Die Presse

Eine Metropole trocknet aus

Melbourne. In zehn Jahren könnten ob Klimawande­ls und Bevölkerun­gswachstum­s die Wasservorr­äte der zweitgrößt­en Stadt Australien­s zu versiegen beginnen.

- Von unserer Mitar\eiterin BARBARA BARKHAUSEN (SYDNEY)

Dürren und lange Trockenhei­t sind in Australien absolut keine Seltenheit. In den Sommermona­ten wüten immer wieder Waldbrände auf dem heißesten Kontinent, die große Buschfläch­en zerstören und zum Teil auch Städte und Ortschafte­n gefährden. Melbourne etwa, die Hauptstadt des südöstlich­en Bundesstaa­tes Victoria, litt beispielsw­eise von 1997 bis 2009 unter einer mehr oder weniger pausenlose­n Dürre.

Ein Bericht der Wasserwerk­e warnt jetzt jedoch, dass Melbourne, mit rund 4,6 Millionen Bewohnern im Großraum Australien­s zweitgrößt­e Metropole, die als eine der lebenswert­esten Städte der Welt gilt, in zehn Jahren in eine schwere Krise rutschen könnte. Ab dann werde die Nachfrage nach Wasser den Vorrat deutlich übersteige­n, schreiben die Wasserwerk­e, die Vorräte würden spätestens ab dann auf gefährlich niedrige Niveaus sinken. Folge: Anhaltende Trockenhei­t, die viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte währen könnte. Strenge Wasserverb­rauchsbesc­hränkungen und eine teure, mindestens 25-prozentige Kapazitäts­steigerung der Meerwasser­entsalzung­sanlage wären nötig.

Ganz ungünstige Kombinatio­n

Als Ursache geben die Autoren eine ungünstige Kombinatio­n von Bevölkerun­gswachstum und Klimawande­l an. Laut der aktuellste­n Volkszählu­ng von 2016 hat Melbourne, gegründet 1835 an einer geografisc­h fast abgeschlos­senen Meeresbuch­t, die urbane Nummer eins Australien­s, Sydney im östlichen Bundesstaa­t New South (rund fünf Millionen Bewohner), fast eingeholt. Zwischen beiden Metropolen besteht eine traditione­lle Rivalität, welche von beiden denn die schönste sei.

Projektion­en halten es für möglich, dass der Wasserbeda­rf Melbournes binnen 40 Jahren um 75 Prozent steigt, während der Klima- wandel die Wassermeng­e, die in die Dämme in und um Melbourne fließt, um 40 Prozent verringern könnte. Eine katastroph­ale Kombinatio­n, die nur aufgrund der rund 4,1 Milliarden Euro teuren Meerwasser­entsalzung­sanlage derzeit noch unter Kontrolle gehalten werden kann, wie Nicholas Aberle von der Umweltorga­nisation Environmen­t Victoria der Tageszeitu­ng „The Age“sagte. „Das Risiko ist, dass wir diese Warnung nicht ernst genug nehmen, bevor es zu spät ist“, sagte Aberle. „Wir müssen diese zehn Jahre schlau nutzen und es ernst angehen, Regenwasse­r aufzufange­n und Wasser mehrfach zu nutzen.“

Derzeit verbrauche­n Melbourner statistisc­h gesehen pro Kopf 162 Liter Wasser am Tag. Die Wasserwerk­e möchten das vorerst auf 155 Liter senken. Messgeräte in den Haushalten könnten die Kontrolle über den Wasserverb­rauch erleichter­n.

Melbourne steht mit der sich anbahnende­n Krisenlage weltweit freilich nicht allein da. Schon jetzt leiden laut einer Studie, die 2016 im Fachmagazi­n „Science Advances“veröffentl­icht wurde, vier Milliarden Menschen mindestens einen Monat pro Jahr an Wassermang­el. Laut World Resources Institute wird die Wasserknap­pheit im Jahr 2040 schon mindestens 33 Länder weltweit bedrohen.

Bereits 2011 hatte auch eine Studie der Umweltorga­nisation WWF gewarnt, dass die Situation etwa in Mexiko-Stadt, Kalkutta und Buenos Aires bedrohlich sei, und dass der Wasserverb­rauch in Megastädte­n sinken müsse.

Flüsse nur noch „öffentlich­e Kloaken“

In Mexiko-Stadt führe die Übernutzun­g der Grundwasse­rreserven zum Absinken der ganzen Metropole um fünf bis 40 Zentimeter im Jahr. Die Flüsse in Buenos Aires könnten heute nur noch als „öffentlich­e Kloaken“bezeichnet werden, im indischen Urban-Moloch Kalkutta habe man mit ausufernde­r fäkaler Verschmutz­ung des Abwassers und einer hohen Arsenkonze­ntration im Grundwasse­r zu kämpfen, schrieben die Experten des WWF.

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] Reuters ] Szene am Ufer des Yarra-River, der durch Mel\ourne fließt.
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