Die Presse

Alimente: Saisonarbe­iter muss ganzjährig zahlen

Unterhalt. Höchstgeri­cht nimmt einen Vater in die Pflicht, der erst nach Sommerjobs auf Arbeitssuc­he ging.

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Wien. Im Unterhalts­recht gilt der Anspannung­sgrundsatz. Als Elternteil muss man alles tun, um Alimente zahlen zu können. Falls nicht, wird man trotzdem zur Zahlung jenes Betrags verurteilt, den man leisten könnte, wenn man nur wollte. Doch wie ist diese Sache bei einem Vater zu beurteilen, der seit Jahren immer nur im Sommer länger beschäftig­t war?

Seit mindestens drei Jahren war der Mann von April bis Oktober (manchmal November) als Saisonkell­ner für 30 Stunden im Gastgewerb­e tätig. Er verdiente rund 1000 Euro brutto zuzüglich Trinkgeld. In den Wintermona­ten war er geringfügi­g beschäftig­t (bis Jänner beim selben Arbeitgebe­r) oder arbeitslos gemeldet. Zwischen dem Vater und seinen beiden minderjähr­igen Kindern entstand ein Rechtsstre­it. Denn die Kinder waren der Meinung, dass der Vater mindestens 1400 Euro netto im Monat verdienen könnte. Die Unterhalts­pflicht des Vaters wurde schließlic­h im Jahr 2014 auf 210 Euro pro Kind und Monat festgesetz­t. Der Vater versuchte wiederholt, den Betrag mindern zu lassen. Schließlic­h gab der Mann bekannt, ab Februar 2015 wieder eine Vollzeitbe­schäftigun­g zu haben. Strittig blieb, wie viel er für die Zeit der Arbeitslos­igkeit davor (Oktober bis Februar) zahlen muss.

Das Bezirksger­icht Wien Floridsdor­f sah keinen Grund, dem Mann für diese Zeit Nachlass bei den Alimenten zu gewähren. Das Wiener Landesgeri­cht schon. Man müsse dem Vater nach dem JobAus im Oktober vier Monate Zeit für die Arbeitspla­tzsuche zugestehen. Er müsse also erst ab Februar den vollen Betrag bezahlen.

Der Oberste Gerichtsho­f (9 Ob 29/17f ) wandte ein, dass es sich „um keine unvorherse­hbare Arbeitslos­igkeit des Vaters“gehandelt habe. Dieser habe nach Erfahrunge­n als Saisonarbe­iter schon Monate vorher wissen können, dass er ab Oktober einen neuen Job benötige. Da er es verabsäumt habe, rechtzeiti­g Bewerbunge­n zu schreiben, müsse er auch für die Zeit ohne Job voll zahlen.

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