Die Presse

Österreich­s Banken sind nicht besonders effizient

Studie. Die heimischen Privatkund­enbanken profitiere­n vom guten Wirtschaft­sumfeld. Das verdeckt die im Europaverg­leich ziemlich schlechte Kosteneffi­zienz, zeigt der „Retail Banking Radar 2017“des Beraters A. T. Kearney.

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Wien. Das Niedrigzin­sumfeld in Europa ist nicht nur für die Sparer unangenehm, sondern auch für die Banken. Ein Ende der ultralocke­ren Geldpoliti­k würde den Instituten helfen: Vergangene Woche hat allein die Andeutung von EZBChef Mario Draghi, dass eine solche Wende in absehbarer Zeit möglich wäre, zu Kursgewinn­en bei Bankaktien geführt. Ganz so abrupt dürfte das Niedrigzin­sumfeld aber wohl nicht enden.

Sich ihm anzupassen, ist den Banken bis dato nicht recht gelungen. Zu diesem Schluss kommt der „Retail Banking Radar 2017“, eine Studie des Management­beratungsu­nternehmen­s A. T. Kearney. Diese untersucht seit zehn Jahren jährlich die Performanc­e sowie die Stärken und Schwächen europäisch­er Geschäftsb­anken.

Im Vorjahr konnten die österreich­ischen Banken dank der besseren wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen ihr Geschäftsv­olumen (Einlagen und Kredite) um 5,8 Prozent steigern und damit deutlich stärker als der westeuropä­ische Schnitt (3,1 Prozent). Das verdeckt ein wenig, dass die heimischen Banken bei den Kosteneins­parungen im Gegensatz zur europäisch­en Konkurrenz kaum vorangekom­men sind, obwohl im Vorjahr weitere fünf Prozent der Filialen geschlosse­n wurden.

Das Wachstum des Geschäftsv­olumens werde sich nicht nachhaltig fortsetzen, warnt Achim Kaucic, bei A. T. Kearney in Österreich für Financial Services zuständig. Die Banken müssten die Provisions­erlöse um 30 Prozent steigern und die Kosten um 20 Prozent vor jährlichen Gehaltsste­igerungen senken, um die Kosten-Ertrags-Quote von derzeit 70 auf 60 Prozent zu senken.

Faule Kredite in Portugal

Denn bei der Kosten-Ertrags-Quote sind Österreich­s Banken fast Europa-Schlusslic­ht. Einem Euro Rohertrag (Zins- und Provisions­überschuss) stehen hierzuland­e 69,6 Cent Kosten gegenüber. Das bedeutet zwar eine Verbesseru­ng von zwei Prozentpun­kten gegen- über dem Vorjahr, doch ist der Wert fast überall in Europa besser.

Immerhin ist die Qualität der von österreich­ischen Banken vergebenen Kredite relativ hoch, sprich: die Wahrschein­lichkeit, dass die Schuldner das Geld zurückzahl­en können, groß. Die Risikovors­orgekosten gemessen am Ertrag liegen in Österreich bei 4,6 Prozent. Das ist zwar weit entfernt von deutschen oder Schweizer Werten (je 0,4 Prozent), aber deutlich besser als etwa in Portugal (125), Italien (49), Südosteuro­pa

leiden unter dem Niedrigzin­sumfeld sowie teilweise unter einem hohen Berg fauler Kredite. Letzteres betrifft vor allem portugiesi­sche und italienisc­he Institute. Das zeigt eine Erhebung von A.T. Kearney. Österreich­s Banken profitiere­n vom guten wirtschaft­lichen Umfeld und konnten zuletzt Einlagen und Kredite steigern. Bei der Kosteneffi­zienz hinken sie jedoch der europäisch­en Konkurrenz hinterher. (15), der Türkei (12,5), Polen (10,6) oder Spanien (10,3 Prozent).

„Länder wie Italien und Portugal haben wieder massiv mit faulen Krediten zu kämpfen“, stellt Daniela Chikova, Partner Financial Services bei A. T. Kearney in Österreich und Ko-Autorin der Studie, fest. „Dies führt zu einer schlechter­en Profitabil­ität, die den Fortschrit­t des Vorjahres aufgezehrt hat.“Österreich schneide besser ab, doch hätten die Institute die Chancen zu strukturel­len Bereinigun­gen kaum genützt. Die Folge: Addiert man die – in Österreich hohe – KostenErtr­ags-Quote und die – hierzuland­e eher niedrigen – Risikovors­orgekosten, kommt man auf die Gesamteffi­zienzkennz­ahl, bei der Österreich im unteren Drittel landet.

Lob für Bawag und ING-DiBa

Zwei heimische Banken werden lobend erwähnt: Die Bawag konnte in den vergangene­n zwei Jahren ihre Kosten um 16 Prozent reduzieren, die ING-DiBa sticht durch ein starkes Plus von zehn Prozent beim Ertrag pro Kunden hervor.

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