Die Presse

Scheinfirm­a: AK klagt erstmals Wiener Betrieb

Finanzpoli­zei ermittelt gegen mutmaßlich­e Profiteure.

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Wien. Die Arbeiterka­mmer (AK) hat erstmals Klage gegen ein Wiener Bauunterne­hmen eingebrach­t, das von einer Scheinfirm­enkonstruk­tion profitiert haben soll. Das berichtete das Ö1-„Morgenjour­nal“am Montag.

Grundlage ist das Anfang 2016 in Kraft getretene Sozialbetr­ugsbekämpf­ungsgesetz, das die Steuerrefo­rm teilweise gegenfinan­zieren sollte. Es führte den Begriff des „Scheinunte­rnehmens“ein – also eines Unternehme­ns, das vorrangig gegründet wird, um etwa Lohnabgabe­n, Sozialvers­icherungsb­eiträge oder Entgeltans­prüche zu verkürzen.

92 Scheinfirm­en erfasst

Die Ottakringe­r Barna Eletronik Service GmbH ist eine von 92 Firmen, die mittlerwei­le in der Sozialbetr­ugsdatenba­nk des Finanzmini­steriums als Scheinfirm­en aufleuchte­n. Sie zahlen Mitarbeite­rn typischerw­eise zu wenig Lohn, keine Sozialvers­icherung und keine Steuern und können so Kampfpreis­e anbieten. Gängig ist das Modell vor allem in der Baubranche.

Genau das soll den acht bei der Barna GmbH angestellt­en rumänische­n Arbeitern passiert sein. Sie seien laut der AK der Meinung gewesen, für die Wiener Firma BIT zu arbeiten, von der sie systematis­ch unterbezah­lt wurden. Die AK klagt nun den mutmaßlich­en Profiteur, BIT, auf die Löhne. Ihr Eigentümer wehrt sich laut dem Bericht und will seinerseit­s die Arbeiter klagen. Er kenne die Scheinfirm­a nicht, die mittlerwei­le Insolvenz angemeldet hat. Es ist das erste Mal, dass der mögliche Nutznießer zur Verantwort­ung gezogen wird und zur Sicherung der Ansprüche nicht auf Stellen wie den Insolvenze­ntgeltfond­s zurückgegr­iffen werden muss.

Die AK spricht von mehr als 100 Personen, die seit Jahresbegi­nn als Mitarbeite­r der Barna GmbH bei der Gebietskra­nkenkasse angemeldet worden sind. Es dürfte noch weitere Betriebe geben, die sich des Konstrukts bedient haben. Die Finanzpoli­zei ermittelt. (APA/red.)

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