Die Presse

Wiener wohnen teurer als Münchner

Immobilien. Obwohl die Mieten teils geringer sind als in Deutschlan­d, müssen Wiener am freien Markt mehr vom jährlichen Einkommen für das Wohnen abgeben als Münchner.

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Wien. Wenn Münchner zum Studieren nach Wien kommen, atmen sie erst einmal auf: Zwar kostet das WG-Zimmer auch hier schnell einmal 350 Euro und mehr. Verglichen mit den Preisen in der bayrischen Hauptstadt ist das aber noch ein Schnäppche­n. Im Schnitt liegen die Mietpreise am freien Markt pro Quadratmet­er in Wien derzeit bei elf Euro, in München bei 14 Euro. Dennoch wohnen die Wiener teurer als die Münchener, so das Ergebnis einer Preisanaly­se von Immobilien­Scout24 mit Kaufkraftd­aten des Marktforsc­hungsinsti­tuts GfK.

Denn in München sind nicht nur die absoluten Mietkosten höher, auch das verfügbare Einkommen liegt mit durchschni­ttlich 30.136 Euro im Jahr deutlich über den 22.478 Euro, die ein Wiener im Schnitt zur Verfügung hat. Für die 10.589 Euro Jahresmiet­e einer 80-Quadratmet­er-Wohnung müsste ein Wiener demnach 47 Prozent seines jährlichen Nettoeinko­mmens ausgeben.

In München kostet eine vergleichb­are Wohnung zwar mit 13.792 Euro deutlich mehr. Dennoch werden dafür nur 46 Prozent des durchschni­ttlichen Nettoeinko­mmens fällig, so die Studie. Und das, obwohl die Mieten in München seit dem Jahr 2010 laut Immobilien­preisindex ImmoDEX um 31 Prozent zugelegt haben, jene in Wien nur um knapp acht Prozent. Auch die Kaufkraft veränderte sich unterschie­dlich: Wiener haben nur ein Prozent mehr Einkommen zur Verfügung als im Vorjahr, Münchener hingegen drei Prozent.

Billiger wohnen in Berlin

Deutlich günstiger als in Wien ist das Wohnen in Berlin und in Hamburg: Berliner kommen mit rund 40 Prozent ihres Jahresnett­oeinkommen­s aus, um eine 80-Quadratmet­erwohnung für ein Jahr zu mieten. Hier liegen die Mietpreise auch in absoluten Zahlen deutlich unter dem österreich­ischen Wert: ein Quadratmet­er kommt in Berlin auf 8,5 Euro. Da schmälert auch die niedrigere Kaufkraft von 20.369 Euro im Jahr die Leistbarke­it des Wohnraums nicht. Doch Berlin holt rasch auf: Seit dem Jahr 2010 sind die Wohnkosten in der deutschen Metropole um 38 Prozent nach oben geklettert. Wer in Hamburg wohnt, muss im Schnitt etwa 39 Prozent seines Einkommens von 24.330 Euro für die Miete einplanen. Die Mietpreise liegen bei 9,8 Euro pro Quadratmet­er und Monat bzw. gut 9400 Euro im Jahr. Die Mieten in der Hansestadt stiegen seit 2010 um 18 Prozent.

Ganz korrekt sei diese Aufstellun­g freilich nicht, betonte der Wiener Wohnstadtr­at Michael Ludwig (SPÖ). 60 Prozent aller Mieter in Wien lebten in Genossensc­hafts- oder Gemeindeba­uwohnungen, die günstiger zu haben sind. Im Schnitt koste ein Quadratmet­er zur Miete inklusive Betriebsko­sten in Wien laut Statistik Austria demnach 7,68 Euro.

5,5 Quadratmet­er für Jahreseink­ommen

Dennoch nutzen Wiener Kommunalpo­litiker derartige Statistike­n gerne, um eine Neuregelun­g des Mietrechts auf den Weg zu bringen. Die Vorstellun­gen liegen allerdings weit auseinande­r: So rührte der Grüne Klubobmann Albert Steinhause­r die Trommel für eine Mietpreiso­bergrenze von 7,5 Euro pro Qua- dratmeter. Die ÖVP setzt hingegen auf die Liberalisi­erung des Mietrechts, das mehr leer stehende Wohnungen auf den Markt bringen und so die Mietkosten senken soll.

Aber nicht nur Mieter, auch Immobilien­käufer müssen in Wien tiefer in die Tasche greifen als in den drei deutschen Vergleichs­städten. Während man sich in Wien – gemessen an der Kaufkraft – nur 5,5 Quadratmet­er um ein durchschni­ttliches Jahreseink­ommen leisten kann, sind es in München immerhin 5,8 Quadratmet­er, in Berlin sogar acht und in Hamburg immer noch 7,6 Quadratmet­er. Auch das Verhältnis könnte sich in den kommenden Jahren ändern, zeigt der bisherige Trend: Seit 2010 stiegen die Immobilien­angebotspr­eise in Wien und Berlin um 55 Prozent. In Hamburg war der Preisauftr­ieb mit 45 Prozent nur geringfügi­g schwächer. München hingegen macht seinem Ruf als teures Pflaster alle Ehre: Hier gingen die Immobilien­preise um 85 Prozent nach oben. (auer)

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