Bankaktien: Große Chance, hohes Risiko
Aktien. Finanztitel versprechen derzeit viel Kurspotenzial, doch kann es auch jederzeit krachen. Zugewinne sind bei US-Banken möglich, allerdings ist das Wechselkursrisiko nicht zu vernachlässigen. Stop-Loss-Limits bleiben unerlässlich.
New York. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, Banktitel als höchst riskantes Investment zu bezeichnen. Denn viel haben die politisch Verantwortlichen in Europa und den USA nach der Finanzkrise versucht, um die Finanzhäuser stabiler und weniger abenteuerlich zu machen. Und tatsächlich hat es den Anschein, als sei dies zum Teil auch gelungen: Der erfolgreiche Stresstest in den USA und ein Kursfeuerwerk nach der Rettung zweier italienischer Banken lassen darauf schließen. Weitere Zugewinne sind jedenfalls möglich, da sind sich viele Analysten einig.
Solange die Konjunktur in Europa gut läuft und sich die imaginäre Schlinge um den Hals der Banken in Form von milliardenschweren faulen Krediten nicht zuzieht, gibt es tatsächlich noch Kurspotenzial. Dass Italien 17 Milliarden Euro für die maroden Institute Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza bereitgestellt hat, mag für politische Reibereien in der EU sorgen. Die Anleger kann es kurzbis mittelfristig freuen, ihnen wird signalisiert, dass die Rettung von Banken durch den Steuerzahler in Europa nach wie vor möglich ist. Bankenunion hin, einheitlicher Mechanismus zur Abwicklung her.
Wer von diesem Wiegen in Sicherheit profitieren will, kann das mit einem günstigen Indexfonds versuchen, etwa dem iShares STOXX Europe 600 Banks. Die größten Posten in dem Fonds sind die HSBC, die spanische Santander, die französische BNP Paribas, die holländische ING Bank sowie die schweizerische UBS. Im Zuge der italienischen Hilfsaktion hat der Indexfonds mehr als fünf Prozent zugelegt, nachdem er seit Jahresbeginn nahezu stagniert hatte.
Wie gesetzestreu ist die EU?
Allerdings, und dessen muss sich jeder Käufer europäischer Banktitel bewusst sein, ist mit dem Einspringen des italienischen Steuerzahlers auch wieder die Unsicherheit gestiegen. Was passiert, wenn als Nächstes ein größeres Institut wackelt? Hält sich die EU dann an das neue Bankgesetz und bittet Private zur Kasse? Oder springt wieder der Steuerzahler ein? Oder bricht ein Streit aus, der viele Parteien umfasst, von Deutschland über Italien und Spanien bis hin zur Kommission und der Europäischen Zentralbank. Klar ist: Anleger hassen Unsicherheit, und spätestens, wenn die Konjunktur wieder nachlässt, droht ein Kursgemetzel bei europäischen Bankaktien.
Deshalb ist es unerlässlich, die Situation genau im Auge zu behalten und strikte Stop- Loss-Limits zu setzen, um rechtzeitig vom talwärts fahrenden Zug abzuspringen.
Rückenwind in den USA
Eine Alternative stellen die größten US-Banken dar, die allesamt den jüngsten Stresstest bestanden haben und auch eine neuerliche Rezession in der weltgrößten Volkswirtschaft überstehen würden. Zu möglichen Kursgewinnen kommen die Dividenden, denn die Federal Reserve erlaubt den Geldinstituten nun höhere Auszahlungen. So erhöht die Bank of America die Dividende um knapp zwei Drittel auf 48 Cent pro Jahr. Grund genug für Starinvestor Warren Buffett, Vorzugsaktien von rund 17 Mrd. Dollar (14,9 Mrd. Euro) in Stammaktien umzuwandeln. Er hatte die Papiere 2011 erworben, weil ihm das Institut eine höhere Dividende zukommen ließ. Nun hat sich das Blatt gewendet. Freilich: Die Aktie der Bank kostete zuletzt bereits über 24 Dollar, fast doppelt so viel wie vor einem Jahr. Allerdings ist das Papier noch weit vom Niveau von vor der Finanzkrise entfernt, als es bei über 50 Dollar notiert hat.
Viel wird für die US-Banken davon abhängen, ob Donald Trump die Institute wie angekündigt von den Fesseln des DoddFrank-Gesetzes befreien wird. Sein Versprechen, die Kapitalvorschriften zu lockern, sorgte für zweistellige Kursgewinne nach der Präsidentenwahl im Herbst. Seit Jahresanfang bewegen sich die Bankaktien aber seitwärts, weil Trump auf Widerstand im Kongress stößt. Nun hat der Präsident Rückenwind bekommen, er verweist nach dem bestandenen Stresstest auf die Stabilität der Institute.
Neue Unwägbarkeiten
Es bleibt die Frage, ob die US-Banken die nächste Krise auch mit geringeren Kapitalpolstern unbeschadet überstehen würden. Deshalb gilt auch hier: Strikte StopLoss-Limits setzen. Hinzu kommt das Wechselkursrisiko. Die jüngsten Hinweise von EZB-Chef Mario Draghi, wonach die Zentralbank die geldpolitischen Zügel bald wieder anziehen möchte, könnten den Euro weiter stärken. Für europäische Investoren in den USA bedeutete das ein Minus.