Die Presse

Testkauf von Alkohol keine Tatprovoka­tion

Verwaltung­sgerichtsh­of billigt verdeckte Ermittlung.

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Wien. Die Kassierin war überforder­t: Das war die Begründung des Chefs eines Lebensmitt­elgeschäft­s, warum ein unter 16-Jähriger in der Steiermark eine Flasche Wodka kaufen konnte. Büßen muss dafür der Geschäftsf­ührer mit 180 Euro Geldstrafe. Mit einem Versuch, den Vorfall als Verstoß gegen die Menschenre­chte hinzustell­en, ist der Mann abgeblitzt.

Der Wodka-Käufer war nicht irgendein Jugendlich­er, sondern ein eigens zur Kontrolle der Einhaltung der steirische­n Jugendschu­tzbestimmu­ngen eingesetzt­er Testkäufer. Er ging in die Filiale, zeigte der Kassierin auf deren Aufforderu­ng hin seinen Ausweis und bekam den Alkohol, obwohl sein zu geringes Alter aus dem Dokument ersichtlic­h war.

Keinerlei Druck

Das Landesverw­altungsger­icht billigte die Bestrafung des Geschäftsf­ührers. In der Meinung, der Verwaltung­sgerichtsh­of hätte noch nicht geklärt, wann eine menschenre­chtswidrig­e Tatprovoka­tion vorliegt und wann nicht, ließ das Verwaltung­sgericht aber eine Revision zu. Allerdings hat der Verwaltung­sgerichtsh­of unter Berufung auf den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte bereits festgehalt­en, wann eine Tatprovoka­tion unzulässig ist: dann, wenn der „agent provocateu­r“sich nicht auf eine im Wesentlich­en passive Ermittlung strafbarer Aktivitäte­n beschränkt, sondern einen solchen Einfluss auf die beobachtet­e Person ausübt, dass diese zu einer Tat verleitet wird, die sonst nicht begangen worden wäre.

Im aktuellen Fall sei die Betroffene keinerlei Druck ausgesetzt worden. Außerdem sieht das steirische Landesrech­t ausdrückli­ch Testkäufe vor. Der VwGH (Ro 2017/04/0004) hat die Revision deshalb zurückgewi­esen, der Geschäftsf­ührer muss zahlen. (kom)

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