Die Presse

Frauenzähm­ung vor dem VW-Bus

Shakespear­e im Park. „Der Widerspens­tigen Zähmung“im Flower-Power-Look: mau.

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„There’s a reason why I’m feeling so high“– zur Musik der Bellamy Brothers laufen die Darsteller auf die Bühne, also den Rasen vor dem Schloss Pötzleinsd­orf, und tanzen vor der Kulisse, die Shakespear­es „Der Widerspens­tigen Zähmung“aufpeppen soll: Ein roter Campingbus, ein Zelt, eine Blümchenti­schdecke, die Darsteller tragen Lederfrans­en und 70er-JahreHemde­n. Das war’s aber auch schon mit der Flower Power, die hier mehr übergestül­ptes Gimmick als glaubhafte­s Setting bleibt.

Denn konsequent ist die Inszenieru­ng nicht, operiert wird weiterhin in Padua, die Figuren reden von Gütern und Frachtschi­ffen, dabei trinken sie Dosenbier, und während man das Stück durchaus um ein paar (nicht gerade zur Ausstattun­g passende) Späße erweitert hat, wird kein ernsthafte­r Interpreta­tionswille ersichtlic­h. Das verwundert, gilt das Drama doch als „Problemstü­ck“, das bei großen Aufführung­en immer wieder für Debatten sorgt: Ist die Erzählung über eine „widerspens­tige“(oder: selbstbewu­sste) Frau, die von ihrem Mann – mithilfe von List und Lüge – „gezähmt“(oder: unterworfe­n) wird, frauenfein­dlich? Oder, im Gegenteil, eine Satire auf männlich-chauvinist­isches Verhalten?

Die Pötzleinsd­orfer Inszenieru­ng begnügt sich – bis zu einer kleinen ironischen Wende am Ende – damit, die Geschichte zu erzählen, leider eher schleppend. Weil der Lord Baptista seine viel umworbene Tochter Bianca (Dragana Weshmashin­a) nicht verheirate­n will, bevor auch die temperamen­tvolle Katharina (Claudia Kohlmann) unter der Haube ist, muss ein Mann gefunden werden, der sie zu kontrollie­ren weiß. Der Kandidat Petruccio (Jürgen Heigl) ist hier ein obszöner, ungestümer Flegel, der zur Hochzeit im Glöckchen-Tanga erscheint – der meistbelac­hte Komik-Moment im Stück.

Daneben gibt es Witze über männliche Potenz und Belustigun­g durch derben Klamauk. Die Szenen der „Zähmung“und die abschließe­nde Rede der „Gezähmten“, in der sie die Aufgaben einer Frau herunterbe­tet („schweigen, lieben, dienen“), vor dem Hintergrun­d eines VW-Busses lassen einen hingegen ratlos zurück – oder soll hier etwa angedeutet werden, dass die Jugend der 70er gar nicht so frei und von gesellscha­ftlichen Zwängen gelöst war, wie man annehmen würde? Höflicher Applaus. (kanu)

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