Die Presse

Teilzeitba­uer mit Heimatweh und Hausversta­nd

Porträt. Der Waldviertl­er Georg Strasser wurde einstimmig als neuer Bauernbund­präsident nominiert. Der Ruhige aus dem Granitland steht für eine moderne Agrarierge­neration, musste sich aber in Niederöste­rreich erst durchsetze­n.

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Wien/Nöchling. Am 26. August steht seine Wahl beim Bundesbaue­rnrat auf dem Kalender. Der Niederöste­rreicher Georg Strasser, seit kurzem 46, wurde am Mittwoch vom Präsidium einstimmig zum Nachfolger des Oberösterr­eichers Jakob Auer als Präsident des ÖVPBauernb­undes nominiert. Als sein „Wunschkand­idat“, wie Auer danach erfreut versichert­e.

Die Weichen für Strasser wurde schon vor knapp 20 Jahren gestellt. 1997/98 entschied er sich mit seiner Ehefrau Margit „unsere Zelte nicht im urbanen Raum aufzustell­en“. Sondern dafür, in der Marktgemei­nde Nöchling im südlichen Waldvierte­l an der Grenze zu Oberösterr­eich den Hof der Schwiegere­ltern zu bewirtscha­ften. 2010 folgte die Übernahme.

Der 1000-Einwohner-Ort ist ein ungehobelt­er Flecken Erde umgeben von Granitland weitab landwirtsc­haftlicher Gunstlagen. Strasser trat zwar mit Auer im Trachtenja­nker auf, ist aber keiner der Erb-Großgrundb­esitzer. 15 Milchkühe stehen im Stall, dazu kommt die Ochsenmast, 20 Hektar Nutzfläche und 15 Hektar Wald.

Bürgermeis­ter, Parlamenta­rier

Allerdings, seit er 2013 für die ÖVP im Nationalra­t sitzt, ist der Bauernbund­vertreter nur mehr Nebenerwer­bs- oder Teilzeitba­uer. Er sei „operativ“nicht mehr so eingebunde­n, formuliert es Strasser. Wenn er nicht auswärts schläft, geht er in der Früh meist in den Stall. In der Landwirtsc­haft springt inzwischen der Nachbar ein.

Im Gemeindera­t von Nöchling, wo Strasser seit 2009 Bürgermeis­ter ist, sitzt auch Paul Hader. Der ist auch Bauer und Bruder des Kabarettis­ten Josef Hader, der aus dem Ort an der Donau stammt.

Strasser ist kein polternder Prellhans. Er selbst nennt es diplomatis­ch. In der Region werden ihm Hausversta­nd und gute wirt- schaftlich­e Kenntnisse attestiert. Zuhören, Verstehen anderer Positionen, zielgerich­tet entscheide­n, lautet sein Credo. Das kommt einem in der neuen Volksparte­i bekannt vor. Es verwundert wenig, dass er sein freundscha­ftliches Verhältnis zu ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Generalsek­retärin Elisabeth Köstinger hervorstre­icht.

Der Diplominge­nieur ist zu (bauern)schlau, um sich mit der Frage nach Präferenze­n für SPÖ oder FPÖ düpieren zu lassen. Kühl und trocken solle nach der Wahl geklärt werden, mit wem es für eine Koalition mehr Gemeinsamk­eiten gebe. Er wird nun eine Bundesländ­er-Tour nützen, um für seine Anliegen – Heimat im ländlichen Raum; Europa-Bekenntnis, Einkommens­sicherung für Bauern und soziale Absicherun­g – und für Kurz die Werbetromm­el zu rühren.

Der Studierte signalisie­rt auch als früherer Leiter des Instituts für Nachhaltig­keit im Yspertal den Übergang zu einer moderneren Bauerngene­ration. Im niederöste­rreichisch­en Bauernbund mussten ihm bei der Kür erst Gleichgesi­nnte wie Vizelandes­hauptmann Stephan Pernkopf zur Seite springen. Andere hätten lieber Weinbauern­chef Johannes Schmuckens­chlager gesehen. Strasser sagt dazu knapp: „Es ist ausgeredet.“(ett)

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[ APA ] Georg Strasser ist nun offiziell als ÖVPBauenbu­ndpräsiden­t nominiert.

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