EU als Qualitätsinspektorin
Lebensmittel. Osteuropäer kritisieren, dass Konzerne im Westen bessere Waren verkaufen, und fordern Brüssel zum Handeln auf.
Brüssel. „Diese Angelegenheit ist nicht lächerlich“– mit diesen Worten verteidigte Robert Fico seinen Einsatz für einheitliche Produktqualität. Der slowakische Ministerpräsident war am gestrigen Donnerstag nach Brüssel gekommen, um bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mehr Einsatz – sprich konkrete Gesetzesinitiativen – einzufordern. Diesbezüglich kam ihm der Chef der Brüsseler Behörde zumindest nicht entgegen: Juncker wollte gestern Gesetzesänderungen auf EU-Ebene nicht ausschließen, doch neue Vorschriften seien für ihn keine Priorität – vielmehr wolle man auf Basis der bestehenden Richtlinien zur Nahrungsmittelsicherheit nach Lösungsmöglichkeiten suchen.
Butter statt Palmöl
Schon seit Jahren beklagen sich die Ost- und Südosteuropäer darüber, dass westliche Konsumartikelproduzenten in den postkommunistischen Mitgliedstaaten der EU andere, billigere Zutaten verwenden, ihre Produkte aber um denselben Preis verkaufen. Bis dato verteidigten sich die Konzerne damit, dass sie lediglich auf die regionalen Geschmacksgewohnheiten Rücksicht nehmen und ihre Lebensmittel entsprechend anders zubereiten würden. In Österreich leistete zuletzt Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) den Produzenten mit den Worten „Ich habe in Tschechien schon Manner-Schnitten gegessen, die schmecken ganz hervorragend“Schützenhilfe.
Dass an den osteuropäischen Vorwürfen etwas Wahres dran sein könnte, bestätigte indirekt der deutsche Keksproduzent Bahlsen: „Wir nehmen wahr, dass einer der Bestandteile des Globalisierungsprozesses die stets steigende Erwartung gegenüber Herstellern ist, dass Produkte – unabhängig davon, auf welchem Markt sie zugänglich sind – demselben Standard entsprechen“, teilte das Unternehmen mit und kündigte an, für seine in Polen produzierten Butterkekse nicht mehr wie bisher Palmöl, sondern Butter zu verwenden, wie dies beispielsweise in Deutschland der Fall ist. Man wol- le damit „dem Wunsch der Konsumenten nachkommen“.
Ob eine freiwillige Umstellung den Osteuropäern reichen wird, ist fraglich. In einer im Auftrag der tschechischen Regierung durchgeführten Studie wurden bei einer Vielzahl von Produkten – von Nutella über Fischstäbchen bis hin zu Chips – teilweise stark unterschiedliche Zusammensetzungen ermittelt. Vor wenigen Tagen stellte der slowakische Premier der EU ein Ultimatum: Sollte Brüssel bis Ende September keine Lösungsvorschläge anbieten, werde man die Angelegenheit in die eigenen Hände nehmen – und beispielsweise slowakische Behörden anweisen, in ihren Kantinen keine westlichen Lebensmittel mehr anzubieten, drohte Fico.