Der lange Arm des Donald Trump
Schwellenländer. Die Aktienindizes kleinerer Staaten wie der Katars hängen oft besonders stark von den Worten des USPräsidenten ab. Kleinanleger kann das ganz schön aus dem Konzept werfen, wenn sie gewisse Grundregeln nicht beachten.
New York. Es war Anfang Juni, Saudiarabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten hatten Katar gerade ins diplomatische Abseits gestellt, der wichtigste Börsenindex des Landes brach um acht Prozent ein. Damit nicht genug, am nächsten Tag meldete sich auch noch Donald Trump per Twitter zu Wort. Gut so, schrieb der US-Präsident sinngemäß, vielleicht helfe die Isolation Katars, „den Horror des Terrorismus zu beenden“.
Mehr hat es nicht gebraucht, an der Börse in Doha rasselte es gewaltig, es ging nochmals um mehrere Prozentpunkte nach unten. Schließlich kam die Aussage Trumps schon etwas überraschend. Nicht zuletzt, weil die USA seit 2001 mehr als 10.000 Soldaten in Katar stationiert haben. Jedenfalls zeigte sich einmal mehr, dass vor allem Emerging Markets überproportional von den Launen Trumps abhängen – und mit ihnen auch alle Anleger, die ihr Geld in Ländern wie Katar investiert haben.
Katar-Börse empfindlich
Nun ist es keine große Überraschung, dass der Präsident der weltgrößten Volkswirtschaft und Oberbefehlshaber des mächtigsten Militärs mit seinen Ansagen die globalen Aktienmärkte bewegen kann. Doch ist die Volatilität und das Risiko eines unerwarteten Kurseinbruches in Staaten wie eben Katar oder aber auch Kuwait, den Philippinen oder Südkorea seit dem Amtsantritt Trumps deutlich gestiegen, schreibt etwa der Investmentberater Stansberry Churchouse Research in einem kürzlich veröffentlichten Bericht.
So mag ein gewisses Ausmaß an Unberechenbarkeit aus militärischer oder strategischer Sicht von Vorteil sein. Investoren allerdings hassen Unsicherheit, und die ist in den genannten Ländern seit Trumps Amtsantritt gestiegen. Wohlgemerkt, das bringt Ausreißer sowohl nach oben wie auch nach unten. Beispiel Philippinen: Traditionell gelten die USA dem asiatischen Inselstaat als Verbündeter. Doch Trumps Vorgänger Barack Obama distanzierte sich vom autokratischen Präsidenten Rodrigo Duterte, der Börsenindex PSEi verlor nach der Wahl Dutertes in der zweiten Jahreshälfte 2016 rund 15 Prozent.
Dann kam Trump, lobte das harte Vorgehen Dutertes im Kampf gegen den Drogenhandel, und das Blatt wendete sich. Seit Jahresbeginn legte der PSEi um 15 Prozent zu. Es zeigt sich: Genauso schnell, wie es unter Trump an einer Börse nach unten geht, kann es an einem anderen Handelsplatz nach oben gehen. Anleger müssen sich bewusst sein, dass das Risiko kurzbis mittelfristig groß ist. Wer weiß, wie lange Trump Duterte weiter den Rücken stärkt?
Das heißt nicht, dass Investoren grundsätzlich die Finger von den stark schwankenden, von Trump abhängigen Märkten lassen sollen. Man muss jedes Land ein- zeln betrachten, doch am Beispiel Mexikos zeigt sich, dass auf lange Frist die wirtschaftlichen Grunddaten sowie die Stärke der einzelnen Unternehmen ausschlaggebender sind als externe politische Einflüsse.
Gelassenheit in Mexiko
So hatten Anleger nach der Wahl Trumps massenhaft die Flucht aus Mexiko ergriffen. Als sich zeigte, dass die Grenzmauer sowie hohe Importzölle doch nicht von heute auf morgen umgesetzt werden, besannen sich die Investoren auf die Fundamentaldaten, und seit Monaten eilt der Börsenindex MEXBOL von einem Höchststand zum nächsten, Trump hin oder her.
Kurzum: Wer langfristig investiert – alles andere ist Spekulation – braucht nicht immer auf die Launen des Donald Trump zu achten. Diesen Rat gibt auch der New Yor- ker Investor Daniel Loeb, dessen Hedge Fund Third Point kürzlich drei Mrd. Dollar (2,6 Mrd. Euro) in den Schweizer Lebensmittelriesen Nestle´ gesteckt hat. „Wir konzentrieren uns mehr auf die verbesserten globalen Rahmenbedingungen für Wachstum als auf Trump“, schrieb Loeb an die Aktionäre.
Alles ändern könnte sich, wenn die Situation um Nordkorea eskaliert. Bislang zeigen sich die Aktienmärkte, sowohl in Südkorea wie auch weltweit, relativ unbeeindruckt von den Raketentests Kim Jong-uns. Kaum jemand meint, dass die USA Nordkorea tatsächlich angreifen. Zu groß wäre die Gefahr eines Gegenschlags des Diktators, der viele Menschenleben im 50 Kilometer von der nordkoreanischen Grenze entfernten Seoul auslöschen könnte. Und doch läuft den USA die Zeit davon, wenn sie eine nukleare Aufrüstung Nordkoreas verhindern wollen, und Trump hat klargemacht, dass ein Militärschlag zumindest eine Option ist. Was das für die Märkte bedeuten würde, hängt von vielen Faktoren ab, klar ist aber, dass die Folgen für Südkoreas Volkswirtschaft sowie den Aktienmarkt „selbst im Falle einer kurzen militärischen Auseinandersetzung katastrophal wären“, wie Capital Economics in einer Studie erläutert.
Südkorea boomt
Nicht nur das: Der Welthandel würde einbrechen, weil neun der zehn größten Containerhäfen in Asien liegen, die Preise für Elektrogeräte würden steigen und die Inflation antreiben, schreiben die Investmentberater. Einer wissenschaftlichen Studie kommt das freilich nicht gleich, und die großen Investoren machen daher in Südkorea das, was sie auch sonst tun: Sie konzentrieren sich auf die Fundamentaldaten, und die sehen sehr gut aus. Seit Jahresbeginn hat der Aktienindex 20 Prozent zugelegt, von Bloomberg befragte Analysten sagen einen Gewinnanstieg der in Seoul notierten Firmen von 75 Prozent auf Zwölfmonatssicht voraus. „Ich glaube nicht, dass ein militärischer Konflikt wahrscheinlich ist“, zitiert die Agentur einen südkoreanischen Händler. Und wenn doch? „Dann wären die Märkte oder irgendwelche Finanzpositionen nicht mehr von Bedeutung.“Dann hätte der lange Arm Donald Trumps in seiner härtesten Form zugeschlagen.