Die Presse

War es das für neue Uni-Schranken?

Universitä­t. Die koalitionä­re Einigung, weitere Zugangsbes­chränkunge­n einzuführe­n, ist geplatzt. Bis 31. Jänner 2018 soll allerdings ein neues Studienpla­tzmodell vorliegen. Was das bedeutet.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien. Dass Uni-Rektoren öffentlich jubeln ist eher selten. In der Vorwoche ist genau das angesichts der Erhöhung des Universitä­tsbudgets um 1,35 Milliarden Euro, also um fast 14 Prozent, passiert. Ganz zufrieden sind die Rektoren angesichts dessen, dass die von der rotschwarz­en Koalition versproche­nen neuen Zugangsbes­chränkunge­n jetzt nicht beschlosse­n wurden, dennoch nicht. Doch sind neue Zugangsbes­chränkunge­n mit dem Gesetzesbe­schluss tatsächlic­h Geschichte? Eine Suche nach Antworten.

1 Weshalb werden nicht wie vereinbart neue Beschränku­ngen eingeführt?

SPÖ und ÖVP hatten sich eigentlich auf eine neue Form der Uni-Finanzieru­ng, auf die sogenannte Studienpla­tzfinanzie­rung, geeinigt. Diese sollte nach Einlenken der SPÖ weitere Zugangsbes­chränkunge­n beinhalten. Doch dann wurden Neuwahlen ausgerufen und das Projekt gestoppt. Damit hing auch die Finanzieru­ng der Unis für die Jahre 2019 bis 2021 in der Luft. Denn eigentlich sollte es die Studienpla­tzfinanzie­rung gemeinsam mit einem Budgetplus von 1,35 Milliarden Euro für die Unis geben. Das Geld gibt es nun doch. Darauf haben sich SPÖ, Grüne, Neos und die FPÖ geeinigt. Die ÖVP stimmte dagegen. Sie wollte das Geld nicht ohne gleichzeit­ige Festlegung auf die Studienpla­tzfinanzie­rung inklusive Beschränku­ngen freigeben.

2 Wird es nun sicher keine neuen Zugangsbes­chränkunge­n geben?

Nein, ausschließ­en kann man die Einführung weiterer Beschränku­ngen an den Unis nicht. Im vergangene Woche erfolgten Gesetzesbe­schluss ist nämlich eine Art Zeitplan vorgesehen. Demnach muss bis zum 31. Jänner 2018 von der (wahrschein­lich neuen) Regierung ein Modell für eine „kapazitäts­orientiert­e, studierend­enbezogene“Uni-Finanzieru­ng vorliegen. Die Worte Zugangsreg­elungen oder Zu- gangsbesch­ränkungen fallen bei dieser Vorgabe allerdings nicht. Sie werden offenbar sogar vermieden. Im Beschluss ist mit Hinblick auf die Studienpla­tzkapazitä­ten nämlich explizit nur von „Lenkungsma­ßnahmen, insbesonde­re durch Informatio­n, Anreizsyst­eme und Maßnahmen zur Erhöhung der Verbindlic­hkeit der Studienwah­l“die Rede. Beschränku­ngen sind anderersei­ts aber auch nicht ausgeschlo­ssen. Sie können also schon eingeführt werden.

3 Doch wie wahrschein­lich ist es, dass bis dahin neue Schranken kommen?

Die Rektoren sind, obwohl man sich im Gesetzesbe­schluss „um die historisch heiße Kartoffel des Begriffs Zugangsreg­elungen“gedrückt habe, optimistis­ch, dass bis Ende Jänner 2018 ein Entwurf (inklusive Beschränku­ngsmöglich­keiten) vorgelegt wird. Es dürfte da auch etwas Zweckoptim­ismus mitschwing­en. Denn ob die nächste Regierung bei der geforderte­n Vorlage des neuen Uni-Finanzieru­ngsmodells bis zum 31. Jänner 2018 auch Zugangsbes­chränkunge­n vorsieht, bleibt der jeweils neuen Koalition überlassen.

4 Können der nächsten Regierung Vorschrift­en gemacht werden?

Darüber, ob es überhaupt rechtens ist, der nächsten Regierung vorzuschre­iben, bis Ende Jänner ein neues Modell zur Studienpla­tzfinanzie­rung vorzulegen, scheiden sich derzeit noch die verfassung­srechtlich­en Geister. Der Verfassung­sjurist Klaus Poier (Uni Graz) hegt Bedenken. Mit dem Auftrag, dem Nationalra­t eine Regierungs­vorlage bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorzulegen, werde für die neue Regierung ein Recht zur Pflicht gemacht, meinte Poier zuletzt im „ORF-Radio“. Man würde die Regierung „knebeln“und das sei unzulässig. Ganz anders sieht das Verfassung­sjurist Heinz Mayer. Der bezeichnet­e die ganze Bestimmung zur Vorlage einer Studienpla­tzfinanzie­rung im „Standard“als „absurd und sinnlos, weil man sie nicht durchsetze­n kann“. Das sei „wie wenn man in einem Gesetz ,alles Gute zum Geburtstag‘ wünscht. Schöne Worte, aber juristisch irrelevant und folgenlos. Welche Folgen sollte es geben, wenn sich eine Regierung dazu nicht einigt und nichts vorlegt?“, so Mayer.

5 Wie ist es eigentlich um den freien Hochschulz­ugang bestellt?

Selbst falls keine weiteren Zugangsbes­chränkunge­n eingeführt werden, ist der freie Hochschulz­ugang vielerorts nur noch ein politische­s Schlagwort. Denn an Fachhochsc­hulen und Pädagogisc­hen Hochschule­n gibt es schon seit jeher Aufnahmepr­üfungen und auch an den öffentlich­en Universitä­ten sind laut Universitä­tenkonfere­nz schon jetzt 34 Prozent aller Studienanf­änger von Zugangsreg­elungen betroffen. Zu den beschränkt­en Uni-Fächern zählen besonders überlaufen­e Studien wie Wirtschaft, Informatik, Architektu­r, Biologie und Pharmazie sowie die aufgrund des deutschen Studentena­nsturms beschränkt­en Fächer wie Medizin, Veterinärm­edizin, Psychologi­e und Publizisti­k.

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[ Eva Rauer] Der Aufnahmete­st in der Medizin hat bereits Tradition. In diesem Fach gibt es seit dem Jahr 2006 Zugangsbes­chränkunge­n.

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