Kann Trump-Strategie des Ausstiegs funktionieren?
Der US-Präsident hat eine Reihe von Abkommen gekündigt oder will sie neu verhandeln. Unklar, ob das gut gehen wird.
US-Präsident Donald Trumps Herangehensweise an multinationale Abkommen unterscheidet sich sehr von der seiner Vorgänger. Während frühere Präsidenten internationale Vereinbarungen im Kontext einer umfassenderen Handelsund Sicherheitsstrategie der USA behandelt haben, werden sie von Trump isoliert gehandhabt. Seiner Ansicht nach sind viele Abkommen, die von den USA unterzeichnet wurden, schlecht verhandelt, übermäßig belastend, veraltet oder zur Veränderung der wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Bedingungen ungeeignet.
Nach seinem Amtsantritt hat Trump die Transpazifische Partnerschaft (TPP) aufgekündigt – eine Vereinbarung zwischen zwölf pazifischen Anrainerstaaten, die zur größten Freihandelszone der Welt hätte werden können. Er sagt, er werde mit diesen und anderen Staaten bessere bilaterale Abkom- men aushandeln. Nach seinen Treffen mit Regierungschefs von Kanada und Mexiko entschied er sich dafür, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) nicht – wie im Wahlkampf versprochen – komplett aufzugeben, sondern es „neu zu verhandeln“.
Medienzirkus um Tweets
Auf seiner ersten Auslandsreise als Präsident hat Trump im Nahen Osten ein paar gute Ansätze gezeigt. Aber aus einer Rede an die Nato-Führung hat er eine Passage entfernt, mit der er sich explizit zur Verpflichtung der USA für die gemeinsame Verteidigung unter Artikel 5 des Nordatlantikpakts bekannt hätte. Dadurch hat er die Alliierten vor den Kopf gestoßen, und offenbar auch einige seiner Berater (später hat er diese Klausel doch noch akzeptiert).
Um Trumps Vorgangsweise zu verstehen, müssen wir den Medienzirkus hinter uns lassen, der um jeden seiner Tweets veranstaltet wird. Stattdessen müssen wir uns seine Ansichten anschauen, die er zu bestehenden Vereinbarungen in Bereichen wie nationaler Sicherheit, Arbeitsmarkt und Einkommen hat.
Als Beispiel dazu kann Trumps jüngste Entscheidung dienen, aus dem Pariser Klimaabkommen auszutreten. Diese Entscheidung wurde von vielen ausländischen Politikern, Umweltschützern und Unternehmern verurteilt und als Rückzug der USA aus ihrer globalen Führungsrolle betrachtet.
Für die Extremisten auf beiden Seiten habe ich wenig übrig: weder für diejenigen, die glauben, die globale Erwärmung sei ein Scherz, noch für jene, die aus Angst vor dem drohenden Weltuntergang nach einer scharfen staatlichen Regulierung der Wirtschaft rufen.
Die meisten von uns können sich darauf einigen, dass wir eine vernünftige Politik brauchen, um die möglichen ernsthaften Folgen des Klimawandels langfristig und zu vernünftigen Kosten abzumildern. Das Pariser Abkom-
men hat, selbst wenn alle Länder die selbst auferlegten und nicht bindenden Emissionsminderungsziele tatsächlich einhalten, nur einen minimalen Effekt auf das Klima. Große, auf die Verbrennung von Kohle angewiesene Volkswirtschaften wie China und Indien dürfen bis 2030 weiterhin Treibhausgase ausstoßen, was jegliche Nettominderung globaler Emissionen abschwächen wird.
Schlimmer noch: Die Kosten für die Finanzierung der Entwicklungs- und Schwellenländer müssen von den kohleproduzierenden Staaten und energieintensiven Produktionssektoren der Industriestaaten getragen werden. Und diese Kosten werden von den hoch subventionierten erneuerbaren Energien nur teilweise wieder ausgeglichen. Im vergangenen Jahrzehnt haben die USA ihre Emissionen stärker reduziert als jedes andere Land, da die Kohle in der Stromerzeugung durch günstiges Fracking-Erdgas ersetzt werden konnte. So wurde auch ein Preisrückschlag gegen die erneuerbaren Energien verhindert. Dieser Trend wird auch in absehbarer Zukunft noch anhalten. Wenn andere Länder die Kohle durch die Produktion oder den Import von günstigem und sauberem Erdgas ersetzen, können auch sie ihre Emissionen senken.
Förderung sauberer Energie
Langfristig besteht der einzige Weg, ernsthaft die Klimaprobleme abzumildern, in der Entwicklung besserer Anpassungsstrategien, Technologien zur Abscheidung und Bindung von Kohlenstoff sowie erneuerbaren Energiequellen, die ohne staatliche Subventionen auskommen. Obwohl Wind- und Sonnenenergie immer billiger werden, werden diese Technologien immer noch erheblich subventioniert und tragen trotzdem nur weniger als drei Prozent zur weltweiten Energieerzeugung bei.
Im Rahmen des Pariser Abkommens verpflichten sich die USA und andere reiche Länder, jedes Jahr 100 Milliarden Dollar für die Förderung sauberer Energie- quellen in den Entwicklungs- und Schwellenländern auszugeben. Unter den Empfängern sind auch Länder, die heute nicht mehr als arm bezeichnet werden können.
Vier Jahre Kündigungsfrist
Wie uns die Geschichte lehrt, wird ein großer Teil dieser Zuwendungen zweckentfremdet werden und in den Taschen korrupter Beamter landen. Außerdem hätte der USKongress, unabhängig von Trumps Entscheidung, diese Finanzmittel wohl gar nicht genehmigt.
Zur Unterzeichnung des Abkommens von Paris hat Ex-Präsident Barack Obama seine exekutive Verfügungsgewalt als Präsident in Anspruch genommen. Die Verpflichtung, die Obama dabei mit diesem Abkommen eingegangen ist, unterliegt einer Kündigungsfrist von vier Jahren, die auch für seinen Nachfolger gilt.
Bei der Pariser Vereinbarung handelt es sich auch um ein Abkommen, das im US-Senat mit einer Zweidrittelmehrheit hätte ratifiziert werden müssen. Es sei daran erinnert, dass auch der ehemalige US-Präsident Bill Clinton das Kyoto-Protokoll niemals dem Senat vorgelegt hat. Als Präsident George W. Bush diese Vereinbarung im Namen der USA kündigte, geschah dies also aus dem gleichen Grund, aus dem Trump nun das Pariser Abkommen verlässt.
Trotzdem wäre es für die USA besser gewesen, im Pariser Abkommen zu verbleiben. So hätte Amerika einen Platz am Verhandlungstisch behalten und mehr Kontrolle über künftige Verpflichtungen und Vereinbarungen haben können, auch zu anderen Themen. Trump hätte versuchen können, die national bestimmten Emissionsziele und Finanzierungsversprechen anzupassen, was vielleicht sogar die Chancen für eine Ratifizierung des Abkommens im Senat erhöht hätte.
Neue globale Rolle der USA?
Donald Trump sieht sich selbst ja als einen großen Verhandlungsführer. Ob aber seine Strategie der Neuverhandlung oder des Ausstiegs aus einzelnen internationalen Abkommen die geopolitische Stabilität fördert oder ihr eher schadet, bleibt abzuwarten.
Geht seine Strategie auf, könnte dies eine neue Doktrin für die Rolle der USA in der Welt zur Folge haben – die dann immerhin die Zustimmung von Trumps Wählerbasis aus der unzufriedenen Arbeiterklasse finden könnte.