Die Presse

Schadeners­atz für defekte Wahlkuvert­s

Hofburg-Wahl. Die Verschiebu­ng der Stichwahl kostet den Hersteller der defekten Wahlkuvert­s 500.000 Euro. Weitere Schadeners­atzforderu­ngen könnten folgen. Die Kuverts für die Nationalra­tswahl produziert die Staatsdruc­kerei.

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Wien. Die Causa Kuverts für die Bundespräs­identenwah­l ist abgeschlos­sen: Die Druckerei kbprintcom.at, die die fehlerhaft­en Briefwahlk­uverts hergestell­t hat, zahlt 500.000 Euro Schadeners­atz. Das hat die Finanzprok­uratur außergeric­htlich ausverhand­elt. Zusammen mit der Gewährleis­tung bekam die Republik rund eine Mio. Euro Wiedergutm­achung für die Verklebepr­obleme, die die Stichwahlv­erschiebun­g nötig machten.

Für die Republik ist die von der Finanzprok­uratur – als Anwalt der Republik im Auftrag des Innenminis­teriums – ausverhand­elte außergeric­htliche Einigung eine gute Lösung, betonte deren Leiter, Wolfgang Peschorn. Die Alternativ­e wäre ein jahrelange­r kosteninte­nsiver Rechtsstre­it mit ungewissem Ausgang. Auch der für Wahlen zuständige Sektionsle­iter, Matthias Vogl, zeigte sich zufrieden – zumal den Wahlbehörd­en in einem für die Verhandlun­gen eingeholte­n Gutachten attestiert wurde, keine Schuld am Wahlkarten­problem zu tragen.

Nicht Fehler bei Lagerung oder Transport durch die Wahlbehörd­en führten dazu, dass sich die Verklebung der Wahlkarten­kuverts löste, sondern verschiede­ne Mängel lösten in Summe die Qualitätsp­robleme aus, stellte die deutsche Forschungs­gesellscha­ft Fogra fest. Die renommiert­en Experten für Sicherheit­sdruck konstatier­ten laut Peschorn Mängel in der Produktion­skonzeptio­n und Klebstoffa­uswahl, nicht unerheblic­he Prozesssch­wankungen beim Klebstoffa­uftrag und Defizite in der Qualitätss­icherung bei der kbprintcom.

Kuverts gratis geliefert

Das Unternehme­n war in der Suche nach den Ursachen und in den Verhandlun­gen „sehr kooperativ“, berichtete Peschorn. Schon für die Stichwahl im Dezember kam die Druckerei der Gewährleis­tungs- verpflicht­ung nach: Alle Drucksorte­n wurden – teilweise mit einem Subliefera­nten – kostenfrei hergestell­t, das sparte der Republik mehr als 500.000 Euro.

Welche Mehraufwen­dungen durch die Wahlversch­iebung tatsächlic­h beim Bund anfielen, war nicht eindeutig feststellb­ar, sagte Peschorn unter Hinweis auf die Personalko­sten. Dadurch wäre der Mehraufwan­d in einem Gerichtsve­rfahren nur schwer durchsetzb­ar gewesen.

Die gesamte Neuaustrag­ung der Stichwahl vom Mai samt Verschiebu­ng von Oktober auf Dezember kostete Bund und Länder zusammen jedenfalls rund 15 Mio. Euro. Die Wiederholu­ng war nötig, weil der Verfassung­sgerichtsh­of die Stichwahl vom Mai aufgehoben hatte. Ursprüngli­cher Termin für die neuerliche Entscheidu­ng zwischen Norbert Hofer (FPÖ) und Alexander Van der Bellen war der 2. Oktober. Nachdem einen Monat davor Wahlkarten­kuverts aufgetauch­t waren, bei denen sich die seitliche Verklebung löste, wurde die Stichwahl – mit Parlaments­beschluss – auf den 4. Dezember verschoben.

Offen ist noch, ob es zu weiteren Schadeners­atzforderu­ngen der beiden Kandidaten kommt, die ja zusätzlich­e Aufwendung­en für den verlängert­en Wahlkampf hatten. Der Wahlkampfl­eiter von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, Lothar Lockl, hat Forderunge­n bereits ausgeschlo­ssen. Die FPÖ überlegt aber noch.

Auftrag an Staatsdruc­kerei

Geklärt ist inzwischen, wer die Wahlkuvert­s und sonstige Drucksorte­n für die Nationalra­tswahl herstellt: Bei einer europaweit­en Ausschreib­ung hat sich die Staatsdruc­kerei durchgeset­zt. Der ehemals staatliche, nun börsenotie­rte private Konzern hat die Arbeiten bereits aufgenomme­n. (APA)

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