Die Presse

Auf Vernunft der Käufer ist nicht zu hoffen

- 1170 Wien

„Was hinter dem Kartellvor­wurf steckt“, von Jakob Zirm, 25. 7. Betriebswi­rtschaftli­ch ist es außerorden­tlich vernünftig, dass Hersteller das Einvernehm­en zur Beschränku­ng von Entwicklun­gszielen anstreben, solange es nicht gegen die bestmöglic­he Schonung der Umwelt gerichtet ist. Nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch ökonomisch sinnvoll.

Von den Entwicklun­gsabteilun­gen freiwillig­e Selbstkont­rolle zu verlangen, ist wohl zu viel verlangt. Entwicklun­g ist ja deren Existenzbe­rechtigung. Ein Wettbewerb unter Hersteller­n, ob ein Cabriodach noch bei 40 km/h oder nur bis 30 km/h während der Fahrt geöffnet werden kann, ist in jeder Hinsicht Vergeudung und dient gar nicht dem Endverbrau­cher.

Wir sind von einem technische­n Overkill umzingelt, der schon beim Smartphone beginnt, das mit Funktionen ausgestatt­et wird, deren Anwendunge­n erst künstlich geschaffen werden müssen. Wenn manche Entwicklun­gen nicht diskret gebremst würden und alle täten, was technisch machbar ist, könnten Automobile nie um den Preis angeboten werden, der durch „verschwöre­rische“Absprachen ermöglicht wird. Auf die Vernunft der Käufer ist wohl nicht zu hoffen. Wie viele nutzlose Tonnen SUV belasten die Infrastruk­tur in den Ballungsrä­umen?

Auch die Wettbewerb­shüter müssen ihre Existenz rechtferti­gen. Wer wird wohl eventuelle Strafen bezahlen? französisc­he the´atreˆ des hostilites,´ das spanische escenario de guerra, das polnische teatr wojny oder das deutsche Kriegsscha­uplatz geurteilt? Von der Antike an wurden schließlic­h am theatron´ vor allem dramatisch­e Aufführung­en geboten, die ohne Blut und Krieg nicht vorstellba­r sind.

Gar nicht politisch „entlarvend“ist übrigens operating theatre, was schlicht und einfach Operations­saal heißt.

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