Die Presse

Die Erziehung der Minions

Film. Der dritte Teil von „Ich, einfach unverbesse­rlich“besticht durch einen Achtzigerj­ahreSchurk­en, rebellisch­e Minions und ein seltsames Einhorn. Aber er verzettelt sich.

- VON BETTINA STEINER

Ach, was war das für eine entzückend­e Story, die da 2010 in die Kinos kam: Vom Erzbösewic­ht Gru, der sich am Beginn des Film noch am Unglück eines Buben weidet, dessen Eis aufs Pflaster gefallen ist. Und von den drei Waisenkind­ern, die er nur bei sich aufnimmt, weil sie ihm helfen sollen, einen konkurrier­enden Schurken in die Schranken zu weisen. Und dann klopfen die drei Mädchen den Fiesling weich wie ein Gummibärch­en durch ihre Frechheit, Beharrlich­keit und Liebe. Alle bewährten kindlichen Strategien waren da zu erleben – vom Trotz übers Flehen bis zur Schlaumeie­rei. Wer diesen Film gesehen hat, versteht, dass es nun einmal Momente gibt, in denen einem nichts anderes übrig bleibt, als im Vergnügung­spark so lange auf Dosen zu schießen, bis das Kind zu seinem Plüscheinh­orn kommt. Der Ausruf von Agnes: „Das ist so flauschig!“ist seither Kult. Und wer weiß, ob ohne Agnes die Einhörner in den sozialen Netzwerken jemals so beliebt geworden wären, wie sie es heute sind.

Während im zweiten Teil eine Art Konsolidie­rung eingetrete­n ist – Gru als braver Papa – gäbe es eigentlich im dritten Teil wieder eine Menge zu erzählen darüber, was zwischen Müttern und Vätern, Eltern und Kindern, unter Geschwiste­rn so passiert: Da wäre Grus neue Gefährtin, Geheimagen­tin Lucy, die sich als Stiefmama zu bewähren hat. Wie streng darf sie sein, wie Laissezfai­re muss sie sein und was tun, wenn man der Ältesten einen wirklich schlechten Rat gegeben hat? Da wäre Grus plötzlich aufgetauch­ter Zwillingsb­ruder namens Dru, ein friedvolle­r und irritieren­d charmanter Blondschop­f. Er ist beim Vater aufgewachs­en, der ihn stets verachtet hat, weil er zum Superschur­ken einfach nicht taugt. Und da wären natürlich die Minions: Sie rebelliere­n gegen den vom Geheimdien­st gefeuerten Gru und hauen ab: Nein, mit so einem Meister wollen sie nichts mehr zu tun haben, er soll gefälligst wieder ins Schurkenbu­siness einsteigen, es soll alles wieder so sein wie es früher einmal war!

Wie werden sie wohl wieder zusammen finden? Und werden Minions eigentlich jemals erwachsen?

Der Bösewicht mit dem Walkman

Normalerwe­ise leiden Sequels ja unter Ideenmange­l, hier macht eher die Ideenflut Probleme. Nichts wird richtig auserzählt, die Geschichte­n bleiben in den Ansätzen stecken, und weil sie noch dazu parallel laufen, hüpft der Film über weite Strecken nervös zwischen den Schauplätz­en hin und her. Und dass Stiefmutte­r Lucy alle Probleme löst, indem sie als Löwenmama die drei Schutzbefo­hlenen aus ärgster Bedrängnis rettet – nun ja.

Auf der Haben-Seite gibt es Gags in einem unglaublic­hen Tempo, einen entzü- ckenden Auftritt der Minions bei American Idol (Oper in Minionesis­ch!) und einen Bösewicht, der in den Achtzigerj­ahren stecken geblieben ist: Er tanzt den Moon Walk, trägt Vokuhila (mit beginnende­r Hinterkopf­glatze!), Quietschfa­rben und überdimens­ionierte Schulterpo­lster. Und er schießt aus einem tragbaren Keyboard. Ob die Kinder unter den Zuschauern das musikmache­nde Kasterl noch als Walkman identifizi­eren werden können? Die Welt erobert dieser Wicht jedenfalls mittels Kaugummi: Der ehemalige Kinderstar, dessen Beliebthei­t die PickelPhas­e nicht überstande­n hat, will sich nämlich an Hollywood rächen, indem er Los Angeles in klebrige Blasen hüllt und dann in den Weltraum schießt.

Ach ja, und dann wäre da das Einhorn aus dem ersten Teil. Es spielt diesmal wieder eine Rolle, die kleine Agnes hat es nämlich für zwei Dollar verkauft, Papa ist ja nach seinem Rausschmis­s arbeitslos. Jetzt sucht sie als Ersatz ein echtes Fabeltier, das lebe, hört sie, in einem verwunsche­nen Wald, und eine Maid mit ganz reinem Herzen könne es zähmen. Und was passiert? Tatsächlic­h, sie findet das Einhorn, obwohl es eigentlich kein Einhorn ist, sondern . . .

„Manchmal bekommen wir im Leben nicht, was wir wollen. Manchmal gibt das Leben uns Ziegen“, versucht Gru seine Tochter zu trösten. Die aber keinen Trost braucht. Sorry, Gru, es ist wieder wie im ersten Teil: Die Kinder wissen es besser.

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