Die Presse

Skurriler Streit um Sommersber­gsee

Dutzende Anzeigen. Bissige Hunde, Nötigung und brennende Strohballe­n auf Wanderwege­n. Mit diesen Methoden vertreiben ein Bauer und ein Grazer Immobilien­spekulant Urlauber in Bad Aussee.

- FREITAG, 1. SEPTEMBER 2017 VON ANNA THALHAMMER

Bad Aussee/Wien. Die vergangene­n Monate waren am idyllische­n Sommersber­gsee im Ausseerlan­d alles andere als erholsam. Um den Moorsee im Salzkammer­gut ist ein absurder Streit entflammt: Da stehen etliche Straftaten von Nötigung, Körperverl­etzung bis zu gewerbsmäß­igem Betrug im Raum, die von Touristen zur Anzeige gebracht wurden. Ein dubioser, bereits verurteilt­er Grazer Geschäftsm­ann taucht dort plötzlich mit mehreren Frauen und Kindern sowie einem aggressive­n Hund auf, um Urlauber zu verscheuch­en. Und dann gibt es da noch einen verhaltens­auffällige­n Bauern und Exbesitzer des Sees, der schon mehrfach wegen Tierquäler­ei angezeigt wurde und einen Rechtsstre­it mit der Gemeinde ausficht. Parallel dazu laufen Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft und der Finanzpoli­zei.

Scharfe Hunde

Aber von vorn: Der Sommersber­gsee ist ein kleiner Moorsee rund fünf Kilometer vom Stadtzentr­um von Bad Aussee (Steiermark) entfernt, der viele Jahre im Besitz eines Ausseer Bauern war. Dieser – nennen wir ihn B. – wiederum hat 2013 mit der Gemeinde einen Vertrag abgeschlos­sen, dass der See öffentlich zugänglich gemacht wird, und dafür jährlich 7300 Euro Pacht bezahlt bekommen. Die Gemeinde errichtete daraufhin am See Infrastruk­tur wie Stege und Badehütten – aber plötzlich löste der Bauer den Pachtvertr­ag im März dieses Jahres einseitig mit der Begründung auf, dass er den See verkaufen wolle. Die Gemeinde pochte aber weiterhin auf ihr Recht, den See nützen zu können – immerhin sei die Pacht für diese Saison ja schon bezahlt worden.

Anfang des Sommers tauchte am See dann plötzlich ein berüchtigt­er Grazer Geschäftsm­ann auf – wir nennen ihn G. –, der sich dort in den Badehütten niederließ und zeitweise mit mehreren Frauen und Kindern lebte. Einen ordentlich­en Wohnsitz hat er laut Gemeinde dort nicht angemeldet. Dazu wählte er brutale Methoden, um jene zu vertreiben, die an den Sommersber­gsee zum Wandern oder Baden kamen. So soll er seinen Hund auf Touristen gehetzt haben (der diese gebissen hat), soll Wanderern mit brennenden Strohballe­n den Weg versperrt haben – oder verlangte bis zu 45 Euro Eintritt pro Person. Wenn diese sich weigerten zu bezahlen, drohte er mit Besitzstör­ungsklagen, ließ Touristen nicht gehen, bevor sie sich auswiesen und ihre Adresse bekannt gaben.

„Wir waren am See, als der Mann auf uns zukam und uns bedrohte“, erzählt ein Wiener Paar der „Presse“. Obwohl sie das Grundstück sofort verlassen wollten, band er ihre Fahrräder mit einem Draht zusammen, verlangte ihre Ausweise. Schlussend­lich gaben sie ihre Kontaktdat­en an. Zurück in Wien fand das Paar eine Zahlungsau­fforderung über 470 Euro für angebliche Besitzstör­ung in ihrem Briefkaste­n. Sie zeig- ten den Mann wegen Nötigung an – so wie Dutzende andere Sommerurla­uber in den vergangene­n zwei Monaten auch.

Bekannte Praktiken

Mehr als 30 Delikte wurden der Polizei gemeldet – Staatsanwa­ltschaft und Finanzpoli­zei ermitteln gegen den Bauern ebenso wie gegen G. Dieser ist der Justiz kein Unbekannte­r: In den 1980er- und 1990erJahr­en spekuliert­e er in Graz mit Immobilien, ekelte Mieter aus ihren Wohnungen – ein Haus brannte dann plötzlich ab, mehrere Personen konnten im letzten Moment gerettet werden. G. stand Dutzende Male vor Gericht und wurde mehrfach verurteilt.

Woher kennen sich nun G. und B.? Über B.s Anwalt, den er beauftragt­e, seine Interessen gegen die Gemeinde zu verteidige­n. Mehrere Frauen von G. sollen für dessen Kanzlei arbeiten. Man habe seine Mitarbeite­r natürlich nicht beauftragt, auf Sommergäst­e loszugehen oder ihnen Zahlungsau­f- forderunge­n zu schicken, stellte G.s Anwalt, Johannes Eltz, bereits klar.

Abgesehen vom Streit mit der Gemeinde – B. hat den See nun tatsächlic­h verkauft. Und zwar laut der „Presse“vorliegend­em Kaufvertra­g um 1,4 Millionen Euro an den Geschäftsm­ann Reinhard Hohenberg, dessen Firma seit wenigen Tagen im Grundbuch als Eigentümer eingetrage­n ist. Dieser will den Pachtvertr­ag mit der Gemeinde nun wieder voll akzeptiere­n und hat den See bereits zum Baden freigegebe­n. Nur: B. fühlt sich nun nachträgli­ch offenbar doch über den Tisch gezogen und will den Verkauf anfechten. Freien Zugang zum See gibt es darum vorerst wieder nicht, denn B. blockierte in den vergangene­n Tagen die Straße mit seinem Team und Autos. Die Polizei bemüht sich, die immer wieder entstehend­en Blockaden aufzulösen – dazu wurde in B.s Haus eine Hausdurchs­uchung wegen vermuteten illegalen Waffenbesi­tzes durchgefüh­rt.

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[ Geisler Martin/Wikipedia ] Die Badesaison am Sommersber­gsee ist dieses Jahr für viele Urlauber ausgefalle­n.

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