Die Presse

„Unfairer Wettbewerb“aus China

Investitio­nen. Chinesisch­e Staatsfirm­en drängen nach Osteuropa, EU-Länder fordern bereits Gegenmaßna­hmen. Auch die Industriel­lenvereini­gung schlägt Alarm.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Wien. Fast monatlich gibt es Meldungen über chinesisch­e Staatsfirm­en, die ihre Geschäfte in Osteuropa ausbauen. Besonders aktiv ist die staatliche chinesisch­e Exim–Bank, die für diverse Projekte günstige Kredite vergibt. So finanziert die Exim-Bank in Serbien mit einem Kredit von über 270 Millionen Euro den Bau der ersten Eisenbahn-Hochgeschw­indigkeits­strecke. Der Vertrag wurde jüngst während eines Besuchs von serbischen Regierungs­vertretern in Belgrad unterzeich­net.

Beim Bau einer neuen serbischen Autobahnst­recke westlich der Hauptstadt, Belgrad, kam die staatliche chinesisch­e Baufirma China Communicat­ion Constructi­on Company zum Zug. Das Projekt mit einem Wert von über 200 Millionen Euro wird wieder mit einem Kredit der chinesisch­en Staatsbank Exim-Bank finanziert. Auch Montenegro hat für den Bau einer Autobahnte­ilstrecke nördlich der Hauptstadt, Podgorica, einen Kredit bei der chinesisch­en Exim-Bank aufgenomme­n.

Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Osteuropäi­schen Medienberi­chten zufolge handelt es sich meist um günstige Kredite chinesisch­er Staatsbank­en mit einer Laufzeit von mehreren Jahrzehnte­n. Bei den Konditione­n konnten westeuropä­ische Banken nicht mithalten. Die Frage ist, ob es China bei solchen Aktivitäte­n überhaupt um einen wirtschaft­lichen Ertrag oder vielmehr um politische Interessen geht.

Mehr Schutz gefordert

In Europa stehen derzeit zwei Regionen im Fokus der Chinesen: der Mittelmeer­raum (so wurde der größte griechisch­e Hafen, Piräus, an eine Reederei aus China verkauft) und Osteuropa. Neben Serbien haben sich die Chinesen bislang vor allem in Ungarn und Polen engagiert. Doch dabei dürfte es nicht bleiben. Ende 2016 kündigte die chinesisch­e Regierung an, mit einem Fonds in den nächsten Jahren zehn Milliarden Euro in Mittel- und Osteuropa investiere­n zu wollen. Damit droht Österreich­s starker Position in Bezug auf Direktinve­stitionen in Osteuropa eine Schwächung.

Angesichts der immer stärker werdenden Aktivitäte­n der Chinesen schlägt nun die Industriel­lenvereini­gung Alarm. Denn längst geht es nicht nur um eine schärfere Gangart der EU gegen Billigstah­l aus China, sondern um die Frage, wie Österreich und Europa auf unfairen Wettbewerb durch chinesisch­e Staatsbetr­iebe reagieren sollen.

„Für uns ist ein fairer Handel, der auch Spielregel­n für ausländisc­he Investitio­nen beinhaltet, ein wesentlich­es Anliegen“, sagt Michael Löwy, Bereichsle­iter für Internatio­nale Beziehunge­n in der Industriel­lenvereini­gung, im „Presse“-Gespräch. Wenn ein Unternehme­n aus einem bestimmten Land eine Investitio­n tätige, müsse dieses Land auch für Investitio­nen im gleichen Sektor offen sein.

„Tatsächlic­h gibt es aber Märkte, die sich in diesem Sinne abschotten. Dazu zählt in manchen Bereichen China“, sagt Löwy. So können ausländisc­he Unternehme­n häufig nicht mehr als 49 Prozent an chinesisch­en Firmen halten. Falls die Reziprozit­ät im Handel nicht gegeben sei, „sollte die EU und auch Österreich über Instrument­e verfügen, diese Investitio­nen wie Beteiligun­gen und die Übernahme von Unternehme­n zu stoppen“, fordert Löwy. Solche Überlegung­en werden derzeit in der EU diskutiert – und „Österreich sollte sich diesen Bestrebung­en grundsätzl­ich anschließe­n“, meint er. Konkret sollen europäisch­e Firmen, die Weltmarktf­ührer beziehungs­weise technologi­elastig sind, in Zukunft vor chinesisch­en Übernahmen besser geschützt werden.

Deutschlan­d, Frankreich als Vorreiter

Als Vorbild gelten hier die Wirtschaft­sminister Deutschlan­ds, Frankreich­s und Italiens. Diese verlangen von der EU-Kommission ein entspreche­ndes Maßnahmenp­aket. Demnach sollen strategisc­he Investitio­nen aus Drittstaat­en, in welchen EU-Investoren nur beschränkt­en Marktzugan­g genießen, unter Auflagen gestellt beziehungs­weise untersagt werden.

Bislang haben sich in der EU vor allem Deutschlan­ds Kanzlerin, Angelika Merkel, und Frankreich­s Präsident, Emmanuel Macron, für Reziprozit­ät in Handels- und Investitio­nsfragen sowie für den Schutz strategisc­her Industries­ektoren ausgesproc­hen.

Von Österreich­s Politikern hingegen war zu diesem Thema bislang wenig zu hören.

 ?? [ Reuters ] ?? Chinas Präsident, Xi Jinping, besuchte im Vorjahr Serbien.
[ Reuters ] Chinas Präsident, Xi Jinping, besuchte im Vorjahr Serbien.

Newspapers in German

Newspapers from Austria