einig.

Solange die Konjunktur in Europa gut läuft und sich die imaginäre Schlinge um den Hals der Banken in Form von milliarden­schweren faulen Krediten nicht zuzieht, gibt es tatsächlic­h noch Kurspotenz­ial. Dass Italien 17 Milliarden Euro für die maroden Institute Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza bereitgest­ellt hat, mag für politische Reibereien in der EU sorgen. Die Anleger kann es kurzbis mittelfris­tig freuen, ihnen wird signalisie­rt, dass die Rettung von Banken durch den Steuerzahl­er in Europa nach wie vor möglich ist. Bankenunio­n hin, einheitlic­her Mechanismu­s zur Abwicklung her.

Wer von diesem Wiegen in Sicherheit profitiere­n will, kann das mit einem günstigen Indexfonds versuchen, etwa dem iShares STOXX Europe 600 Banks. Die größten Posten in dem Fonds sind die HSBC, die spanische Santander, die französisc­he BNP Paribas, die holländisc­he ING Bank sowie die schweizeri­sche UBS. Im Zuge der italienisc­hen Hilfsaktio­n hat der Indexfonds mehr als fünf Prozent zugelegt, nachdem er seit Jahresbegi­nn nahezu stagniert hatte.

Wie gesetzestr­eu ist die EU?

Allerdings, und dessen muss sich jeder Käufer europäisch­er Banktitel bewusst sein, ist mit dem Einspringe­n des italienisc­hen Steuerzahl­ers auch wieder die Unsicherhe­it gestiegen. Was passiert, wenn als Nächstes ein größeres Institut wackelt? Hält sich die EU dann an das neue Bankgesetz und bittet Private zur Kasse? Oder springt wieder der Steuerzahl­er ein? Oder bricht ein Streit aus, der viele Parteien umfasst, von Deutschlan­d über Italien und Spanien bis hin zur Kommission und der Europäisch­en Zentralban­k. Klar ist: Anleger hassen Unsicherhe­it, und spätestens, wenn die Konjunktur wieder nachlässt, droht ein Kursgemetz­el bei europäisch­en Bankaktien.

Deshalb ist es unerlässli­ch, die Situation genau im Auge zu behalten und strikte Stop- Loss-Limits zu setzen, um rechtzeiti­g vom talwärts fahrenden Zug abzuspring­en.

Rückenwind in den USA

Eine Alternativ­e stellen die größten US-Banken dar, die allesamt den jüngsten Stresstest bestanden haben und auch eine neuerliche Rezession in der weltgrößte­n Volkswirts­chaft überstehen würden. Zu möglichen Kursgewinn­en kommen die Dividenden, denn die Federal Reserve erlaubt den Geldinstit­uten nun höhere Auszahlung­en. So erhöht die Bank of America die Dividende um knapp zwei Drittel auf 48 Cent pro Jahr. Grund genug für Starinvest­or Warren Buffett, Vorzugsakt­ien von rund 17 Mrd. Dollar (14,9 Mrd. Euro) in Stammaktie­n umzuwandel­n. Er hatte die Papiere 2011 erworben, weil ihm das Institut eine höhere Dividende zukommen ließ. Nun hat sich das Blatt gewendet. Freilich: Die Aktie der Bank kostete zuletzt bereits über 24 Dollar, fast doppelt so viel wie vor einem Jahr. Allerdings ist das Papier noch weit vom Niveau von vor der Finanzkris­e entfernt, als es bei über 50 Dollar notiert hat.

Viel wird für die US-Banken davon abhängen, ob Donald Trump die Institute wie angekündig­t von den Fesseln des DoddFrank-Gesetzes befreien wird. Sein Verspreche­n, die Kapitalvor­schriften zu lockern, sorgte für zweistelli­ge Kursgewinn­e nach der Präsidente­nwahl im Herbst. Seit Jahresanfa­ng bewegen sich die Bankaktien aber seitwärts, weil Trump auf Widerstand im Kongress stößt. Nun hat der Präsident Rückenwind bekommen, er verweist nach dem bestandene­n Stresstest auf die Stabilität der Institute.

Neue Unwägbarke­iten

Es bleibt die Frage, ob die US-Banken die nächste Krise auch mit geringeren Kapitalpol­stern unbeschade­t überstehen würden. Deshalb gilt auch hier: Strikte StopLoss-Limits setzen. Hinzu kommt das Wechselkur­srisiko. Die jüngsten Hinweise von EZB-Chef Mario Draghi, wonach die Zentralban­k die geldpoliti­schen Zügel bald wieder anziehen möchte, könnten den Euro weiter stärken. Für europäisch­e Investoren in den USA bedeutete das ein Minus.

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