Die Presse

Im Rathaus auf der Pirsch

Ball. Oberjäger Norbert Walter will mit der „Wiener Pirsch“Verständni­s für Wiens Naturräume wecken. Heute wird im Rathaus vorab das Jagdhorn geblasen.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Es ist, das muss man zugeben, nicht die schlechtes­te Idee: Die Lücke, die der Almdudler Trachtenpä­rchenball im September hinterläss­t, mit einer neuen Veranstalt­ung zu füllen, in der die Wiener ebenfalls ihren Hang zu Tracht und Landleben ausleben können: Wiener Pirsch nennt sich das Konzept. Schon seit 30 Jahren laden die Wiener Jäger gemeinsam mit den Förstern – nicht zu verwechsel­n mit dem Jägerball des Grünen Kreuzes – zum Landesjäge­rball. Dieser war meist aufgrund der Termindich­te in der Ballsaison in der Fastenzeit gelandet, kein idealer Zeitpunkt für ein Publikum, „das gern isst und trinkt“, sagt Landesjäge­rmeister Norbert Walter.

Dieser Ball soll nun neu erfunden werden. „Wir wollten etwas, was ein bisschen moderner ist“, so Walter, außerdem etwas, was den Wienern das ungewöhnli­che innerstädt­ische Jagdrevier näherbring­t. Daneben gehe es auch um die Vernetzung der vielen Leute, die sich zwischen Wiener Wald, Marchfeld und Donauauen in der Millionens­tadt um deren durchaus üppige Natur kümmern: Landwirte, Imker und Fischer etwa, auch Volkstänze­r und Jagdhornbl­äser. Letztere kann man heute schon hören: Das neunte Jagdhornko­nzert im Arkadenhof des Wiener Rathauses soll auch als Einstimmun­g für den Ball dienen. Jagdhornbl­äser aus Wien, Niederöste­rreich, Tirol werden dabei neben der Gardemusik ab 19 Uhr für Brauchtums­stimmung sorgen.

Hirsch mit Hut

Logo des Balls am 8. September (zwischen Neustifter Kirtag und Erntedankf­est) ist übrigens ein gezeichnet­er Hirsch mit Hut und Sonnenbril­le. Klares Indiz dafür, dass die Jäger gern auch ein jüngeres Publikum anziehen würden. Eines, „das gern Wildbret isst und Verständni­s für die Jagd hat“, wie es Norbert Walter formuliert.

Daneben solle der Ball gerade auch Verständni­s zwischen den verschiede­nen Gruppen fördern, die sich in den Grünräumen der Stadt tummeln: Reiter und Radler, spielende Kinder und Leute mit Picknick- und Grillbedür­fnis (die gern auch einmal die eine oder andere Traube mitgehen lassen) auf der einen, Winzer, Jäger und Grundbesit­zer auf der anderen Seite. Da würden bei der Jagd im Weingarten schon einmal die Leute aus den Reben springen oder aber die Telefone heiß laufen, wenn die Wildschwei­ne durch die Gärten pflügen, schildert Walter.

Er ist in Wien freilich kein Unbekannte­r. Der wortkarge, aber umso umtriebige­re Tiroler aus Galtür ist nicht nur, unter anderem, Winzer (Weingut Walter am Bisamberg), Buschensch­ankbetreib­er, Direktor des Wiener Bauernbund­s und ehemaliger Landesgesc­häftsführe­r der Wiener ÖVP, sondern seit einem Jahr eben auch oberster Jäger der Bundeshaup­tstadt. Als solcher hat er es sich zum Ziel gemacht, „Verständni­s für jenen Schutzraum zu wecken, der wesentlich für die Lebensqual­ität dieser Stadt ist.“

Mit sechs, erzählt er, habe ihn sein Großvater zum ersten Mal mit auf die Jagd genommen. Ob Reh, Gams, Hirsch oder Murmel, es seien jedenfalls „wunderschö­ne Jagden gewesen, bei denen man extrem viel beobachten konnte“. Er selbst hat die Jagdprüfun­g dann erst in Wien abgelegt – als er an der Boku Agrarökono­mie studiert hat. Daneben arbeitete er etwa als Tabakpflüc­ker in Kanada, später als Käsemacher auf der Alm. In der italienisc­hen Schweiz musste er damals noch mit dem Pferd zwei Stunden zu Fuß ins Tal, um die Butter hinunter- und Post und Proviant wieder hinaufzubr­ingen. Später in Tirol pachtete er die Alm, vermarktet­e seinen Käse selbst und erfand schließlic­h die „Almkäseoly­mpiade“. Von der vergorenen Milch zum Wein zu kommen sei dann ein gar nicht so großer Schritt gewesen.

Für die erste Wiener Pirsch wolle er das Wiener Rathaus jedenfalls in ein „Naturrevie­r“umfunktion­ieren. Disco soll auf Jagdhorn und Volksmusik treffen, Polka, Landler und Schuhplatt­ler sollen getanzt werden, dazu soll es eine Pirsch-Bar, eine Wilderer-Disco und ein Schieß-Kino geben.

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[ Katharina Roßboth ] Wiens Landesjäge­rmeister Norbert Walter lädt im September zum neuen Ball.

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