„Hungerskandal an die große Glocke hängen“
Caritas schlägt Alarm wegen Hungersnot in Afrika. Darum läuten heute Kirchenglocken.
Wien. Michael Landau hat Dume vor Augen, eine Frau im Norden Kenias mit sechs Kindern, die 20 Kilometer bis zur nächsten Gesundheitsstation in North Horr marschiert. Christoph Schweifer denkt an die „gespenstische Stille“in Dörfern, die sonst von Kinderlachen erfüllt sind. Tee in der Früh und untertags eine Schale Maisbrei: Mit Eindrücken einer kürzlichen Kenia-Reise im Hinterkopf schlagen der CaritasPräsident und der Generalsekretär für die Auslandshilfe mit einer „außergewöhnlichen Aktion für eine außergewöhnliche Situation“Alarm angesichts einer dramatischen Hungersnot infolge von Dürre und Kriegen in Afrika, die mehr als 20 Millionen Menschen bedroht.
Marshallplan für Afrika
„Wir müssen den Skandal des Hungers an die große Glocke hängen“, sagte Landau bei einer Pressekonferenz über ein Signal, das die Bischofskonferenz heute auf eine Initiative der Caritas hin setzt. Punkt 15 Uhr werden in rund 3000 katholischen Pfarrkirchen vom Bodensee bis zum Neusiedlersee die Glocken läuten – ganze fünf Minuten lang, um das Land aufzurütteln. „Abgemagerte Kinder, verzweifelte Mütter, Menschen im Kampf zwischen Leben und Tod, verendete Tiere, verdörrte Felder“: Damit will sich Landau nicht abfinden. „Unser Ziel ist es, 100.000 Menschen vor dem Hungertod zu retten.“
Die Dürre in Kenia, Äthiopien und Somalia wegen ausbleibender Regenzeiten – womöglich aufgrund des Klimawandels – und der Bürgerkrieg im Südsudan haben den Kontinent schwer in Mitleidenschaft gezogen. Landau schwebt ein „Marshallplan für Afrika“vor, Schweifer plädiert für eine signifikante Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds nach skandinavischem Vorbild: „Wir spielen in der Regionalliga.“Landau appelliert: „Hunger ist kein Naturgesetz, Wegschauen keine Option.“(vier)