Tipps für Anleger in Immoaktien
Immobilienaktien. Die Angst vor weiter steigenden Zinsen hat auch bei Immobilienaktien zu Kursrücksetzern geführt. Dabei gibt es durchaus selektive Chancen – vor allem im Bereich der Gewerbeimmobilien.
Die Angst vor weiter steigenden Zinsen hat Konsequenzen, und gleichzeitig bieten sich dabei auch neue Chancen.
Wien. Jetzt hat es auch Mario Draghi getan. Der oberste Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) hat bei der jährlichen Notenbankkonferenz im portugiesischen Sintra bewusst die Konjunkturerholung in der Eurozone betont. Für viele Marktteilnehmer waren die Worte ein dezenter Hinweis, dass auch in Europa die ultralockere Geldpolitik sich allmählich dem Ende nähern dürfte – wenn auch in sehr kleinen Schritten.
Besonders wenig Freude mit steigenden Zinsen haben Aktionäre von Immobilienfirmen. Gerade das Segment mit den Wohnimmobilien hatte als Anleiheersatz hergehalten. Schließlich stehen dahinter solide Sachwerte. Obendrein winken regelmäßige Ausschüttungen in Form von steigenden Mieten. Doch bei höheren Zinsen werden Anleihen wieder interessanter – und Immobilienfinanzierungen teurer. Verständlich, dass Investoren vorsichtig werden. „Die Zeiten, in denen man blind Immobilienaktien kauft, sind vorerst vermutlich vorbei“, mahnt Florian Rainer, Fondsmanager des Wiener Privatbank European Property Fonds.
Den gesamten Sektor müsse man aber nicht gleich meiden, wie Experten betonen. Dazu zieht Jana Sehnalova, Fondsmanagerin des Forum Global Real Estate Securities Fond von La Francaise, auch einen Vergleich zum Jahr 2015: „Damals wurden die Branchenaktien vor der ersten US-Zinserhöhung ebenfalls verkauft. Nach der Anhebung ging es aber wieder nach oben.“Ähnlich schätzt Sehnalova die Entwicklung diesmal ein. Auch dieses Mal ist es vor der jüngsten Anhebung zu Rücksetzern gekommen. Auf die erwartete Erholung setzt die Expertin aber selektiv. Und behält auch fundamentale Bewertungen im Auge.
Enttäuschung in USA
In den USA wurden vor allem Aktien aus dem Bürosegment abverkauft. Der Grund: Viele Anleger hatten nach der USPräsidentenwahl mit einem kräftigen Konjunkturaufschwung – und deshalb mit steigendem Bedarf an Büroräumlichkeiten – gerechnet. Inzwischen macht sich Ernüchterung breit, da viele Vorhaben noch auf sich warten lassen.
Auch traditionelle US-Kaufhausketten wie Sears blieben von der Verkaufswelle nicht verschont, ihr Geschäftsmodell gerät aufgrund des boomenden Online-Handels zunehmend unter Druck. Hier ist Sehnalova nun vereinzelt in Titel eingestiegen, die ihrer Meinung nach zu Unrecht in den Abwärtssog geraten seien. Dazu zählt sie die Aktien von Simon Property und GGP. Beide Unternehmen betreiben Einkaufszentren in den USA.
Auch der alte Kontinent bietet Chancen. Rainer von der Wiener Privatbank findet sie etwa bei Gewerbeimmobilien in Deutschland. „Steigen die Zinsen in den kommenden Monaten deshalb an, weil die Konjunktur anspringt, wird die Nachfrage nach Büros und Gewerbeimmobilien nach oben klettern.“Legt dann auch die Inflation zu, können Unternehmen den Anstieg mittels Mietpreiserhöhungen weitergeben.
Zudem hinke der Zyklus bei deutschen Gewerbeimmobilien dem Wohnimmobiliensektor einige Jahre hinten nach. „Nun beginnt die Konsolidierung, die im Wohnbereich bereits weit fortgeschritten ist“, erklärt Rainer. Auch Übernahmen und Fusionen stehen an. Letzteres streben etwa TLG Immobilien und WCM an und zählen derzeit zu Rainers Favoriten. Denn nach der Transaktion wären sie ein bedeutender Mitstreiter im Marktsegment für Gewerbeimmobilien.
Chancen in Japan
Selektiv sollte man auch in Asien vorgehen, meint die La-Francaise-Expertin. Während China samt Hongkong derzeit wenig interessant seien, locken Immobilienentwickler aus Japan. Immerhin werden deren Aktien mit kräftigen Abschlägen zu ihren Nettoinventarwerten gehandelt. Zu den Top-Favoriten zählt Sehnalova Mitsui Fudosan: „Der Konzern sollte von Erneuerungsarbeiten an Japans Infrastruktur profitieren, die aufgrund der Olympischen Spiele im Jahr 2020 vorgenommen werden“, sagt Sehnalova. In Einzeltitel sollten aber nur risikobewusste Anleger einsteigen. Mit einem Fondsinvestment kann man die Auswahl den Experten überlassen.