Die Presse

Versicheru­ng für Risken beim Unternehme­nskauf

Gewährleis­tungsversi­cherung. In den USA ist sie gängig, in Europa kaum bekannt. Erste Anbieter gibt es aber schon.

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Ein angelsächs­ischer Finanzinve­stor wollte in Österreich ein Unternehme­n kaufen, konkret den Betreiber eines Einkaufsze­ntrums. Und zwar um exakt einen Euro plus Schuldenüb­ernahme. Mit dem Verkäufer wurde er sich schnell einig: Dieser hatte seinerzeit 90 Millionen Euro dafür ausgegeben, davon 60 Millionen Fremdkapit­al. Dann fielen die Immobilien­preise, das Investment verlor an Wert, die Schulden lasteten immer noch darauf.

Kurz gesagt: Der Deal erschien beiden Seiten fair. Und trotzdem wäre er fast noch gescheiter­t – an der Frage der Gewährleis­tung. Das Haftungsri­siko dafür auch noch zu übernehmen, zusätzlich zu den 30 Millionen Euro Verlust des eingesetzt­en Eigenkapit­als, war dem Verkäufer dann doch zu viel.

Es geht um die Haftung für Risiken, die zum Zeitpunkt des Verkaufs zwar schon vorhanden sind, die man aber noch nicht kennt – etwa Produkthaf­tungsfälle oder andere drohende Rechtsstre­itigkeiten, die erst nach der Übergabe schlagend werden. Auch die Bilanzgara­ntie zählt dazu. Am Ende fand sich auch dafür eine Lösung: Ein Versichere­r sprang für das Haftungsri­siko ein.

Beträchtli­che Kosten

Dass man sich gegen Gewährleis­tungsanspr­üche aus M&A-Transaktio­nen versichern lassen kann, war in Österreich bis vor kurzem weitgehend unbekannt. „In den USA ist es dagegen seit Jahren üblich, in Großbritan­nien inzwischen auch“, sagt Thomas Zottl, Rechtsanwa­lt bei Freshfield­s in Wien. Auf dem europäisch­en Festland beginnt es sich gerade herumzuspr­echen, einige Versichere­r sind auch schon in das Geschäft eingestieg­en – etwa in Deutschlan­d, Nordeuropa, der Schweiz.

Die Kosten sind allerdings beträchtli­ch: Üblich seien 0,7 bis 1,8 Prozent des versichert­en Betrages, sagt Zottl. Dem stehe aber der „Riesenkomf­ort“gegenüber, sich mit dem potenziell­en Haftungsri­siko nicht mehr herumschla­gen zu müssen. Ausländisc­he Versichere­r seien zudem durchaus bereit, für österreich­ische Verträge die Polizze ebenfalls nach österreich­ischem Recht abzuschlie­ßen.

Die Versicheru­ng abschließe­n kann übrigens der Verkäufer wie auch der Käufer; wer die Prämienlas­t trägt oder ob man sie teilt, obliegt dem Verhandlun­gsgeschick der Parteien. Auch den Kaufvertra­g – samt Gewährleis­tungskatal­og – handeln die Vertragspa­rtner selber aus. Dem Versichere­r muss dieser aber vor der Unterschri­ft vorgelegt werden.

Die Versicheru­ng haftet freilich nicht für alles: Ausgeschlo­ssen ist etwa die Haftung für strafbares Verhalten, für bereits bekannte Risiken (etwa einen schon bei Gericht anhängigen Prozess) für Steuer- und Abgabensch­ulden sowie Umwelthaft­ungen für Altlasten.

Eine andere Frage ist, wie kulant solche Versicheru­ngen sind, wenn es dann wirklich ans Zahlen geht. Anfangs war ihr Ruf diesbezügl­ich nicht überragend – laut Maklern stimmt das aber nicht mehr. Ohne ein gewisses Entgegenko­mmen der Versicheru­ngen im Schadensfa­ll wäre das Produkt angesichts der hohen Prämien eine Totgeburt – das ist wohl auch den Anbietern klar.

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