Die Presse

Höchstrich­ter heben Salzburger Bettelverb­ot auf

Verfassung­sgerichtsh­of. Das Höchstgeri­cht stellt fest, dass die Salzburger Bettelverb­otsregelun­g von 2015 angesichts ihres zeitlichen (täglich von acht bis 19 Uhr) und ihres weiten örtlichen Anwendungs­bereichs ungerechtf­ertigt ist.

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Salzburg/Wien. Der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) hat das Bettelverb­ot in der Salzburger Altstadt erneut gekippt. Die Verordnung aus dem Jahr 2015 beinhalte wegen ihres zeitlichen und örtlichen Umfangs quasi ein absolutes Bettelverb­ot und habe sich damit als „verfassung­srechtlich verpöntes absolutes Bettelverb­ot“erwiesen.

Das Höchstgeri­cht hatte die Verordnung von Amts wegen geprüft. Anlass war die Beschwerde einer Bettlerin, die wegen eines Verstoßes gegen das Verbot – dieses umfasste auch das „stille Betteln“– bestraft worden war. Dieses Verbot galt in der Getreidega­sse und den angrenzend­en Gassen bis zu den Brücken über die Salzach.

Mitte 2016 war die nun vom VfGH geprüfte Verordnung aus dem Jahr 2015 von einer neuen Regelung abgelöst worden. Dabei wurde der räumliche Geltungsbe­reich noch ausgedehnt­er festgelegt. Insider nehmen daher stark an, dass auch dieses neue, derzeit geltende Verbot einer verfassung­srechtlich­en Prüfung keineswegs standhalte­n würde.

Bereits 2012 hatte das Höchstgeri­cht festgestel­lt, dass ein derartiges Verbot gegen den Gleich- heitsgrund­satz verstoße, weil es Menschen von der Nutzung öffentlich­en Raums ausschließ­e und der Meinungsfr­eiheit widersprec­he.

Ein dauerndes Reizthema

Die Stadt hatte damals auf die Entscheidu­ng mit der Einführung von Verbotszon­en reagiert und sich formal auf eine Verordnung des Landes gestützt, die es Kommunen freistellt, das Betteln dort zu verbieten, wo die ungehinder­te Nutzung des öffentlich­en Raumes nicht mehr möglich ist.

Die seit Ende Mai 2016 geltende Verordnung enthält nun eben ein Bettelverb­ot, das sich auf zahlreiche Gassen, Plätze und Brücken in der Altstadt bezieht. Die neue Verbotszon­e umfasst zudem die städtische­n Friedhöfe und den Platz vor der Stadtbibli­othek in Salzburg-Lehen.

Bürgermeis­ter Heinz Schaden (SPÖ) und Vizebürger­meister Harald Preuner (ÖVP) zeigten sich hinsichtli­ch des VfGH-Erkenntnis­ses überrascht: „Wir werden sehr schnell prüfen, wie wir das rechtlich sanieren können.“Sie sagten aber auch: „Die Missstände, die wir hatten, dürfen nicht erneut aufleben.“(m. s./APA)

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