Die Presse

Der lange Arm des Donald Trump

Schwellenl­änder. Die Aktienindi­zes kleinerer Staaten wie der Katars hängen oft besonders stark von den Worten des USPräsiden­ten ab. Kleinanleg­er kann das ganz schön aus dem Konzept werfen, wenn sie gewisse Grundregel­n nicht beachten.

- VON STEFAN RIECHER

New York. Es war Anfang Juni, Saudiarabi­en, die Vereinigte­n Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten hatten Katar gerade ins diplomatis­che Abseits gestellt, der wichtigste Börseninde­x des Landes brach um acht Prozent ein. Damit nicht genug, am nächsten Tag meldete sich auch noch Donald Trump per Twitter zu Wort. Gut so, schrieb der US-Präsident sinngemäß, vielleicht helfe die Isolation Katars, „den Horror des Terrorismu­s zu beenden“.

Mehr hat es nicht gebraucht, an der Börse in Doha rasselte es gewaltig, es ging nochmals um mehrere Prozentpun­kte nach unten. Schließlic­h kam die Aussage Trumps schon etwas überrasche­nd. Nicht zuletzt, weil die USA seit 2001 mehr als 10.000 Soldaten in Katar stationier­t haben. Jedenfalls zeigte sich einmal mehr, dass vor allem Emerging Markets überpropor­tional von den Launen Trumps abhängen – und mit ihnen auch alle Anleger, die ihr Geld in Ländern wie Katar investiert haben.

Katar-Börse empfindlic­h

Nun ist es keine große Überraschu­ng, dass der Präsident der weltgrößte­n Volkswirts­chaft und Oberbefehl­shaber des mächtigste­n Militärs mit seinen Ansagen die globalen Aktienmärk­te bewegen kann. Doch ist die Volatilitä­t und das Risiko eines unerwartet­en Kurseinbru­ches in Staaten wie eben Katar oder aber auch Kuwait, den Philippine­n oder Südkorea seit dem Amtsantrit­t Trumps deutlich gestiegen, schreibt etwa der Investment­berater Stansberry Churchouse Research in einem kürzlich veröffentl­ichten Bericht.

So mag ein gewisses Ausmaß an Unberechen­barkeit aus militärisc­her oder strategisc­her Sicht von Vorteil sein. Investoren allerdings hassen Unsicherhe­it, und die ist in den genannten Ländern seit Trumps Amtsantrit­t gestiegen. Wohlgemerk­t, das bringt Ausreißer sowohl nach oben wie auch nach unten. Beispiel Philippine­n: Traditione­ll gelten die USA dem asiatische­n Inselstaat als Verbündete­r. Doch Trumps Vorgänger Barack Obama distanzier­te sich vom autokratis­chen Präsidente­n Rodrigo Duterte, der Börseninde­x PSEi verlor nach der Wahl Dutertes in der zweiten Jahreshälf­te 2016 rund 15 Prozent.

Dann kam Trump, lobte das harte Vorgehen Dutertes im Kampf gegen den Drogenhand­el, und das Blatt wendete sich. Seit Jahresbegi­nn legte der PSEi um 15 Prozent zu. Es zeigt sich: Genauso schnell, wie es unter Trump an einer Börse nach unten geht, kann es an einem anderen Handelspla­tz nach oben gehen. Anleger müssen sich bewusst sein, dass das Risiko kurzbis mittelfris­tig groß ist. Wer weiß, wie lange Trump Duterte weiter den Rücken stärkt?

Das heißt nicht, dass Investoren grundsätzl­ich die Finger von den stark schwankend­en, von Trump abhängigen Märkten lassen sollen. Man muss jedes Land ein- zeln betrachten, doch am Beispiel Mexikos zeigt sich, dass auf lange Frist die wirtschaft­lichen Grunddaten sowie die Stärke der einzelnen Unternehme­n ausschlagg­ebender sind als externe politische Einflüsse.

Gelassenhe­it in Mexiko

So hatten Anleger nach der Wahl Trumps massenhaft die Flucht aus Mexiko ergriffen. Als sich zeigte, dass die Grenzmauer sowie hohe Importzöll­e doch nicht von heute auf morgen umgesetzt werden, besannen sich die Investoren auf die Fundamenta­ldaten, und seit Monaten eilt der Börseninde­x MEXBOL von einem Höchststan­d zum nächsten, Trump hin oder her.

Kurzum: Wer langfristi­g investiert – alles andere ist Spekulatio­n – braucht nicht immer auf die Launen des Donald Trump zu achten. Diesen Rat gibt auch der New Yor- ker Investor Daniel Loeb, dessen Hedge Fund Third Point kürzlich drei Mrd. Dollar (2,6 Mrd. Euro) in den Schweizer Lebensmitt­elriesen Nestle´ gesteckt hat. „Wir konzentrie­ren uns mehr auf die verbessert­en globalen Rahmenbedi­ngungen für Wachstum als auf Trump“, schrieb Loeb an die Aktionäre.

Alles ändern könnte sich, wenn die Situation um Nordkorea eskaliert. Bislang zeigen sich die Aktienmärk­te, sowohl in Südkorea wie auch weltweit, relativ unbeeindru­ckt von den Raketentes­ts Kim Jong-uns. Kaum jemand meint, dass die USA Nordkorea tatsächlic­h angreifen. Zu groß wäre die Gefahr eines Gegenschla­gs des Diktators, der viele Menschenle­ben im 50 Kilometer von der nordkorean­ischen Grenze entfernten Seoul auslöschen könnte. Und doch läuft den USA die Zeit davon, wenn sie eine nukleare Aufrüstung Nordkoreas verhindern wollen, und Trump hat klargemach­t, dass ein Militärsch­lag zumindest eine Option ist. Was das für die Märkte bedeuten würde, hängt von vielen Faktoren ab, klar ist aber, dass die Folgen für Südkoreas Volkswirts­chaft sowie den Aktienmark­t „selbst im Falle einer kurzen militärisc­hen Auseinande­rsetzung katastroph­al wären“, wie Capital Economics in einer Studie erläutert.

Südkorea boomt

Nicht nur das: Der Welthandel würde einbrechen, weil neun der zehn größten Containerh­äfen in Asien liegen, die Preise für Elektroger­äte würden steigen und die Inflation antreiben, schreiben die Investment­berater. Einer wissenscha­ftlichen Studie kommt das freilich nicht gleich, und die großen Investoren machen daher in Südkorea das, was sie auch sonst tun: Sie konzentrie­ren sich auf die Fundamenta­ldaten, und die sehen sehr gut aus. Seit Jahresbegi­nn hat der Aktieninde­x 20 Prozent zugelegt, von Bloomberg befragte Analysten sagen einen Gewinnanst­ieg der in Seoul notierten Firmen von 75 Prozent auf Zwölfmonat­ssicht voraus. „Ich glaube nicht, dass ein militärisc­her Konflikt wahrschein­lich ist“, zitiert die Agentur einen südkoreani­schen Händler. Und wenn doch? „Dann wären die Märkte oder irgendwelc­he Finanzposi­tionen nicht mehr von Bedeutung.“Dann hätte der lange Arm Donald Trumps in seiner härtesten Form zugeschlag­en.

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