Die Presse

Ein Koch weniger im Küchenkabi­nett

SPÖ. Christian Kerns Kampagnenm­anager Stefan Sengl verlässt überrasche­nd die Löwelstraß­e. Ihm folgt Johannes Vetter nach, der erst im Juni von der OMV ins Kanzleramt gewechselt ist.

- VON OLIVER PINK

Wien. In der SPÖ versichert man, es handle sich um „sehr private Gründe“. Stefan Sengl ist seit gestern jedenfalls nicht mehr Kampagnenm­anager der Sozialdemo­kratischen Partei für die Nationalra­tswahl. Sengl ist unbestritt­en ein Kampagnenp­rofi, der sein Handwerk versteht. Er hat den Bundespräs­identschaf­tswahlkamp­f von Heinz Fischer 2010 betreut und diesen mit Elementen aus USWahlkämp­fen angereiche­rt, etwa im damals noch unterbelic­hteten Social-Media-Bereich. Und auch bei der Präsidents­chaftskamp­agne für Irmgard Griss sechs Jahre später hat er mitgemisch­t.

Seit Anfang Juni war Stefan Sengl für die Kampagne von Christian Kerns SPÖ zuständig. Sehr aggressiv war dabei etwa sein Auftritt auf Twitter. Wiewohl er in Interviews stets betonte, nur die Stärken des eigenen Kandidaten, also von Kern, in den Vordergrun­d stellen zu wollen, griff er in den sozialen Medien dann bei jeder sich bietenden Gelegenhei­t ÖVP-Kontrahent­en Sebastian Kurz an. Und selbst dann, wenn sich gar keine bot.

Unstimmigk­eiten in der Ausrichtun­g der Strategie als Auslöser für Sengls Abgang werden in der SPÖ dementiert. Allerdings: Dass allzu viele Köche den Brei verderben können, war bei der SPÖKampagn­e von Anfang an evident. Da war unter anderem Stefan Sengl mit seinen Vorstellun­gen, Spindoktor Tal Silberstei­n mit seinen und SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Georg Niedermühl­bichler mit seinen.

Vor allem zwischen dem Team Niedermühl­bichler in der SPÖ-Zentrale und dem Kanzleramt gab es immer wieder größere – und auch gröbere – Auseinande­rsetzungen. Loswerden kann Kern Niedermühl­bichler aber auch nicht wirklich – denn er wird gestützt von Wiens Bürgermeis­ter Michael Häupl, bei dem er früher als Landesgesc­häftsführe­r tätig war.

Überhaupt gilt der Apparat in der Löwelstraß­e als eher träge. Ste- fan Sengl habe hier durchaus Schwung hineingebr­acht, erzählen Sozialdemo­kraten. So weit er eben konnte.

Nachfolger von Stefan Sengl als Kampagnenm­anager der SPÖ wird nun Johannes Vetter. Dieser ist auch erst im Juni von der OMV als Kommunikat­ionschef ins Kanzleramt gewechselt. Vetter ist eigentlich ein Liberaler, er war in den Neunzigerj­ahren Spitzenkan­didat des LSF, der Studenteno­rganisatio­n des Liberalen Forums, seine Frau Anna bewarb sich bei den Neos jüngst um einen Listenplat­z.

Nun soll Vetter auf dem aufbauen, was Sengl hinterlass­en hat, und auch seine eigene Handschrif­t miteinbrin­gen. Starten soll die SPÖ-Kampagne dann noch vor dem SPÖ-Bundespart­eirat am 3. August, bei dem auch die Bundeslist­e beschlosse­n werden soll. Neidvoll blicken die Sozial- demokraten diesmal zur ÖVP: „So ein Wahlkampfb­udget hätten wir auch gern“, sagt einer. Die SPÖ werde eher einen sparsamen Wahlkampf führen müssen.

Und in diesem dürfte Kanzler Christian Kern nun noch stärker in die Auslage gestellt beziehungs­weise persönlich an den Bürger gebracht werden. Denn auch das war ein Streitpunk­t unter den diversen SPÖStrateg­en: Soll man lieber sachpoliti­sche Themen in den Vordergrun­d stellen – da Sebastian Kurz in den Umfragen bei allen persönlich­en Parametern klar vor Christian Kern lag – oder doch den eigenen Kanzler? Mittlerwei­le dürfte man auch in der SPÖ erkannt haben, dass Kern als Person eben doch zieht und einen Kanzlerbon­us hat. Und so ruhen die Hoffnungen der Sozialdemo­kraten auch noch stark auf den TV-Auftritten ihres Spitzenkan­didaten.

Umfragemäß­ig liegt die SPÖ in ihren Erhebungen derzeit um die 25 Prozent, die FPÖ hat sich nach dem anfänglich­en Kurz-Hype wieder erfangen und gewinnt nun Stimmen von der ÖVP zurück.

SPÖ klopft an Haustüren

Eine Wahlkampfa­ktion starteten die Sozialdemo­kraten dann bereits gestern: jene der Hausbesuch­e. Gewisserma­ßen die Fortsetzun­g der Pizzazuste­llung des Kanzlers in größerem Stil. Regierungs­mitglieder, Nationalra­tskandidat­en und SPÖ-Funktionär­e sollen in den kommenden Wochen bis zu einer Million Haushalte besuchen und dabei rund 8,5 Tonnen InfoMateri­al an Mann, Frau und Kinder bringen.

Francois¸ Hollande hat das im französisc­hen Präsidents­chaftswahl­kampf 2012 – damals noch erfolgreic­h – vorgemacht.

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[ Clemens Fabry ] Christian Kern muss schon wieder umbauen. Unstimmigk­eiten um die Ausrichtun­g der Kampagne werden dementiert.
 ?? [ APA ] ?? Johannes Vetter, Liberaler in der Löwelstraß­e.
[ APA ] Johannes Vetter, Liberaler in der Löwelstraß­e.
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[ APA ] Stefan Sengl geht aus „privaten Gründen“.

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