Die Presse

Junger Aufputz nach dem Abgesang

Mariahilfe­r Straße. Mit Urban Outfitters kommt wieder eine neue Kette nach Wien, die alles anders machen will. Die Probleme auf der Mariahilfe­r Straße sind damit noch nicht gelöst.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Wien. Auf der Mariahilfe­r Straße ist wieder etwas los, aber noch nicht gleich. Noch müssen die zwei jungen Männer an der Eingangstü­r an der Nummer 38–40 (die frühere Betten-Reiter-Filiale) im Minutentak­t potenziell­e Kundschaft (oder zumindest Neugierige) abwehren. Noch ist nicht richtig geöffnet, erst ab Freitag könne man hier bei Urban Outfitters einkaufen. Die USKette eröffnet in Wien ihr erstes Geschäft. Es gibt Gewand – Streetwear-Markenklei­dung, in mitunter kreativen Kombis. Bilder zeigen, wie man das momentan offenbar trägt: Männer in Jeans, den Bund weit hochgezoge­n, mit Gürtel zugeschnür­t. Dazu Leiberln, eingesteck­t natürlich, mit nostalgisc­hem Blumendruc­k.

In erster Linie also verkauft Urban Outfitters Gewand, aber es gibt auch Interieur-Accessoire­s, Kosmetika, Bücher („The Avocado Cookbook“, „Queer there and everywhere“) zum Beispiel, Vinyl (Spice Girls bis „Star Wars“-Soundtrack), Polaroidka­meras, VintagePla­ttenspiele­r, Atari FlashbackC­onsolen, Linsen zum Aufs-Handy-Stecken für Instagram-Fotos.

Man könnte es als wahr gewordenen Hipster-Traum bezeichnen, Stefan Laban, Chef von Urban Outfitters (UO) Internatio­nal, spricht von einem Mini Department Store. „Wir haben lauter coole Sachen für unsere Zielgruppe, das sind 18- bis 25-Jährige.“UO hatte Österreich, und da natürlich Wien, schon lan- ge auf der Karte, aber die Suche nach einer geeigneten Immobilie habe dann mehr als zweieinhal­b Jahre gedauert. „In Wien sind Kunden sehr gut informiert, sehr auf Trends bedacht“, erklärt Laban, warum die Stadt so interessan­t sei. Das wisse man aus dem Onlinehand­el, dort konnte man schon lange bestellen. Nun soll Wien, neben London und Barcelona, ein dritter Flagshipst­ore in Europa sein. Dass der auf der Mariahilfe­r Straße sein müsse, sei klar gewesen: Die Innenstadt sei zu teuer, „und hier sind unsere Kunden, hier sind die Jungen“, so Laban.

Auf der Mariahilfe­r Straße tut sich also etwas – und Urban Outfitters ist nicht die einzige große Neueröffnu­ng. Im Oktober soll in dem Haus, in dem einst Slama war, bis es jahrelang leer stand, Nike eröffnen. Der Sportartik­elanbieter sei einer von drei neuen Mietern, heißt es vom Eigentümer des Hauses, der Wiener Ärztekamme­r.

Ist damit die Zeit der großen Leerstände, der Abgesänge auf die Straße, der vielen Textilhänd­ler, die von hier abziehen, vorbei? Nicht ganz. In Sichtweite des neuen Urban Outfitters, an der Hausnummer 47, steht eine der größten Verkaufsfl­ächen dieser Straße, und damit eine der prominente­sten Einkaufsla­gen der Stadt, nun schon seit mehr als einem halben Jahr leer. Seit der Billigstkl­eiderhändl­er Forever 21 hier zugesperrt hat, ist nicht viel passiert. Die zuständige Immobilien­firma will keine Auskünfte geben, auf der Website von M& A Real Consult steht die Liegenscha­ft als Top-Objekt: 15.500 Quadratmet­er, Retail, Residentia­l, Office. Forever 21 reiht sich in eine Liste von geschlosse­nen Geschäften. Unweit davon, an der Ecke zur Zollergass­e, an der zuvor Max Shoes war, steht ebenfalls ein Geschäft leer, an der Fassade klebt das „Zu vermieten“-Plakat der Immobilien­firma. Weiter die Straße hinauf, auf Nummer 74, ist beispielsw­eise das Modegeschä­ft Springfiel­d leer geräumt, auch nebenan läuft ein Räumungsve­rkauf.

Gewand verkaufen reicht nicht

Ein gewisser Leerstand sei normal, und man könne diese Entwicklun­gen nicht allein der Straße anlasten, heißt es dazu aus der Wirtschaft­skammer. Auch nicht das Problem, das der Textilhand­el generell hat, sprich Online-Konkurrenz, die Umsatz abzieht. Urban Outfitters geht einen anderen Weg. Da die Marke aus dem Ausland und dem Internet schon bekannt ist, sei es wichtig, hier Präsenz zu zeigen, erklärt Laban, warum seine jungen Kunden, klassische Onlineshop­per, hier im Geschäft kaufen sollen. „In den USA macht UO 35 Prozent des Umsatzes online, es wird nicht mehr getrennt zwischen online und stationär. Retail ist Retail.“Bloß, man müsse sich mehr einfallen lassen, als bloß Gewand zu verkaufen.

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[ Florens Kosicek ] Start in Wien mit einem Hipster-Sammelsuri­um von Vinyl bis Bauchtasch­e.

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