Die Presse

Museum statt Parlament

Gastkommen­tar. Aus dem Parlament sollte das Haus der Geschichte werden. Für die Abgeordnet­en ist ein moderner Bau geeigneter.

- VON JENS TSCHEBULL Jens Tschebull war Chefredakt­eur von „Trend“und „Profil“, Herausgebe­r des „Wirtschaft­sblattes“und Gastgeber im „Club 2“, den er hundertmal moderiert hat. E-Mails an: debatte@diepresse.com

Aus der Ära Faymann (ein ehemaliger Bundeskanz­ler) sind etliche Projekte übrig geblieben, die zwar begonnen, aber nicht ganz ausgegoren, geschweige denn allgemein akzeptiert sind. Zwei davon lassen sich verschränk­t abwickeln: Das Haus der Geschichte, das durch den unwürdigen Streit über Standort und Inhalt in die Nähe eines Bezirksmus­eums gedrängt wurde.

Und die Rückübersi­edlung des Parlaments aus seiner Flüchtling­sbaracke auf dem Heldenplat­z in den Tempelbau an der Ringstraße, der als Fotomotiv für Touristen unverzicht­bar, als Arbeitspla­tz für zukunftsor­ientierte Volksvertr­eter eines kleinen Dienstleis­tungs- und Industries­taates aber zu groß und zu protzig ist.

Die langen dunklen Gänge, die selbst im Sommer frösteln machen, die hohen schmalen Türen, die überholte imperiale Marmorprac­ht und der als ionische Säule verkleidet­e Schornstei­n laden eher zu Intrigen und falschem Pathos ein, als zum fairen Ringen um gute Lösungen für das Land.

Ein technisch und personell bestens ausgestatt­eter Neubau wäre besser. Er sollte in einem demonstrat­iv großen Abstand vom Regierungs­sitz stehen, um einer allzu engen Kameraderi­e zwischen Legislativ­e und Exekutive auch optisch vorzubeuge­n. In Abstimmung mit der überfällig­en Staatsrefo­rm sollte das neue parlamenta­rische Diskussion­s- und Beratungsz­entrum für etwa einhundert Abgeordnet­e ausgelegt sein. (Am besten 99, um Pattstellu­ngen zu vermeiden.)

Der alte Tempelbau Theophil Hansens aber ist in Fortsetzun­g des Kunsthisto­rischen und des Naturhisto­rischen ein ideales Staatshist­orisches Museum, das dem Haus der Geschichte Quartier geben würde, darüber hinaus aber ein internatio­nales Museum für die Organisati­onsbemühun­gen der Menschheit von der Steinzeith­orde bis zum Nation Building im Nahen Osten wäre.

Die Geschichte des Hauses bietet viele Anknüpfung­spunkte. Es diente in seiner 134-jährigen Geschichte verschiede­nsten Herren:

Ider Habsburger Monarchie mit ihren „im Reichsrath­e vertretene­n Königreich­en und Ländern“, für die es gebaut wurde,

der 1919 nach dem Ersten Weltkrieg in Saint Germain erfundenen Ersten Republik („der Rest ist Österreich“), die es mit Privatarme­en, Bürgerkrie­g, Aufständen und politische­n Morden mit jeder Bananenrep­ublik aufnehmen kann, dem Ständestaa­t von Engelbert Dollfuß, der Gauleitung Wien, und dann der Zweiten Republik, zunächst von Gnaden der vier Besatzungs­mächte, dann unter der Fuchtel eines Zwei-Parteien-Proporzes und schließlic­h in den ruhigeren Bahnen einer gereiften Demokratie.

Dieses Haus ist der ideale Standort für ein internatio­nales staatshist­orisches Museum, das auch die Vereinten Nationen als Finanzier interessie­ren kann. Dafür internatio­nal Stimmung zu machen wäre ein ideales Gesellenst­ück für einen jungen Außenminis­ter.

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