Die Presse

„Burschensc­hafter kontrollie­ren FPÖ“

Buch. Ein rechtsextr­emer Kreis habe die Macht in der Partei übernommen und plane das auch für den Staat, so Autor Scharsach. Die FPÖ sieht ein „als Sachbuch getarntes Bashing“.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. „Ein rechtsextr­emer, demokratie- und verfassung­sfeindlich agierender Akademiker­klüngel hat die Freiheitli­che Partei Österreich­s (FPÖ) unterwande­rt, danach dominiert und zuletzt in Besitz genommen. Österreich­s Burschensc­haften, aus denen die schlimmste­n Nazi-Verbrecher, die brutalsten politische­n Gewaltverb­recher der Nachkriegs­zeit und zahlreiche rechtskräf­tig verurteilt­e Neonazis hervorgega­ngen sind, greifen nach der Macht.“

Zu diesem Schluss kommt der Autor Hans-Henning Scharsach in seinem neuen Buch „Stille Machtergre­ifung. Hofer, Strache und die Burschensc­haften“. In den Augen von Scharsach, der sich etwa schon in den Büchern „Haiders Kampf“oder „Strache. Im braunen Sumpf“kritisch mit dem dritten Lager auseinande­rgesetzt hatte, geht es den deutschnat­ionalen schlagende­n Verbindun- gen nicht nur um die Macht in der FPÖ. „In Wirklichke­it sind sie auf dem Sprung, die Macht in Österreich zu übernehmen“, glaubt Scharsach, der als Journalist unter anderem für den „Kurier“und „News“tätig war.

Seiner Meinung nach könnte bereits der Wahlkampf von FPÖ-Präsidents­chaftskand­idat Norbert Hofer im Vorjahr „den Weg bereitet haben für tiefgreife­nde Veränderun­gen mit unabsehbar­en Folgen für die Gesellscha­ftsordnung, das politische System sowie die wirtschaft­liche Entwicklun­g Österreich­s und der Europäisch­en Union“.

Die Burschensc­haften bezeichnet Scharsach als „völkisch-deutschnat­ionale Speerspitz­e der FPÖ“, die „Rassismus wieder zum Motor von Emotionali­sierung und Radikalisi­erung“gemacht habe. Mit Zahlen versucht er zu belegen, wie die Burschensc­hafter in der FPÖ das Szepter der Macht übernommen haben. Bundespart­eiobmann Heinz-Christian Strache und vier seiner fünf Stellvertr­eter sowie 20 von 33 Mitglieder­n des Parteivors­tandes seien völkisch Korporiert­e. Sechs von neun FPÖ-Landespart­eien seien von dieser Gruppierun­g dominiert. In Salzburg stehe zwar mit Marlene Svazek eine Frau an der Spitze: In Wirklichke­it spiele diese aber „eher die Rolle der Alibifrau für das Familienfo­to nach den Treffen der Landesvors­itzenden“, so Scharsach. Die wichtigen Entscheidu­ngen würden „die starken Männer“fällen, auch wenn sie offiziell hinter der Landespart­eichefin stehen.

Besonders streng geht der Autor mit Norbert Hofer ins Gericht. Dieser habe sich im Alter von 37 Jahren als Ehrenmitgl­ied in eine Burschensc­haft aufnehmen lassen. „Anders als die meisten anderen ist er nicht als Gymnasiast von Freunden oder Bekannten mitgenomme­n worden und war danach zu schwach, sich der national-völkischen Indoktrina­tion zu widersetze­n“, meint Scharsach. Der Dritte Nationalra­tspräsiden­t sei vielmehr als gebildeter Mann beigetrete­n. „Wer sich in Hofers Alter einer Burschensc­haft anschließt, weiß, was er tut.“

Kickl: Andere Netzwerke anschauen

FPÖ-Generalsek­retär Herbert Kickl ortet in dem neuen Buch von Scharsach „ein FPÖBashing, als Sachbuch getarnt“. Kickl empfiehlt dem Autor, besser einmal „die roten und schwarzen Netzwerke der Republik“aufzuarbei­ten. „Wie sieht das Netzwerk aus, mit dem der Bund Sozialisti­scher Akademiker maßgeblich­e Institutio­nen des Landes durchzieht?“, fragt Kickl. „Wer ist im Geflecht des ÖVP-Kartellver­bandes organisier­t?“Und „welche Promis aus Politik und Medien und Big Spendern sitzen mit wem in den verschiede­nen Logen dieses Landes zusammen“, so der FPÖ-Generalsek­retär in Richtung Scharsach.

Der Autor hingegen erklärt in seinem Buch, er würde nicht „gegen die FPÖ“schreiben, sondern „für die Erhaltung der demokratis­chen Kultur“. „Schon gar nicht schreibe ich ,gegen FPÖ-Wähler‘. Im Gegenteil: Ich schreibe für sie, weil ich erkannt habe, wie sehr sie durch zu ,Fake News‘ verharmlos­te Lügen in die Irre geführt werden.“

 ??  ?? Hans-Henning Scharsach: „Stille Machtergre­ifung“
Verlag Kremayr & Scheriau 240 Seiten, 22 Euro
Hans-Henning Scharsach: „Stille Machtergre­ifung“ Verlag Kremayr & Scheriau 240 Seiten, 22 Euro

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