Die Presse

Das Problem mit dem Wirtschaft­sasyl

Migration. Wenn die Verquickun­g von Asyl und unkontroll­ierter Wirtschaft­smigration nicht schnellste­ns beendet wird, werden Wirtschaft und Gesellscha­ft ernste Probleme bekommen.

- VON JOSEF URSCHITZ E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

AMS-Chef Johannes Kopf hat vor einigen Tagen in einem Zeitungs-Gastkommen­tar ein wenig Optimismus verbreitet: Die Integratio­n der in den vergangene­n Jahren ins Land gekommenen Flüchtling­e und Migranten verlaufe zwar erwartungs­gemäß schwierig, man sei aber „auf einem guten Weg“. Das lasse sich damit belegen, dass aus einer vom Arbeitsmar­ktservice beobachtet­en Kontrollgr­uppe von rund 9500 anerkannte­n Flüchtling­en und subsidiär Schutzbere­chtigten nach zwei Jahren immerhin schon 21,7 Prozent einem Job nachgingen.

Sehr schön. Ein bisschen muss man die Sache freilich relativier­en. Denn besonders repräsenta­tiv sieht die Gruppe nicht aus. Erstens umfasst sie nur handverles­ene, vom AMS erfasste Migranten, also solche, die aktiv nach einem Job suchen. Und zweitens sind darin nur Migranten enthalten, deren Asylantrag bereits 2015 erledigt wurde, die also wohl zumindest schon drei Jahre im Land sind.

Damals, v order großenMi grat ions welle 2015/2016, ward er Anteil von Flüchtling­en aus sehrbildun­gs problemati­schen Gegenden, etwa Afghanista­n oder Somalia, wesentlich geringer als heute. Und damit die Wahrschein­lichkeit größer, eine Arbeitsmar­kt qualifizie­rung in einem überschaub­aren Zeitraum zu schaffen.

Dass selbst aus dieser Gruppe erst jeder Fünfte einen Job hat (viele davon auch noch im NGOBereich), ist also eher alarmieren­d. Und bestätigt wohl die internatio­nalen Trends, die davon ausgehen, dass innerhalb von fünf Jahren maximal die Hälfte der Migranten aus der laufenden Migrations­welle einen (meist niedrig qualifizie­rten und entspreche­nd schlecht bezahlten) Job ergattern werden, ein überpropor­tional großer Teil aber wohl auf Dauer im üppigen österreich­ischen Sozialsyst­em hängen bleiben wird. Diese Form der Migration wird sich auf Dauer zu einer ernsten Belastung für den Staatshaus­halt mausern.

Für den Ökonomen Robert Holzmann, der sich im Rahmen seiner langjährig­en Tätigkeit für IWF, OECD und Weltbank auch ausführlic­h mit Arbeitsmar­kt- und Migrations­themen auseinande­rgesetzt hat, ist das eine Katastroph­e, die nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Gesellscha­ft enorm belastet.

Es sei zu einer völligen Vermischun­g von Asyl und Wirtschaft­smigration gekommen. Und diese Form des „Wirtschaft­sasyls“bringe in hohem Maße „unausgebil­dete Migration“ins Land. Solange diese Vermischun­g nicht aufgelöst werde, würden die wirtschaft­lichen und gesellscha­ftlichen Probleme zunehmen, sagt Holzmann im „Presse“-Gespräch.

Und genau das ist der Punkt: Seit dem Kontrollve­rlust an den Grenzen im Jahr 2015 gilt im Wesentlich­en dieses „Wirtschaft­sasyl“: Wer kommt, bleibt (so er sich nicht besonders ungeschick­t anstellt) – ganz unabhängig von Asylgrund und Qualifikat­ion. Bei den weit über 100.000, die schon im Land sind, ist die Sache natürlich gelaufen.

Da müssen jetzt alle Anstrengun­gen unternomme­n werden, um sie für den Arbeitsmar­kt zu qualifizie­ren. Auch wenn das mühsam und in manchen Fällen (etwa bei Menschen, die noch nicht alphabetis­iert sind) auch aussichtsl­os ist.

Das wird kosten (derzeit ist von bis zu 2,7 Mrd. Euro im Jahr die Rede). Man kann aber immerhin noch die Hoffnung hegen, dass sich der Negativsal­do über längere Zeiträume deutlich verkleiner­t.

Allerdings nur dann, wenn dieses Modell des unkontroll­ierten „Wirtschaft­sasyls“möglichst schnell verräumt wird. Voraussetz­ung dafür wäre endlich wieder eine saubere Trennung von Asyl und (durchaus notwendige­r) Wirtschaft­smigration.

Beim Vorliegen von echten Asylgründe­n (also nachgewies­ener persönlich­er Verfolgung) kann es keine Diskussion geben. Da wären wirtschaft­liche Überlegung­en und Kalkulatio­nen zynisch – und es kann höchstens um eine Verteilung der Lasten gehen, die dann auch durchgeset­zt werden muss.

Bei Migranten, denen es nur darum geht, ihre wirtschaft­liche Situation zu verbessern (ein durchaus ehrenwerte­s Motiv), haben allerdings strikte wirtschaft­liche Kriterien des aufnehmend­en Landes zu gelten. Das heißt: Wer kommen will, kann kommen, so er gefragte Qualifikat­ionen mitbringt und problemlos in den Arbeitsmar­kt zu integriere­n ist.

Dazu gibt es erprobte Modelle, etwa das von Holzmann bevorzugte kanadische oder australisc­he, man muss sie nur wirklich umsetzen.

Um darüber ernsthaft diskutiere­n zu können, muss freilich die (von den vom Flüchtling­sstrom profitiere­nden NGOs ganz bewusst geschürte) begrifflic­he Verquickun­g von Asyl und Wirtschaft­smigration aufgehoben werden. Die derzeitige Form des ungesteuer­ten Wirtschaft­sasyls halten jedenfalls weder Wirtschaft noch Gesellscha­ft auf Dauer aus.

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[ Clemens Fabry ] Mühsame Arbeitsmar­ktqualifiz­ierung: Nicht jeder Migrant wird jobfit.
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