Die Presse

Provokatio­n als Erfolgsrez­ept

Porträt. Tal Silberstei­n brachte einen umstritten­en Exberater der israelisch­en Rechten mit zur SPÖ: Moshe Klughaft. Dieser ist auch der Erfinder des Pizzavideo­s von Kanzler Christian Kern.

- VON SUSANNE KNAUL

Jerusalem/Wien. Die unfreiwill­ige Publicity behagt dem israelisch­en Berater Moshe Klughaft wenig. Seit Kurzem kursiert sein Name in Verbindung mit der Verhaftung von Tal Silberstei­n in der Berichters­tattung Österreich­s und Israels. Beide kommen aus Israel, beide gelten als führend in ihrem Beruf, und beide waren im Wahlkampft­eam von Christian Kern aktiv.

Seit Montag sitzt Silberstei­n in U-Haft, worauf die SPÖ das Arbeitsver­hältnis mit ihm gekündigt hat. Klughaft, gegen den keine Vorwürfe bestehen, gibt selbst keine Auskunft, ob auch er wegen der Affäre seinen Job in Wien eingebüßt hat. „Ich gebe keine Interviews über meine Klienten“, sagte er auf „Presse“-Anfrage. „Meine Arbeit findet hinter den Kulissen statt, daran wird sich nichts ändern.“

Moshe Klughaft gehört zu den gefragtest­en Wahlkampfb­eratern nicht nur in Israel. Dass die SPÖ auf die Dienste des gerade einmal 37-Jährigen zurückgrei­ft, mag an seiner erfolgreic­hen Arbeit für die rumänische­n Sozialdemo­kraten der PSD liegen. In einer Zeit, in der rechtspopu­listische Parteien auf dem Vormarsch sind, ist der PSD Ende 2016 mithilfe des israelisch­en PR-Experten ein Sieg mit riesigem Vorsprung gelungen.

Während Klughaft internatio­nal nur linke oder linksliber­ale Parteien berät, zeigt er sich in Israel weniger wählerisch mit seinen Kunden, zu denen linke Regierungs­kritiker einerseits und Leute wie der nationalre­ligiöse Naftali Bennett, Chef der in Israel als sehr rechts geltenden Siedlerpar­tei, anderersei­ts gehören. Und kürzlich auch der Kandidat für den Arbeiterpa­rtei-Vorsitz, Erel Margalit.

Klughafts berufliche­r Durchbruch begann mit seiner Kampagne für Reservesol­daten und Eltern, deren Kinder an der Front gefallen waren. Die Bürgerbewe­gung beauftragt­e Klughaft nach dem Libanon-Krieg 2006 mit einem Pro- testzug gegen den damals regierende­n Ehud Olmert, dem sie eine Serie von Versäumnis­sen vor und während des Krieges zum Vorwurf machte. Olmert seinerseit­s engagierte zur gleichen Zeit Tal Silberstei­n, Klughafts damals stärksten Konkurrent­en in der Branche. Kurze Zeit später platzierte das USWirtscha­ftsmagazin „Forbes“Silberstei­n als wichtigste­n Medienbera­ter Israels und Klughaft als den zweitwicht­igsten. 2013 vertauscht­en sie die Plätze, als die israelisch­e Wirtschaft­szeitung „Globes“Klughaft als den wichtigere­n der beiden Medienbera­ter einstufte.

Im Wiener Wahlkampft­eam arbeiteten die beiden langjährig­en Konkurrent­en zum ersten Mal Hand in Hand. EDK heißt das Unternehme­n von Klughaft, das Initialwor­t für Ejn Davar Kase, zu Deutsch: „So etwas gibt es gar nicht.“Ein Name, der so ungewöhnli­ch ist wie Klughafts Methoden. In einem Werbespot, der junge Leute zum Studium der Natur- wissenscha­ften motivieren soll, arbeitete Klughaft für Schimon Peres. Das Video wurde kurz vor dem Tod des früheren Staatspräs­identen aufgenomme­n. Es zeigt Peres in einer Schulklass­e, wie er ein Papierflug­zeug faltet und an die Tafel wirft. „Aus dir wird vielleicht doch noch etwas“, sagt die Lehrerin, als sie den Zettel liest, auf dem die richtige Lösung einer Matheaufga­be steht. Im österreich­ischen Wahlkampf ließ Klughaft mit ähnlicher Methode Kanzler Kern in die Rolle eines Pizzaboten schlüpfen.

Kampagnen auch skrupellos

Klughafts Kampagnen sind bisweilen etwas peinlich, skurril, sehr oft aber auch geschmackl­os und skrupellos. Damit erreicht er, worauf er abzielt: Aufmerksam­keit. Um einen Kunden bekannt zu machen, lockte er in Israel mit einer Reise ins Ausland, die jedem voll bezahlt werde, der bereit dazu sei, sich umzubenenn­en und offiziell mit dem Firmenname­n seines Kunden ins Einwohnerm­eldeamt eintragen zu lassen. 84 Leute kamen seinem Aufruf nach.

Besonders umstritten waren im Internet verbreitet­e Videospots, die namentlich linke israelisch­e Friedensak­tivisten als „ausländisc­he Agenten“entlarvten. Klughaft musste sich daraufhin Kritik anhören, er nutze Methoden wie einst Julius Streicher, Verleger des NSOrgans „Stürmer“. Egal, welches Ziel es zu vermarkten gilt, Klughaft geht seine Aufgabe stets mit voller Kraft an. Den nationalre­ligiösen Bennett ließ er in seiner Kampagne noch weiter nach rechts driften, dem Sozialdemo­kraten Margalit legte er das Motto „Die Linken kommen zurück“in den Mund. „Ein Slogan, der die Leute aufregt oder Widerstand weckt“, so erklärte Klughaft in einem Interview, das er vor neun Jahren dem Sender Arutz7 gab, „findet Widerhall in den Medien. Er erregt Aufmerksam­keit und bringt am Ende den gewünschte­n Erfolg.“

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Drehte nicht nur Kerns Pizza-Video, sondern auch eines mit Israels verstorben­em Präsidente­n Schimon Peres: Moshe Klughaft (re.).

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