Junger Aufputz nach dem Abgesang
Mariahilfer Straße. Mit Urban Outfitters kommt wieder eine neue Kette nach Wien, die alles anders machen will. Die Probleme auf der Mariahilfer Straße sind damit noch nicht gelöst.
Wien. Auf der Mariahilfer Straße ist wieder etwas los, aber noch nicht gleich. Noch müssen die zwei jungen Männer an der Eingangstür an der Nummer 38–40 (die frühere Betten-Reiter-Filiale) im Minutentakt potenzielle Kundschaft (oder zumindest Neugierige) abwehren. Noch ist nicht richtig geöffnet, erst ab Freitag könne man hier bei Urban Outfitters einkaufen. Die USKette eröffnet in Wien ihr erstes Geschäft. Es gibt Gewand – Streetwear-Markenkleidung, in mitunter kreativen Kombis. Bilder zeigen, wie man das momentan offenbar trägt: Männer in Jeans, den Bund weit hochgezogen, mit Gürtel zugeschnürt. Dazu Leiberln, eingesteckt natürlich, mit nostalgischem Blumendruck.
In erster Linie also verkauft Urban Outfitters Gewand, aber es gibt auch Interieur-Accessoires, Kosmetika, Bücher („The Avocado Cookbook“, „Queer there and everywhere“) zum Beispiel, Vinyl (Spice Girls bis „Star Wars“-Soundtrack), Polaroidkameras, VintagePlattenspieler, Atari FlashbackConsolen, Linsen zum Aufs-Handy-Stecken für Instagram-Fotos.
Man könnte es als wahr gewordenen Hipster-Traum bezeichnen, Stefan Laban, Chef von Urban Outfitters (UO) International, spricht von einem Mini Department Store. „Wir haben lauter coole Sachen für unsere Zielgruppe, das sind 18- bis 25-Jährige.“UO hatte Österreich, und da natürlich Wien, schon lan- ge auf der Karte, aber die Suche nach einer geeigneten Immobilie habe dann mehr als zweieinhalb Jahre gedauert. „In Wien sind Kunden sehr gut informiert, sehr auf Trends bedacht“, erklärt Laban, warum die Stadt so interessant sei. Das wisse man aus dem Onlinehandel, dort konnte man schon lange bestellen. Nun soll Wien, neben London und Barcelona, ein dritter Flagshipstore in Europa sein. Dass der auf der Mariahilfer Straße sein müsse, sei klar gewesen: Die Innenstadt sei zu teuer, „und hier sind unsere Kunden, hier sind die Jungen“, so Laban.
Auf der Mariahilfer Straße tut sich also etwas – und Urban Outfitters ist nicht die einzige große Neueröffnung. Im Oktober soll in dem Haus, in dem einst Slama war, bis es jahrelang leer stand, Nike eröffnen. Der Sportartikelanbieter sei einer von drei neuen Mietern, heißt es vom Eigentümer des Hauses, der Wiener Ärztekammer.
Ist damit die Zeit der großen Leerstände, der Abgesänge auf die Straße, der vielen Textilhändler, die von hier abziehen, vorbei? Nicht ganz. In Sichtweite des neuen Urban Outfitters, an der Hausnummer 47, steht eine der größten Verkaufsflächen dieser Straße, und damit eine der prominentesten Einkaufslagen der Stadt, nun schon seit mehr als einem halben Jahr leer. Seit der Billigstkleiderhändler Forever 21 hier zugesperrt hat, ist nicht viel passiert. Die zuständige Immobilienfirma will keine Auskünfte geben, auf der Website von M& A Real Consult steht die Liegenschaft als Top-Objekt: 15.500 Quadratmeter, Retail, Residential, Office. Forever 21 reiht sich in eine Liste von geschlossenen Geschäften. Unweit davon, an der Ecke zur Zollergasse, an der zuvor Max Shoes war, steht ebenfalls ein Geschäft leer, an der Fassade klebt das „Zu vermieten“-Plakat der Immobilienfirma. Weiter die Straße hinauf, auf Nummer 74, ist beispielsweise das Modegeschäft Springfield leer geräumt, auch nebenan läuft ein Räumungsverkauf.
Gewand verkaufen reicht nicht
Ein gewisser Leerstand sei normal, und man könne diese Entwicklungen nicht allein der Straße anlasten, heißt es dazu aus der Wirtschaftskammer. Auch nicht das Problem, das der Textilhandel generell hat, sprich Online-Konkurrenz, die Umsatz abzieht. Urban Outfitters geht einen anderen Weg. Da die Marke aus dem Ausland und dem Internet schon bekannt ist, sei es wichtig, hier Präsenz zu zeigen, erklärt Laban, warum seine jungen Kunden, klassische Onlineshopper, hier im Geschäft kaufen sollen. „In den USA macht UO 35 Prozent des Umsatzes online, es wird nicht mehr getrennt zwischen online und stationär. Retail ist Retail.“Bloß, man müsse sich mehr einfallen lassen, als bloß Gewand zu verkaufen.