Die Presse

ÖVP-Klub stellt sich hinter SPÖ

Nationalra­t. Die SPÖ lehnt Sobotkas Vorstoß für ein strengeres Versammlun­gsrecht ab, auch die ÖVP bremst. Ein Überstimme­n in der Koalition soll es auch bei der Steuerentl­astung nicht geben.

- VON KARL ETTINGER

Wien. Das vorzeitige Ende der Legislatur­periode wird heute, Donnerstag, im Hohen Haus mit dem Beschluss zur Auflösung des Nationalra­ts formell besiegelt. Dennoch herrschte vor dem letzten Sitzungsta­g des Hohen Hauses vor der Sommerpaus­e beträchtli­che Nervosität. Flirtversu­che der Opposition und mögliche Soloaktion­en der Regierungs­partner sorgten für Unruhe.

Auch wenn die SPÖ Ende Juni die ÖVP bei der Universitä­tsfinanzie­rung überstimmt hat, ist heute keine Retourkuts­che bei der letzten Nationalra­tssitzung vor der Sommerpaus­e geplant. Nach Informatio­nen der „Presse“haben einander SPÖ und ÖVP bereits im Vorhinein informiert, sich gegenseiti­g nicht mit etwaigen Anträgen und Abstimmung­en auszutrick­sen.

„Wir werden keine Aktionen gegen die SPÖ machen“, wurde der „Presse“am Mittwoch im ÖVPKlub versichert. Das bedeutet, es wird keinen Alleingang bei der von Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) schon für heute angestrebt­en neuerliche­n Verschärfu­ng des Versammlun­gsrechts und keinen Beschluss mit den Neos und der FPÖ zur Abschaffun­g der kalten Progressio­n, wegen der Steuerzahl­er automatisc­h jährlich mehr zahlen müssen, geben.

Drozda gegen Sobotka-Pläne

In der SPÖ war Sobotkas Vorgehen beim Versammlun­gsrecht ohnehin als „Provokatio­n“eingestuft worden. Regierungs­koordinato­r Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ) betonte, man sehe keinen Bedarf für Änderungen.

Sobotka war selbst für schwarze Parteifreu­nde überrasche­nd nach den Ausschreit­ungen beim G20-Gipfel in Hamburg mit einem weiteren Vorhaben vorgepresc­ht. Demnach sollten die von ihm angestrebt­en und von der SPÖ bisher abgelehnte­n strengeren Vorschrift­en im Versammlun­gsrecht rasch vor der Neuwahl am 15. Oktober durchgebox­t werden. Auch im ÖVP-Klub wurde Sobotka aber gebremst. „Wenn er sich einigt mit der SPÖ“, lautet die Vorgabe an den Minister. Man werde „keinen Koalitions­bruch“begehen. Damit wird die Linie von ÖVP-Obmann Sebastian Kurz weiter verfolgt, der das schon bei der Ausrufung von vorzeitige­n Neuwahlen am 12. Mai angekündig­t hat.

Es wird auch bei der Abschaffun­g der kalten Progressio­n zur Steuerentl­astung kein Fremdgehen der ÖVP mit Neos und FPÖ geben. Neos-Chef Matthias Strolz hatte Dienstagab­end im ORF-Report mit der Bemerkung aufhorchen lassen, er habe wegen eines gemeinsame­n Vorgehens mit Kurz telefonier­t. Im ÖVP-Klub als auch Finanzmini­sterium wurde der „Presse“einhellig versichert, es werde in der Donnerstag-Sitzung kein Vorgehen ohne SPÖ geben. Freilich schließt das einen Beschluss im Nationalra­t im September oder Oktober nicht aus.

Islamverei­ne: Druck der ÖVP

Selbst in der ÖVP wächst die Ungeduld. Oberösterr­eichs ÖAAB-Vizechef Helmut Feilmair – Landesund Bundeschef ist August Wöginger – drängte vehement darauf, das Aus für die kalte Progressio­n heute zu beschließe­n. Die Abschaffun­g der automatisc­hen Steuererhö­hung als Folge der kalten Progressio­n ist in der Regierung blockiert, weil SPÖ und ÖVP uneinig sind, ob nur Bezieher niedriger Einkom- men, wie das die SPÖ will, oder alle, wie das Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) anstrebt, von der Abschaffun­g profitiere­n sollen. Die ÖVP ist unter Druck, weil Kurz eine viel größere Steuerentl­astung von zwölf bis 14 Milliarden nach der Wahl versproche­n hat.

Die ÖVP versucht auch beim Islamgeset­z, die SPÖ vor sich herzutreib­en. ÖVP-Neo-Kandidat Efgani Dönmez hat am Dienstag von Staatssekr­etärin Muna Duzdar (SPÖ) eine schärfere Überwachun­g islamische­r Vereine gefordert. Nun bringt die ÖVP dazu eine Anfrage an Bundeskanz­ler Christian Kern dazu ein.

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[ APA ] Neos-Chef Matthias Strolz (vorne) lockt die ÖVP und Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling, um die Abschaffun­g der kalten Progressio­n vor der Wahl zu beschließe­n.

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