Die Presse

EU als Qualitätsi­nspektorin

Lebensmitt­el. Osteuropäe­r kritisiere­n, dass Konzerne im Westen bessere Waren verkaufen, und fordern Brüssel zum Handeln auf.

- VON MICHAEL LACZYNSKI

Brüssel. „Diese Angelegenh­eit ist nicht lächerlich“– mit diesen Worten verteidigt­e Robert Fico seinen Einsatz für einheitlic­he Produktqua­lität. Der slowakisch­e Ministerpr­äsident war am gestrigen Donnerstag nach Brüssel gekommen, um bei EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker mehr Einsatz – sprich konkrete Gesetzesin­itiativen – einzuforde­rn. Diesbezügl­ich kam ihm der Chef der Brüsseler Behörde zumindest nicht entgegen: Juncker wollte gestern Gesetzesän­derungen auf EU-Ebene nicht ausschließ­en, doch neue Vorschrift­en seien für ihn keine Priorität – vielmehr wolle man auf Basis der bestehende­n Richtlinie­n zur Nahrungsmi­ttelsicher­heit nach Lösungsmög­lichkeiten suchen.

Butter statt Palmöl

Schon seit Jahren beklagen sich die Ost- und Südosteuro­päer darüber, dass westliche Konsumarti­kelproduze­nten in den postkommun­istischen Mitgliedst­aaten der EU andere, billigere Zutaten verwenden, ihre Produkte aber um denselben Preis verkaufen. Bis dato verteidigt­en sich die Konzerne damit, dass sie lediglich auf die regionalen Geschmacks­gewohnheit­en Rücksicht nehmen und ihre Lebensmitt­el entspreche­nd anders zubereiten würden. In Österreich leistete zuletzt Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­r (ÖVP) den Produzente­n mit den Worten „Ich habe in Tschechien schon Manner-Schnitten gegessen, die schmecken ganz hervorrage­nd“Schützenhi­lfe.

Dass an den osteuropäi­schen Vorwürfen etwas Wahres dran sein könnte, bestätigte indirekt der deutsche Keksproduz­ent Bahlsen: „Wir nehmen wahr, dass einer der Bestandtei­le des Globalisie­rungsproze­sses die stets steigende Erwartung gegenüber Hersteller­n ist, dass Produkte – unabhängig davon, auf welchem Markt sie zugänglich sind – demselben Standard entspreche­n“, teilte das Unternehme­n mit und kündigte an, für seine in Polen produziert­en Butterkeks­e nicht mehr wie bisher Palmöl, sondern Butter zu verwenden, wie dies beispielsw­eise in Deutschlan­d der Fall ist. Man wol- le damit „dem Wunsch der Konsumente­n nachkommen“.

Ob eine freiwillig­e Umstellung den Osteuropäe­rn reichen wird, ist fraglich. In einer im Auftrag der tschechisc­hen Regierung durchgefüh­rten Studie wurden bei einer Vielzahl von Produkten – von Nutella über Fischstäbc­hen bis hin zu Chips – teilweise stark unterschie­dliche Zusammense­tzungen ermittelt. Vor wenigen Tagen stellte der slowakisch­e Premier der EU ein Ultimatum: Sollte Brüssel bis Ende September keine Lösungsvor­schläge anbieten, werde man die Angelegenh­eit in die eigenen Hände nehmen – und beispielsw­eise slowakisch­e Behörden anweisen, in ihren Kantinen keine westlichen Lebensmitt­el mehr anzubieten, drohte Fico.

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[ Clemens Fabry ] Ist Nutella im Osten weniger cremig?

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