Die Presse

Schiefe Räume, optische Tricks: Ein Museum voller Illusionen

Eröffnet. Lana Rozic hat das Museum der Illusionen nach Wien geholt. Auf 250 m2 wird mit Gleichgewi­chtssinn und Sehgewohnh­eiten der Besucher gespielt.

- VON MIRJAM MARITS

Es kann schon passieren, dass man hier den Boden unter den Füßen verliert. Oder zumindest den Eindruck hat, als wäre dies der Fall: Wenn man nämlich durch den Vortextunn­el geht und sich um einen herum ein rotierende­r Zylinder bewegt, scheint es, als ginge man selbst auf einer sich rasant bewegenden, wackeligen Oberfläche − tatsächlic­h aber ist sie stabil und bewegt sich nicht.

„Ich liebe den Vortextunn­el und hasse ihn zugleich, weil er mich immer noch verwirrt“, sagt Lana Rozic, die dafür verantwort­lich ist, dass der Tunnel neben weiteren Erlebnisrä­umen, optischen Täuschunge­n und anderen Spielereie­n, die die Sehgewohnh­eiten (oder gern auch den Gleichgewi­chtssinn) der Besucher austrickse­n, in Wien ausprobier­t werden können: Rozic leitet das neue Museum der Illusionen, das am gestrigen Freitag in der Wiener Innenstadt eröffnet hat.

Erfunden und konzipiert hat das Museum der Illusionen der Kroate Roko Zˇivkovic´, der jahrelang in Zagreb für Marketinga­genturen tätig war. Zwei Jahre lang hat er am Konzept gefeilt, ehe er 2015 das erste Museum der Illusionen in Zagreb eröffnet hat, noch im selben Jahr folgte ein weiteres in der kroatische­n Stadt Zadar. Und im Vorjahr der dritte Ableger in Ljubljana. Alle drei, sagt Zˇivkovic´, zählten mit mehr als 100.000 Besuchern im Jahr schon zu den am besten besuchten Attraktion­en der jeweiligen Städte.

In Wien mit seiner reichen Museenland­schaft wird es vielleicht nicht ganz so leicht, sich zu behaupten. Die Konkurrenz ist groß. Einerseits. Anderersei­ts „haben wir doch ein ganz anderes Konzept“, sagt Zˇivkovic´. „In allen anderen Museen muss man leise sein, man darf nicht laufen, oft nichts angreifen“, sagt er. „Unser Museum ist mehr in die Zukunft gerichtet, angreifen, laufen, schreien, alles ist erlaubt.“Nicht nur das: fast Pflicht.

Und überdies sei der neue Wiener Standort „the best one yet“, der bisher beste, versichert Zˇivkovic´. Wieso das? Weil in Wien die Lage in der Wallnerstr­aße besser sei als die der anderen Museen. Auch wenn viele der 70 optischen Täuschunge­n – bei einer scheint der Kopf des Besuchers abgetrennt vom Körper auf einem Tisch zu liegen – ähnlich sind: Einige, wie den eingangs erwähnten Vortextunn­el, gibt es nur in Wien. Rozic, die das Wiener Museum führt, hat lang nach einem guten Standort gesucht, ehe sie die fünf Meter hohen Räume (mit 250 m2 Fläche) gefunden hat. Dass sie einmal ein Museum führen würde, sei so nicht geplant gewesen, erzählt Rozic, die eigentlich Architekti­n ist („Im Moment bleibt dafür aber keine Zeit“). Auf Facebook hat sie ein Foto aus dem Zagreber Museum der Illusionen gesehen. Und war begeistert. Mit ihrem Mann besuchte sie das Museum und war davon so angetan, dass sie sich in den Kopf setzte: Das möchte sie auch nach Wien holen.

Nach etwa eineinhalb Jahren Vorlaufzei­t ist dies nun gelungen. Die Täuschunge­n (wie der „gedrehte Raum“, in dem Böden, Wände und Decken schräg sind, was bei vielen den Gleichgewi­chtssinn komplett durcheinan­der bringt) machen auch Kindern (ab etwa fünf Jahren) Spaß. Es geht aber nicht nur um lustige Effekte und originelle Fotomöglic­hkeiten (wie im komplett verspiegel­ten Raum, der sich, wie Zˇivkovic´ sagt, „exzellent für Selfie-Freaks“eignet): Die optischen Täuschunge­n werden auch (kurz) erklärt, sodass man auch viel über Physik, Biologie, Wahrnehmun­gen oder Motorik erfährt. Zwischendu­rch kommt auch immer wieder ein Zauberer vorbei, der Tricks vorführt und so zum Beispiel die Zeit beim Warten an der Kassa verkürzen soll.

Etwa eine Stunde braucht man, wenn man alle Exponate (vielfach Bilder, wie die „Kaffeehaus-Täuschung“) betrachten und alle Räume ausprobier­en will. Die meisten, sagt Zˇivkovic´, bleiben länger. Manche aus Ehrgeiz, weil sie etwa eines der Logikspiel­e, wie ein 3-D-Ei, das man aus Holzbauste­inen zusammense­tzen soll, unbedingt lösen wollen. „Wir haben schon erlebt“, erzählt Zˇivkovic´, „dass ein Mann gelangweil­t vor dem Museum gewartet hat, weil seine Frau stundenlan­g vor so einem Puzzle gestanden ist.“

 ?? [ Clemens Fabry] ?? Die Sessel-Illusion: Lana Rozic, Leiterin des Wiener Museums, ist in Wirklichke­it natürlich nicht so klein. Rechts: Roko Zivkoviˇc,´ Erfinder des Museums der Illusionen.
[ Clemens Fabry] Die Sessel-Illusion: Lana Rozic, Leiterin des Wiener Museums, ist in Wirklichke­it natürlich nicht so klein. Rechts: Roko Zivkoviˇc,´ Erfinder des Museums der Illusionen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria