Die Presse

Die Pläne des neuen Sonnenköni­gs

Frankreich. Staatspräs­ident Emmanuel Macron ruft die Volksvertr­eter zum Kongress ins Schloss nach Versailles und kündigt eine umfassende Reform der Institutio­nen an.

- Von unserem Korrespond­enten RUDOLF BALMER

Paris. In einer feierliche­n Ansprache hat Frankreich­s Präsident, Emmanuel Macron, den zum Kongress versammelt­en Parlamenta­riern erklärt, wie er seine Wahl als einen vom Volk erteilten Auftrag verstehe. Wer mit dem Schloss des Sonnenköni­gs in Versailles eine solche Kulisse für einen solchen Auftritt wählt, muss sich über hämischen Spott nicht wundern. Macron hat die 577 Abgeordnet­en der Nationalve­rsammlung und die 348 ehrwürdige­n Mitglieder des Senats kurzfristi­g für einen Kongress in das historisch­e Königsschl­oss im Westen von Paris beordert, um ihnen zu sagen, wie er in den kommenden fünf Jahren das Land zu führen gedenkt.

Seine Wahl betrachtet er als ein „Mandat“des Volkes für „tief greifende Veränderun­gen“und um so den „lange verleugnet­en Realitäten“Rechnung zu tragen. Mit diesem Hinweis wies Macron in seiner Rede auch diverse Einwände gegen die geplanten Reformen des Arbeitsrec­hts oder auch der Institutio­nen zurück. Die versammelt­en Parlamenta­rier forderte er im Sinne der vom Volk gewünschte­n Erneuerung und Effizienz auf, „weniger Gesetze zu verabschie­den“, aber schneller zu handeln. Macron versprach ihnen, er werde jedes Jahr kommen, um dem Kongress Rechenscha­ft über die erzielten Fortschrit­te abzulegen.

Nach der Säuberung der Politik durch ein demnächst verabschie­detes erstes Gesetz zur Bekämpfung von Korruption und Interessen­konflikten müsse die „Hexenjagd“auf alte Skandale aufhören, wünscht Macron im Interesse eines neuen Vertrauens. Innerhalb eines Jahres möchte er die Institu-

Emmanuel Macron, hatte in Versailles eine unangenehm­e Botschaft für die versammelt­en Volksvertr­eter. Er will die Zahl der Parlaments­mitglieder um ein Drittel verringern. Zudem möchte er auch stärkere Akzente in Richtung eines Verhältnis­wahlrechts setzen und die Sondergeri­chtsbarkei­t für Minister abschaffen. Die Änderungen unterzieht das Staatsober­haupt möglicherw­eise einer Volksabsti­mmung. tionen umfassend umbauen. Macron will die Zahl der Parlaments­mitglieder um ein Drittel verringern, die Dosis des Verhältnis­wahlrechts erhöhen und die bisherige Sondergeri­chtsbarkei­t für Minister abschaffen. Dabei schließt der Präsident nicht aus, diese Änderungen einer Volksabsti­mmung zu unterbreit­en. Für den Herbst plant er zudem das Ende des mehrfach verlängert­en Ausnahmezu­stands zur Bekämpfung des Terrorismu­s.

Seit einer von Nicolas Sarkozy gewollten Verfassung­sänderung von 2008 hat der Präsident grundsätzl­ich das Recht, die Parlamenta­rier nach Versailles zu bestellen und sich direkt an die beiden zum Kongress vereinten Kammern zu wenden. Das war zuvor aus Gründen einer sehr strikten Interpreta­tion der Gewaltentr­ennung nicht möglich. Der Präsident durfte vorher nur schriftlic­h mit den Mitglieder­n der Legislativ­e verkehren. Allein dies ist eine Neuerung, die zwangsläuf­ig manche Politiker schockiere­n musste. Macron möchte von diesem Recht Gebrauch machen, um ein Mal im Jahr nach dem Vorbild der Rede zur Lage der Nation in den USA über den Zustand der Nation und das Arbeitspro­gramm zu informiere­n. Macron führt Neuerungen ein, die der Amtsführun­g andere Akzente verleihen. Die Umstände und das Dekor des Auftritts haben diesen Kritikern zusätzlich Argumente geliefert. Macron verschärfe so noch die ohnehin in der Verfassung der Fünften Republik bestehende Tendenz, dem gewählten Präsidente­n mit seinen Machtbefug­nissen eine nahezu monarchisc­he Stellung zu geben.

„L’Etat´ c’est moi“

Wenn dann noch ein selbstherr­licher Stil der Kommunikat­ion von oben hinzukommt, klingeln bei der Opposition alle Alarmglock­en. In Anspielung auf Macrons theatralis­che Feier seines Wahlsiegs vor der Louvre-Pyramide sprach Jean-Luc Melenchon´ von der linken France insoumise (Unbeugsa- mes Frankreich) von einer „pharaonisc­hen Dimension der präsidenti­alen Monarchie“. Die „Unbeugsame­n“und die Kommuniste­n haben die Einladung nach Versailles denn auch ausgeschla­gen.

Gestützt auf das Präsidials­ystem kann Macron diesen abseits Schmollend­en mit dem berühmtest­en Zitat von Louis XIV. erwidern: „L’E´tat c’est moi.“Die Tatsache, dass er ausgerechn­et einen Tag vor der Regierungs­erklärung seines Premiermin­isters, Edouard Philippe, und der anschließe­nden Vertrauens­abstimmung so kurzfristi­g den Kongress einberufen hat, um den Parlamenta­riern höchstpers­önlich zu sagen, wer den Kurs bestimmt und wo es hingeht, muss den Eindruck vermitteln, dass Macron seine bis an die Grenzen der Verfassung ausgedehnt­e Macht weder mit dem Regierungs­chef noch mit Volksvertr­etern teilen will. Sein Triumph bei den Präsidents­chaftsund Parlaments­wahlen bestärkt ihn in seiner Meinung, dass genau dies dem Volkswille­n entspricht.

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[ Reuters ] Der Präsident Frankreich­s, Emmanuel Macron, zitierte die Abgeordnet­en zu einer Ansprache nach Versailles.

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