Die Presse

SPÖ-Frauen gegen Rot-Blau

Koalition. Auffallend viele Genossinne­n haben keine Freude mit der Öffnung der Kern-SPÖ in Richtung der Strache-FPÖ. Noch größer ist aber die Sorge vor einer Neuauflage von Schwarz-Blau.

- VON KARL ETTINGER

Vor allem Frauen sehen das Ende des SPÖ-Bannfluchs gegenü\er der FPÖ \esonders kritisch.

Wien/Linz/St. Pölten. „Ich bin eine absolute Gegnerin von Rot-Blau.“SPÖ-Nationalra­tsabgeordn­ete Katharina Kucharowit­s macht im Gespräch mit der „Presse“keinerlei Hehl daraus, dass sie eine mögliche rot-blaue Koalition nach der Nationalra­tswahl am 15. Oktober entschiede­n ablehnt.

Die Niederöste­rreicherin, die Vorsitzend­e der Jungen Generation in der SPÖ ist, hat auch am 14. Juni im SPÖ-Bundespart­eivorstand einer Öffnung der Sozialdemo­kratie in Richtung der Freiheitli­chen ihren Sanktus verweigert. Ihrer Ansicht nach lasse der Kriterienk­atalog für Koalitione­n – auch mit der FPÖ – „zuviel Interpreta­tionsspiel­raum“.

Bundeskanz­ler SPÖ-Bundespart­eivorsitze­nder Christian Kern war am Montagaben­d in Wien einmal mehr um Beruhigung nach dem Beschluss eines „Wertekompa­sses“für Koalitions­verhandlun­gen mit allen Parteien und eine Entscheidu­ng über eine künftige Regierungs­beteiligun­g der SPÖ nach einer Mitglieder­befragung Mitte Juni bemüht. Damit haben „wir den roten Teppich den Freiheitli­chen ganz klar nicht ausgerollt“, versichert­e er.

Auffallend ist, dass gerade Frauen in der SPÖ das Ende des Bannfluchs gegenüber FPÖ besonders kritisch sehen. Es waren vier weibliche Mitglieder alle aus dem Jugendbere­ich, die im SPÖ-Parteivors­tand nicht zugestimmt haben: neben Kucharowit­s die Chefin der Jusos, Julia Herr, sowie Kathrin Walch, die Vorsitzend­e des SPÖStudent­enverbande­s (VSStÖ) und Jasmin Chalendi, die Chefin der Aktion kritischer Schüler.

Wiener Genossinen voran

Erinnerung­en an den Aufstand gegen den damaligen Bundeskanz­ler Werner Faymann werden wach, der im Mai 2016 zurückgetr­eten ist. Wie damals mischen Genossinne­n aus Wiens Parteiesta­blishment gegen Rot-Blau maßgeblich mit. Gegen Faymann bildeten die später zurückgetr­etene Sozialstad­trätin Sonja Wehsely und ihre Schwester, Vizeklubch­efin Tanja Wehsely, die Speerspitz­e der Kritikerfr­ont. Nun sind es Vizebürger­meisterin Finanzstad­trätin Renate Brauner und die neue Sozialstad­trätin Sandra Frauenberg­er.

Der Unterschie­d zum Aufstand gegen den Faymann im Frühjahr 2016 ist, dass diese nun auf einer Linie mit Wiens Bürgermeis­ter Parteichef Michael Häupl liegen. Der hat aus seinen Vorbehalte­n gegen eine Koalition mit der Strache-FPÖ auch kein Hehl gemacht.

Gegen FPÖ-Rollenbild

Ein Hauptgrund für die ablehnende Haltung vieler SPÖ-Frauen gegenüber der FPÖ ist, dass diesen das Frauenbild der Freiheitli­chen ein Dorn im Auge ist. Dies betrifft nicht nur das glatte Nein der Strache-FPÖ zur Frauenquot­e, sondern auch die Befürchtun­g, Frauen könnten verstärkt zurück an den Herd gedrängt werden.

Im Vordergrun­d für die SPÖ, auch für jene Politikeri­nnen, die mit der FPÖ absolut nichts anfangen können, steht allerdings die Anstrengun­g, eine Neuauflage von Schwarz-Blau nach zehn Jahren zu verhindern. Daher soll die SPÖ am 15. Oktober möglichst klar stärkste Partei werden. Das sieht auch Oberösterr­eichs SPÖ-Landesgesc­häftsführe­rin Bettina Stadlbauer als Hauptaufga­be im Nationalra­tswahlkamp­f. Auf Anfrage der „Presse“will sie sich ausdrückli­ch bezüglich Rot-Blau „nicht festlegen“.

Für die Landeseben­e hat sie das aber schon vor längerer Zeit in einem Regionalse­nder getan. Sie wetterte gegen die oberösterr­eichische FPÖ, weil diese in Linz einen „Rechtsextr­emen-Kongress“mitorganis­iere und eine Plattform, „um Lehrer zu denunziere­n“, eingericht­et habe. Mit so einer Partei würde sie „nie im Leben“Rot-Blau machen, so Stadlbauer.

Heute, Mittwoch, kommt Kern übrigens am Abend nach Linz zum SPÖ-Landespart­eirat. Dieser wird offiziell die Listen für die Nationalra­tswahl beschließe­n. Spitzenkan­didat der SPÖ-Oberösterr­eich ist Sozialmini­ster Alois Stöger.

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[ Fabry(3), Michael Gruber/picturedes­k.com, Bruckberge­r ] Vier Frauen, eine Meinung: Mit den Freiheitli­chen haben weder die beiden Wiener Stadträtin­nen Sandra Frauenberg­er (oben l.) und Renate Brauner (oben r.) noch SPÖ-Präsidiums­mitglied und Nationalra­tsabgeordn­ete Katharina Kucharowit­s (unten l.) noch...

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