„Unfairer Wettbewerb“aus China
Investitionen. Chinesische Staatsfirmen drängen nach Osteuropa, EU-Länder fordern bereits Gegenmaßnahmen. Auch die Industriellenvereinigung schlägt Alarm.
Wien. Fast monatlich gibt es Meldungen über chinesische Staatsfirmen, die ihre Geschäfte in Osteuropa ausbauen. Besonders aktiv ist die staatliche chinesische Exim–Bank, die für diverse Projekte günstige Kredite vergibt. So finanziert die Exim-Bank in Serbien mit einem Kredit von über 270 Millionen Euro den Bau der ersten Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke. Der Vertrag wurde jüngst während eines Besuchs von serbischen Regierungsvertretern in Belgrad unterzeichnet.
Beim Bau einer neuen serbischen Autobahnstrecke westlich der Hauptstadt, Belgrad, kam die staatliche chinesische Baufirma China Communication Construction Company zum Zug. Das Projekt mit einem Wert von über 200 Millionen Euro wird wieder mit einem Kredit der chinesischen Staatsbank Exim-Bank finanziert. Auch Montenegro hat für den Bau einer Autobahnteilstrecke nördlich der Hauptstadt, Podgorica, einen Kredit bei der chinesischen Exim-Bank aufgenommen.
Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Osteuropäischen Medienberichten zufolge handelt es sich meist um günstige Kredite chinesischer Staatsbanken mit einer Laufzeit von mehreren Jahrzehnten. Bei den Konditionen konnten westeuropäische Banken nicht mithalten. Die Frage ist, ob es China bei solchen Aktivitäten überhaupt um einen wirtschaftlichen Ertrag oder vielmehr um politische Interessen geht.
Mehr Schutz gefordert
In Europa stehen derzeit zwei Regionen im Fokus der Chinesen: der Mittelmeerraum (so wurde der größte griechische Hafen, Piräus, an eine Reederei aus China verkauft) und Osteuropa. Neben Serbien haben sich die Chinesen bislang vor allem in Ungarn und Polen engagiert. Doch dabei dürfte es nicht bleiben. Ende 2016 kündigte die chinesische Regierung an, mit einem Fonds in den nächsten Jahren zehn Milliarden Euro in Mittel- und Osteuropa investieren zu wollen. Damit droht Österreichs starker Position in Bezug auf Direktinvestitionen in Osteuropa eine Schwächung.
Angesichts der immer stärker werdenden Aktivitäten der Chinesen schlägt nun die Industriellenvereinigung Alarm. Denn längst geht es nicht nur um eine schärfere Gangart der EU gegen Billigstahl aus China, sondern um die Frage, wie Österreich und Europa auf unfairen Wettbewerb durch chinesische Staatsbetriebe reagieren sollen.
„Für uns ist ein fairer Handel, der auch Spielregeln für ausländische Investitionen beinhaltet, ein wesentliches Anliegen“, sagt Michael Löwy, Bereichsleiter für Internationale Beziehungen in der Industriellenvereinigung, im „Presse“-Gespräch. Wenn ein Unternehmen aus einem bestimmten Land eine Investition tätige, müsse dieses Land auch für Investitionen im gleichen Sektor offen sein.
„Tatsächlich gibt es aber Märkte, die sich in diesem Sinne abschotten. Dazu zählt in manchen Bereichen China“, sagt Löwy. So können ausländische Unternehmen häufig nicht mehr als 49 Prozent an chinesischen Firmen halten. Falls die Reziprozität im Handel nicht gegeben sei, „sollte die EU und auch Österreich über Instrumente verfügen, diese Investitionen wie Beteiligungen und die Übernahme von Unternehmen zu stoppen“, fordert Löwy. Solche Überlegungen werden derzeit in der EU diskutiert – und „Österreich sollte sich diesen Bestrebungen grundsätzlich anschließen“, meint er. Konkret sollen europäische Firmen, die Weltmarktführer beziehungsweise technologielastig sind, in Zukunft vor chinesischen Übernahmen besser geschützt werden.
Deutschland, Frankreich als Vorreiter
Als Vorbild gelten hier die Wirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Italiens. Diese verlangen von der EU-Kommission ein entsprechendes Maßnahmenpaket. Demnach sollen strategische Investitionen aus Drittstaaten, in welchen EU-Investoren nur beschränkten Marktzugang genießen, unter Auflagen gestellt beziehungsweise untersagt werden.
Bislang haben sich in der EU vor allem Deutschlands Kanzlerin, Angelika Merkel, und Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron, für Reziprozität in Handels- und Investitionsfragen sowie für den Schutz strategischer Industriesektoren ausgesprochen.
Von Österreichs Politikern hingegen war zu diesem Thema bislang wenig zu hören.