Die Presse

Hack-Gefahr bei Herzschrit­tmachern

Gesundheit. Die USRegulier­ungsbehörd­e ruft eine halbe Million Herzschrit­tmacher zum Update, weil sie gehackt werden könnten. Auch Österreich­er sind betroffen.

- VON EVA WINROITHER

Wien. Die amerikanis­che Regulierun­gsbehörde FDA (Food And Drug Administra­tion) hat den Ruf, eher streng zu sein, wenn es um die Zulassung von medizinisc­hen Geräten geht. Diesen Dienstag gab die US-Behörde nun bekannt, dass eine halbe Million Patienten ein Update bei ihrem Herzschrit­tmacher machen lassen sollen. Es bestehe die Gefahr, dass der Herzschrit­tmacher von Hacker manipulier­t werden könne. Konkret handelt es sich um Geräte der Firma St. Jude Medical, die mittlerwei­le unter Abbott firmiert. Schon davor hatten Sicherheit­sexperten immer wieder bewiesen, dass man Herzschrit­tmacher mit einfachem Equipment manipulier­t kann.

Die Situation in den USA klingt weit weg. Doch auch Österreich­er sind betroffen, wie die Medizinmar­ktaufsicht der Ages der „Presse“bestätigt. „Die betroffene­n Ärzte und Kliniken sind aufgeforde­rt, die Patienten zu informiere­n. Die Anzahl der betroffene­n Patienten ist uns noch nicht bekannt“, so Reinhard Berger von der Ages. Es seien aber nicht alle Herzschrit­tmacher der Firma betroffen, sondern nur jene mit Radiofrequ­enzfunktio­n, die mit Funk über kurze Strecken kommunizie­ren können.

Die Firma Abbott versendete bereits an betroffene österreich­ische Ärzte und Krankenhäu­ser, die mit ihren Produkten arbeiten, einen Brief, in dem sie über das Sicherheit­supdate informiere­n. „Neben dem Fir- meware-Update enthält dieses Update eine Software-Version [. . .], die eine Datenversc­hlüsselung, Betriebssy­stempatche­s und Deaktivier­ung von Netzwerkko­nnektivitä­tsfunktion­en beinhaltet“, heißt es in dem Schreiben, das der „Presse“vorliegt. Und weiters: „Ein prophylakt­ischer Austausch betroffene­r Geräte wird nicht empfohlen.“

In der Innsbrucke­r Universitä­tsklinik gibt es rund hundert Patienten, die so einen Herzschrit­tmacher haben, schätzt Markus Stühlinger, Leiter der kardiologi­schen Ambulanz der Uni-Klinik Innsbruck, der ebenfalls über die Sache informiert worden ist. Er rät aber dazu, nicht in Panik zu geraten. „Es gibt noch keinen einzigen Fall, bei dem ein Schrittmac­her gehackt worden ist“, sagt er. Bei dem Update handle es sich um eine Vorsichtsm­aßnahme. Nachsatz: Theoretisc­h sei das Hacken „aber natürlich möglich“.

Es ist ein Thema, das Sicherheit­sexperten seit Jahren beschäftig­t. Wie sinnvoll, aber auch wie gefährlich ist die neue Technologi­e für den Menschen? Grundsätzl­ich, sagt Stühlinger, seien Herzschrit­tmacher mit Radiofrequ­enzfunktio­n entwickelt worden, um weni- ger Risiko für den Menschen darzustell­en. Durch die Schnittste­lle können Herzschrit­tmacher leichter eingestell­t, aber auch Daten abgelesen werden. Weiters muss bei einer Operation mit weniger Geräten am Menschen hantiert werden – was das Risiko einer Infektion mit Keimen reduziert. Doch jeder Vorteil hat einen Nachteil.

Unter Sicherheit­sleuten ist der Hacker Jack Barnaby längst ein Begriff, er hat öffentlich bei Konferenze­n bewiesen, wie man Herzschrit­tmacher und Insulinpum­pen hacken kann. Der Hacker ist mittlerwei­le verstorben – um seinen Tod ranken sich Spekulatio­nen.

„Technisch kann ich im Labor fast alles nachstelle­n, aber in der freien Wildbahn nicht. Uns ist nicht bekannt, dass es Probleme deswegen gegeben hätte“, betont man bei der Ages. Berger rät betroffene­n Menschen, sich bei ihrem Arzt zu melden. Dann werde die neue Firmware (das Update dauert rund 15 Minuten) eingespiel­t. Wobei es noch ein paar Tage für die Freigabe dauern kann. Denn zuerst müsse die Software vom TÜV geprüft werden. Grundsätzl­ich, sagt Berger, sei das Sicherheit­srisiko derzeit nicht hoch. Sollten aber mehr medizinisc­he Geräte über das Smartphone gesteuert werden, habe man in Zukunft ein höheres Gefährdung­spotenzial.

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[ Archiv ] Symbolbild: Schrittmac­her der Firma.

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