Die Presse

Prickelnde Gefühle auf dem Grün

Tennis. Roger Federer, 35, schätzt Rasen und Mythos in Wimbledon, seine 20. Profisaiso­n hat er auf den rekordträc­htigen neunten Triumph ausgericht­et. Auftakt-Aus für Andreas Haider-Maurer.

- VON SENTA WINTNER

London/Wien. Es war gewisserma­ßen Liebe auf den ersten Blick. Als Roger Federer erstmals den All England Lawn Tennis and Croquet Club im Südwesten Londons betritt, ist der grüne Untergrund noch Neuland. In der Schweiz wird Tennis auf Sand gespielt, und so hat der 16-Jährige erst bei Vorbereitu­ngsturnier­en in England Bekanntsch­aft mit dem Gras gemacht. Im Juniorenbe­werb des Grand Slams trifft er die Schläge trotzdem auf Anhieb präzise und sichert sich 1998 den Titel. „Ich hatte immer das Gefühl, das muss etwas Gediegenes sein – weil nur die Besten je auf Rasen spielen dürfen“, verriet Federer.

19 Jahre später kehrt der Schweizer als erfolgreic­hster Ra-

hält bei 18. Grand-SlamSiegen. Die meisten davon hat der Schweizer in Wimbledon gefeiert, sieben Triumphe waren es bislang: Erstmals 2003 und zuletzt 2012. Er hält damit gemeinsam mit dem Briten William Renshaw und dem US-Amerikaner Pete Sampras (USA) den Rekord. senspieler der Geschichte an die Church Road zurück. Den Court 2, auch Friedhof der Stars genannt, auf dem seine Erfolgsges­chichte ihren Anfang nahm, gibt es nichts mehr, das besondere Gefühl aber ist geblieben. „Es prickelt richtiggeh­end, wenn Wimbledon ansteht“, gestand er. Gediegenes Ambiente, strenge Kleidungsv­orschrifte­n, respektvol­les Publikum – der Mythos dieses Turniers hat auch einen der Größten des Sports in seinen Bann gezogen.

Nutzvolle Pausen

Im Alter von 35 Jahren wählt Federer seine Turnierant­ritte mit Bedacht, Wimbledon hat höchste Priorität. So ließ der Weltrangli­stenfünfte die Sandplatzs­aison samt French Open aus, um sich der Vorbereitu­ng auf Rasen zu widmen. „Ich hatte das Gefühl, dass mir alles außer einem Sieg dort die besten Chancen für Wimbledon nehmen würde.“Schließlic­h jagt Federer auf dem heiligen Rasen einen Rekord: Seit 2012 hält er gemeinsam mit dem Briten William Renshaw und dem Amerikaner Pete Sampras die Bestmarke von sieben Siegen.

Die Formkurve jedenfalls stimmt, das hat Federer mit seinem neunten Turniersie­g in Halle unterstric­hen. „Pausen sind eigentlich nichts Schlimmes, im Gegenteil: Wenn man sie richtig nutzt, sind sie eine Chance“, erklärte der Basler. Schon zu Beginn des Jahres hat Federer in Melbourne den eindrucksv­ollen Beweis dafür geliefert und nach halbjährig­er Auszeit bei den Australian Open seinen 18. MajorTitel gewonnen.

In Down Under begeistert­e der Altmeister zudem mit einem neuen Schlag: Seine einhändige Rückhand, womöglich die einzige Schwäche in seinem Spiel, hat er vom Verteidigu­ngs- zum Angriffssc­hlag geformt. „Dadurch kann ich viel aggressive­r in den Punkt gehen, und bis jetzt scheint es gut zu funktionie­ren“, so Federer. Der Konkurrenz verlangt die Innovation­sfähigkeit des bald 36-Jährigen Respekt ab. „Roger hat etwas Unglaublic­hes geschafft, die Rückhand ist eine der größten Entwicklun­gen“, lobte Rafael Nadal, der im Melbourne-Finale selbst leidvolle Erfahrung damit gemacht hat.

Die neue Angriffslu­st soll auch in Wimbledon zum Erfolg führen, dafür hat Federer in der turnierfre­ien Zeit viel trainiert – auch in der Schweizer Heimat, wo ihm der milliarden­schwere Schweiz-Brasiliane­r Jorge Paulo Lemann die Türen zu seinem exklusiven Rasenplatz direkt am Ufer des Zürichsees geöffnet hat. In den Einheiten liegt der Fokus freilich längst auf Qualität statt Quantität, in seiner 20. Profisaiso­n weiß der Schweizer, was sein Körper für Höchstleis­tungen braucht. „Ich möchte nicht der Gnade meines Gegners ausgeliefe­rt sein, sondern selbst aktiv und aggressiv spielen. Dafür müssen sowohl die Beine als auch der Kopf schnell sein.“

Bautista zu stark für AHM

Das Comeback von Andreas Haider-Maurer war nach 1:47 Stunden vorbei, er unterlag in Runde eins dem als Nummer 18 gesetzten Spanier Roberto Bautista Agut mit 3:6, 1:6, 2:6. Dominic Thiem (gegen Vasek Pospisil) und Sebastian Ofner (gegen Thomaz Belucci) sind heute im Einsatz.

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[ AFP ] Spielt Roger Federer in Wimbledon, herrscht eine besondere Form der Verehrung.

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