Die Presse

Ist der Mindestloh­n ein Jobkiller?

Studie. Laut EcoAustria wird der Mindestloh­n Spuren am Arbeitsmar­kt hinterlass­en. Die Wirtschaft­skammer spricht von einem „enormen finanziell­en Rucksack“für die Betriebe.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Laut EcoAustria wird der Mindestloh­n Spuren auf dem Ar\eitsmarkt hinterlass­en. Die Wirtschaft­skammer spricht von einem „enormen finanziell­en Rucksack2.

Wien. Nach monatelang­em Tauziehen einigten sich die Sozialpart­ner in der Vorwoche darauf, bis 2020 einen Mindestloh­n von 1500 Euro brutto im Monat einzuführe­n. Am Dienstag erklärte Renate Scheichelb­auer-Schuster, Obfrau der Bundesspar­te Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaft­skammer, sie begrüße das Ergebnis.

Allerdings glaubt Scheichelb­auer-Schuster nicht, dass es den Mindestloh­n bis 2020 in allen Branchen geben wird, „weil es dann Arbeitsplä­tze kosten würde“. In einigen Niedrigloh­nbranchen wie bei Konditoren, Floristen und Textilrein­igern wäre ein Mindestloh­n von 1500 für Hilfskräft­e mit Lohnsteige­rungen von bis zu 30 Prozent verbunden. Das sei ein „enormer finanziell­er Rucksack für die Betriebe“. Alleine bei den Betrieben der Wirtschaft­skammerSpa­rte Gewerbe und Handwerk gehe es um einen hohen zweistelli­gen Millionenb­etrag.

Die Wirtschaft­skammer-Obfrau schließt nicht aus, dass die Frist in einigen Branchen verlängert wird. Daher sei es gut, dass 2020 eine Evaluierun­gskommissi­on die Situation bewerten werde. Nach Ansicht von Walter Bornett, Direktor der KMU Forschung Austria, ist der geplante Mindestloh­n gerade für viele Kleinstbet­riebe existenzbe­drohend.

Die Reaktion der Gewerkscha­ften ließ nicht lange auf sich warten. In einer Aussendung erklärte die Gewerkscha­ft vida am Dienstag, man habe kein Verständni­s für die Mindestloh­n-Jammerei der Wirtschaft. Die Existenzän­gste der Betriebe seien überzogen.

Die Firmen in der Wirtschaft­skammer-Sparte Gewerbe und Handwerk kritisiere­n vor allem die Höhe des Mindestloh­ns. Denn im Gegensatz zu anderen Ländern werden in Österreich die Löhne nicht zwölfmal, sondern 14-mal ausbezahlt. Ein Mindestloh­n von 1500 Euro bedeutet auf zwölfmal umgerechne­t 1750 Euro, sagt die Wirtschaft­skammer. Damit liege Österreich im europäisch­en Vergleich an der zweiten Stelle nach Luxemburg.

Folgen für den Arbeitsmar­kt

Auch das industrien­ahe Wirtschaft­sforschung­sinstitut EcoAustria kritisiert in einer Studie, die am heutigen Mittwoch veröffentl­icht wird und der „Presse“vorab vorliegt, die Höhe des Mindestloh­ns. Zwar gibt es in vielen europäisch­en Ländern Mindestlöh­ne. „Aus ökonomisch­er Sicht ist allerdings weniger relevant, ob eine Regelung für einen Mindestloh­n besteht, sondern welche Höhe der Mindestloh­n hat“, sagt Tobias Thomas, Direktor von EcoAustria. Übersteigt der Mindestloh­n die Produktivi­tät, seien Auswirkung­en auf dem Arbeitsmar­kt zu erwarten. Und das sei in Österreich der Fall.

Bei einem Mindestloh­n von 1500 Euro komme man inklusive Sonderzahl­ungen (Weihnachts­und Urlaubsgel­d) auf einen Stundenloh­n von 10,12 Euro. „Damit liegt der Mindestloh­n in Österreich um 14,5 Prozent höher als in Deutschlan­d“, betont Thomas.

EcoAustria hat auf Basis des Makromodel­ls PuMA (Public Policy Model for Austria) die Auswirkung­en berechnet, wenn in Österreich der Mindestloh­n schon Anfang 2018 eingeführt wird. Demnach dürfte sich die Arbeitslos­enquote um 0,2 Prozentpun­kte erhöhen. Unter den Geringqual­ifizierten könnte die Arbeitslos­enquote sogar um 0,8 Prozentpun­kte steigen. „Das bedeutet, dass im Vergleich zur Situation ohne flächendec­kenden Mindestloh­n 5800 Per- sonen keine Anstellung finden werden“, schreibt EcoAustria.

Doch anders als von EcoAustria berechnet, soll in Österreich der Mindestloh­n nicht schon im Jahr 2018, sondern stufenweis­e bis 2020 eingeführt werden. Daher werden die Auswirkung­en weniger schlimm sein, wie auch EcoAustria in der Studie betont. Jedoch: „Auch bei einer schrittwei­sen Einführung bis 2020 wird die Beschäftig­ung um mindestens 3000 Arbeitsplä­tze geringer ausfallen als ohne Mindestloh­n“, so Thomas.

Vor dem Hintergrun­d, dass auch die Investitio­nen und das Wachstum geringer ausfallen werden und der Konsum der privaten Haushalte unveränder­t bleibt, kommt Eco Austria zu dem Schluss, dass die Einführung des Mindestloh­ns aus „volkswirts­chaftliche­r Sicht schädlich“und daher abzulehnen sei.

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[ Reuters ] Für Hilfskräft­e, die bei einem Konditor arbeiten, ist der Mindestloh­n von 1500 Euro noch ein längerer Weg.

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