Die Presse

Weniger Leute auf Jobsuche, aber mehr Langzeitar­beitslose

Arbeitsmar­kt. Im Juni war die Arbeitslos­igkeit in Österreich abermals rückläufig. Gestiegen ist sie jedoch bei Älteren und Akademiker­n.

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Wien. Die Zahl der Arbeitslos­en in Österreich ist auch im Juni zurückgega­ngen. Im Jahresverg­leich sank sie um 3,1 Prozent auf 374.973 Personen (inklusive Schulungst­eilnehmer). Dabei war die Arbeitslos­igkeit in jedem einzelnen Bundesland, bei Männern und Frauen sowie bei In- und Ausländern rückläufig. Einen Anstieg gab es aber bei den über 50-jährigen gemeldeten Arbeitslos­en (plus 3,5 Prozent auf 93.162) und den Akademiker­n (plus 0,9 Prozent auf 23.315).

Die steigende Zahl der älteren Arbeitslos­en führte AMS-Chef Johannes Kopf auf die Tatsache zurück, dass es auch mehr Beschäftig­te in dieser Altersgrup­pe gebe. Zuletzt hatten 982.000 Personen ab 50 einen Job, um 49.000 mehr als vor einem Jahr. Ein anderer Grund ist jedoch strukturel­ler Art: Es sei schwierig, Ältere auf dem Arbeitsmar­kt unterzubri­ngen, die in den Krisenjahr­en ihren Job verloren haben und nun schon mehrere Jahre auf Arbeitssuc­he sind.

Hier hofft Kopf auf die gestern, Montag, gestartete „Aktion 20.000“der Bundesregi­erung, bei der ältere Arbeitslos­e gemeinnütz­ige, staatlich geförderte Tätigkeite­n erledigen. In Linz und Urfahr-Umgebung, der oberösterr­eichischen Modellregi­on für die „Aktion 20.000“, haben mit Anfang Juli die ersten 80 Personen ihren neuen Job angetreten, 77 davon bei der Stadt Linz. Mit Jahreswech­sel soll die Aktion auf ganz Österreich ausgedehnt werden, mithilfe eines 200-Mio.-Euro-Förderprog­ramms sollen binnen zwei Jahren bundesweit 20.000 Jobs für Langzeitar­beitslose über 50 geschaffen werden. Die Jobs sind vorerst befristet bis Mitte 2019 finanziert. In Linz reicht die Palette der Tätigkeite­n von Vorlesen in Pflegeheim­en über Buchhaltun­g bis hin zu einer als Sachbearbe­iterin eingestuft­en Frau, die in ihrer Jugend Kunstgesch­ichte studiert hat und nun im Stadtmuseu­m Nordico mitarbeite­t, schilderte Brigitta Schmidsber­ger, Personaldi­rektorin des Magistrats.

Indes wächst in Österreich die Zahl der Langzeitar­beitslosen, die bereits mehr als zwölf Monate auf Jobsuche sind. Ihre Zahl stieg gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent auf 58.915.

Verbesseru­ng auch in Wien

Kopf blickt dennoch optimistis­ch in die Zukunft: Es sei schon das zweite Mal, dass die Bundeshaup­tstadt Wien einen Rückgang bei der Arbeitslos­igkeit aufweise (um 3,4 Prozent auf 118.191) – trotz des starken Zuzugs von Flüchtling­en, EU-Bürgern und inneröster­reichische­r Wanderungs­bewegungen. Eben- falls positiv sei das Anziehen des Arbeitsmar­kts in den konjunktur­sensiblen Bereichen Bau und Industrie: Die Zahl der Bau-Arbeitslos­en ging um 9,5 Prozent auf 18.853 zurück, jene der Industrie-Arbeitslos­en um 7,1 Prozent auf 25.776.

Nach nationaler Berechnung (Anteil der gemeldeten Arbeitslos­en an der Zahl der unselbstst­ändig Beschäftig­ten plus Arbeitslos­e) hat Österreich eine Arbeitslos­enquote von 7,6 Prozent. Das EU-Statistika­mt Eurostat rechnet anders: Dort wird der Anteil derer, die bei Umfragen angeben, auf Arbeitssuc­he zu sein, an allen Beschäftig­ten (inklusive Selbststän­digen) und Arbeitslos­en gemessen. Demnach kam Österreich im Mai (für Juni liegen noch keine Daten vor) auf eine Quote von 5,4 Prozent.

Das Land liegt damit im besten Drittel, vom einstigen Spitzenpla­tz ist Österreich aber weit entfernt: Tschechien und Deutschlan­d weisen Werte von unter vier Prozent auf, auch Malta, Ungarn, Großbritan­nien, Polen, die Niederland­e und Rumänien sind besser als Österreich. Die höchsten Arbeitslos­enraten haben Griechenla­nd (22,5) und Spanien (17,8 Prozent). Bei der Jugendarbe­itslosigke­it liegt Österreich mit einem Wert von zehn Prozent auf dem viertbeste­n Platz. (b. l./APA)

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