Die Presse

EU und Japan setzen kräftiges Zeichen für den Freihandel

Jefta-Handelspak­t. Am Donnerstag soll es eine Grundsatze­inigung geben. Damit machen die G20 kurz vor ihrem Treffen Druck auf Trump.

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Wien/Brüssel. Schon vier Jahre lang verhandeln die EU und Japan über ein Freihandel­sabkommen – jetzt soll plötzlich alles ganz rasch gehen. Der Europäisch­e Rat hat am Dienstag verkündet: Für den Besuch des japanische­n Premiers, Shinzo¯ Abe, am Donnerstag in Brüssel streben beide Seiten eine „politische Grundsatze­inigung“an. Der Vertrag in allen Details soll noch vor Jahresende unter Dach und Fach sein. Warum die Eile?

Am Freitag und Samstag findet der G20-Gipfel in Hamburg statt, mit dem erklärten Freihandel­sgegner Donald Trump als Stachel im Fleisch. Europa und Japan setzen noch vorher ein Zeichen gegen Abschottun­g: „Es ist wichtig für uns, die Flagge des freien Handels zu schwenken, als Reaktion auf globale Bewegungen zum Protektion­ismus“, sagt Abe. Bei dem Treffen der führenden Industrien­ationen heißt es dann wohl: Alle gegen einen. Die Staats- und Regierungs­chefs wollen den US-Präsidente­n von seinem Plan abbringen, Importzöll­e einzuführe­n. Es kann ihre Argumente nur stärken, wenn sie mit gutem Beispiel vorangehen.

Dabei haben die Verhandler in Sachen Zölle selbst noch einiges zu klären: Zehn Prozent schlägt die EU heute noch auf japanische Autos auf, umgekehrt gibt es sehr hohe japanische Einfuhrzöl­le für Agrarprodu­kte wie etwa Käse. Bei diesen Themen habe es aber „große Fortschrit­te“gegeben, meldete EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström am Wochenende in Tokio. Bleibt noch die strittige Frage der Schiedsger­ichte: Nach starkem öffentlich­em Druck hatte sich die EU im Ceta-Abkommen mit Kanada auf einen permanente­n, öffentlich­en Gerichtsho­f geeinigt. Das sehen die Europäer nun als neuen Standard. Die Japaner aber wollen bei dem aus ihrer Sicht bewährten Modell der privaten Schiedsger­ichte bleiben, die hinter geschlosse­nen Türen agieren. Die Klärung wurde auf Herbst vertagt.

Wachstumss­chub für Europa

Was aber wird das Jefta genannte Abkommen volkswirts­chaftlich bringen? Die Erwartunge­n sind durchaus hoch: Die europäisch­en Exporte nach Japan sollen von 80 auf 120 Mrd. Euro steigen, also um 50 Prozent. Das Münchner Ifo-Institut errechnet mit seinen Modellen im EU-Schnitt eine dauerhaft um 0,29 Prozentpun­kte höhere Wirtschaft­sleistung. Für Österreich läge der Wert mit plus 0,34 Punkten knapp darüber, für Deutschlan­d mit 0,70 Punkten deutlich. Ein Grund für den größeren Vorteil: Die deutschen Premiumaut­o- hersteller stehen mit den japanische­n Kleinautob­auern kaum in Konkurrenz – anders als die Hersteller in Frankreich und Italien.

Das größte Interesse an einem raschen Abschluss aber hat Japans Regierungs­chef Abe. Er braucht dringend gute Wirtschaft­szahlen. Seinen Wählern hatte er einen Boom versproche­n, der bislang ausgeblieb­en ist. Für den nötigen Schub sollte eigentlich das transatlan­tische Freihandel­sabkommen TTP sorgen. Dass Trump es Anfang des Jahres durch den Ausstieg der USA de facto zu Fall brachte, hat Abe kalt erwischt. Nun versucht er die Scharte auszuwetze­n, indem er die bisher eher gemächlich verlaufend­en Verhandlun­gen mit der EU kräftig antreibt. Für die europäisch­e Seite, wo dieser Druck fehlt, bedeutet das: Sie sind in einer leicht besseren Position als ihr Verhandlun­gspartner.

Japan und die EU stehen zusammen für ein Drittel der globalen Wirtschaft­sleistung. Die nun zum Greifen nahe Einigung hätte weltweit eine starke Signalwirk­ung. Vorausgese­tzt freilich, sie schafft auch den Marsch durch die nationalen Parlamente in den EUMitglied­staaten. Die Gegner des Freihandel­s, bekannt für ihre massiven Kampagnen, scharren schon in den Startlöche­rn. (red.)

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[ AFP ] Am Donnerstag will die EU (im Bild Kommission­spräsident JeanClaude Juncker ,re.) mit Japans Premier Shinzo Abe eine Grundsatze­inigung über das Freihandel­sabkommen Jefta schließen.

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