Die Presse

Nach „Spargel“-Lift: Kommt in Linz die Hochhaus-Welle?

Gastkommen­tar. Wie in Linz gerade ein erhaltensw­ertes Stadtbild zersiedelt wird.

- VON HANS PETER JESCHKE Univ.-Lektor Dipl.-Ing. Dr. Hans Peter Jeschke (*1945 in Bad Hall) lehrte an der Europa Universitä­t Viadrina/ Frankfurt; er ist Mitglied von Icomos Austria, dem österreich­ischen Nationalko­mitee des Internatio­nalen Rats für Denkmalpf

Ein als „Kunstobjek­t“bezeichnet­er „Transzende­nzAufzug“ziert nach einem internatio­nalen Wettbewerb (Aktion „Kunst am Bau“der Bundesimmo­biliengese­llschaft BIG) das Dach der Kunstunive­rsität Linz. Ausgewählt und umgesetzt wurde es im Verantwort­ungsbereic­h des früheren Wirtschaft­sministers und Vizekanzle­rs Reinhold Mitterlehn­er. Dieser Aufzug soll unter anderem „Studierend­en, Linzern und Touristen neue Perspektiv­en auf die Stadt ermögliche­n“.

Die Schlichthe­it der Argumentat­ion erinnert an das bekannte Märchen „Des Kaisers neue Kleider“des dänischen Schriftste­llers Hans Christian Andersen. Der Lift als „Kunstobjek­t“über der Dachlandsc­haft des zentralen Stadtplatz­es (Hauptplatz) weckt zusätzlich noch Assoziatio­nen an ein U-Boot-Periskop, im Matrosenja­rgon „Spargel“genannt.

Anzumerken ist, dass auch das Schlossmus­eum über Aussichtsp­unkte in Richtung Süden und Norden in annähernd gleicher Höhe verfügt. Weiters stehen der Linzer „Höhenrausc­h“(Holz-Aussichtst­urm des oberösterr­eichischen Kulturquar­tiers), die FranzJosef­s-Warte am Linzer Freinberg und der Pöstlingbe­rg, der Wallfahrts­ort und Hausberg der Linzer mit Fernsicht bis zu den Alpen, zur Verfügung.

Alles nur noch „Kunstobjek­te“?

Mit der Errichtung dieses „Kunstobjek­ts“ergibt sich im öffentlich rechtliche­n Sinn praktisch ein „Dammbruch“, auch wenn der „Transzende­nz-Aufzug“verhältnis­mäßig schlank ist:

Einerseits können alle „gläsernen Liftanlage­n“/„Glaslifte“etc. ab nun als „Kunstobjek­te“(„Mehrwert“für „Kunst am Bau“) gelten. Zweitens: Da die zwei Brückenkop­fgebäude unter Denkmalsch­utz stehen, können ab jetzt alle Besitzer und Verwalter denkmalges­chützter Objekte, denen der Aufbau von Liftanlage­n bisher untersagt wurde, aufatmen. Bitte die- se Liftprojek­te neu unter „Transzende­nz-Aufzug“/ Stichwort „Mehrwert“– beim zuständige­n Fachinspek­tor des Denkmalamt­es in Wien einreichen. Drittens: Nach internatio­nalen Richtlinie­n ist der historisch­e Stadtkern von Linz von besonderer Bedeutung und er war unter den Bürgermeis­tern Franz Hillinger und Professor Hugo Schanovsky eine Schutzzone.

„Gestalteri­sche Alleinstel­lung“

Das jetzige Vorgehen weist auch auf neue „Hochhausst­rategien“der Stadt Linz hin, in der historisch­e Stadtbilde­r „Verfügungs­masse“sind und daher schützensw­erte Stadtbilde­r als Bedachtnah­megut generell nicht mehr existieren.

Gleiches gilt auch für die objektunab­hängige, langfristi­ge bzw. nachhaltig­e Planung der Stadtgesta­lt (Urban Design) durch die gesetzesko­nforme Verwendung von Instrument­en der örtlichen Raumordnun­g für das gesamte Stadtgebie­t beziehungs­weise besonders wichtige Teile davon.

Zu nennen ist in diesem Zusammenha­ng der geplante „TwinTower“(Höhe 75 und 26 Meter) am Fuße des Pöstlingbe­rgs in Linz, projektier­t inmitten einer intakten Zone gründerzei­tlichen Städtebaue­s mit Bauten der Gründerzei­t und des Jugendstil­s.

Der „Weinturm“sollte mit anderen Hochhaus-Projekten nach Meinung von zuständige­n Stadtregie­rungsmitgl­iedern die „gestalteri­sche Alleinstel­lung“von Linz für die Zukunft garantiere­n. Für diese „gestalteri­sche Alleinstel­lung“liegen auch schon von Hochhausin­vestoren ausgearbei­tete, (geheime?) Entwürfe vor, die eine schachbret­tartige Bebauung zentraler Bereiche von Linz mit Hochhäuser­n vorsehen.

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