Skurriler Streit um Sommersbergsee
Dutzende Anzeigen. Bissige Hunde, Nötigung und brennende Strohballen auf Wanderwegen. Mit diesen Methoden vertreiben ein Bauer und ein Grazer Immobilienspekulant Urlauber in Bad Aussee.
Bad Aussee/Wien. Die vergangenen Monate waren am idyllischen Sommersbergsee im Ausseerland alles andere als erholsam. Um den Moorsee im Salzkammergut ist ein absurder Streit entflammt: Da stehen etliche Straftaten von Nötigung, Körperverletzung bis zu gewerbsmäßigem Betrug im Raum, die von Touristen zur Anzeige gebracht wurden. Ein dubioser, bereits verurteilter Grazer Geschäftsmann taucht dort plötzlich mit mehreren Frauen und Kindern sowie einem aggressiven Hund auf, um Urlauber zu verscheuchen. Und dann gibt es da noch einen verhaltensauffälligen Bauern und Exbesitzer des Sees, der schon mehrfach wegen Tierquälerei angezeigt wurde und einen Rechtsstreit mit der Gemeinde ausficht. Parallel dazu laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Finanzpolizei.
Scharfe Hunde
Aber von vorn: Der Sommersbergsee ist ein kleiner Moorsee rund fünf Kilometer vom Stadtzentrum von Bad Aussee (Steiermark) entfernt, der viele Jahre im Besitz eines Ausseer Bauern war. Dieser – nennen wir ihn B. – wiederum hat 2013 mit der Gemeinde einen Vertrag abgeschlossen, dass der See öffentlich zugänglich gemacht wird, und dafür jährlich 7300 Euro Pacht bezahlt bekommen. Die Gemeinde errichtete daraufhin am See Infrastruktur wie Stege und Badehütten – aber plötzlich löste der Bauer den Pachtvertrag im März dieses Jahres einseitig mit der Begründung auf, dass er den See verkaufen wolle. Die Gemeinde pochte aber weiterhin auf ihr Recht, den See nützen zu können – immerhin sei die Pacht für diese Saison ja schon bezahlt worden.
Anfang des Sommers tauchte am See dann plötzlich ein berüchtigter Grazer Geschäftsmann auf – wir nennen ihn G. –, der sich dort in den Badehütten niederließ und zeitweise mit mehreren Frauen und Kindern lebte. Einen ordentlichen Wohnsitz hat er laut Gemeinde dort nicht angemeldet. Dazu wählte er brutale Methoden, um jene zu vertreiben, die an den Sommersbergsee zum Wandern oder Baden kamen. So soll er seinen Hund auf Touristen gehetzt haben (der diese gebissen hat), soll Wanderern mit brennenden Strohballen den Weg versperrt haben – oder verlangte bis zu 45 Euro Eintritt pro Person. Wenn diese sich weigerten zu bezahlen, drohte er mit Besitzstörungsklagen, ließ Touristen nicht gehen, bevor sie sich auswiesen und ihre Adresse bekannt gaben.
„Wir waren am See, als der Mann auf uns zukam und uns bedrohte“, erzählt ein Wiener Paar der „Presse“. Obwohl sie das Grundstück sofort verlassen wollten, band er ihre Fahrräder mit einem Draht zusammen, verlangte ihre Ausweise. Schlussendlich gaben sie ihre Kontaktdaten an. Zurück in Wien fand das Paar eine Zahlungsaufforderung über 470 Euro für angebliche Besitzstörung in ihrem Briefkasten. Sie zeig- ten den Mann wegen Nötigung an – so wie Dutzende andere Sommerurlauber in den vergangenen zwei Monaten auch.
Bekannte Praktiken
Mehr als 30 Delikte wurden der Polizei gemeldet – Staatsanwaltschaft und Finanzpolizei ermitteln gegen den Bauern ebenso wie gegen G. Dieser ist der Justiz kein Unbekannter: In den 1980er- und 1990erJahren spekulierte er in Graz mit Immobilien, ekelte Mieter aus ihren Wohnungen – ein Haus brannte dann plötzlich ab, mehrere Personen konnten im letzten Moment gerettet werden. G. stand Dutzende Male vor Gericht und wurde mehrfach verurteilt.
Woher kennen sich nun G. und B.? Über B.s Anwalt, den er beauftragte, seine Interessen gegen die Gemeinde zu verteidigen. Mehrere Frauen von G. sollen für dessen Kanzlei arbeiten. Man habe seine Mitarbeiter natürlich nicht beauftragt, auf Sommergäste loszugehen oder ihnen Zahlungsauf- forderungen zu schicken, stellte G.s Anwalt, Johannes Eltz, bereits klar.
Abgesehen vom Streit mit der Gemeinde – B. hat den See nun tatsächlich verkauft. Und zwar laut der „Presse“vorliegendem Kaufvertrag um 1,4 Millionen Euro an den Geschäftsmann Reinhard Hohenberg, dessen Firma seit wenigen Tagen im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. Dieser will den Pachtvertrag mit der Gemeinde nun wieder voll akzeptieren und hat den See bereits zum Baden freigegeben. Nur: B. fühlt sich nun nachträglich offenbar doch über den Tisch gezogen und will den Verkauf anfechten. Freien Zugang zum See gibt es darum vorerst wieder nicht, denn B. blockierte in den vergangenen Tagen die Straße mit seinem Team und Autos. Die Polizei bemüht sich, die immer wieder entstehenden Blockaden aufzulösen – dazu wurde in B.s Haus eine Hausdurchsuchung wegen vermuteten illegalen Waffenbesitzes durchgeführt.