Einsamer Höhepunkt einer Baureihe
Fahrbericht. Der Name dieses 5ers ist irreführend: Der BMW M550i will kein kleiner M5 sein. Stattdessen entbietet er die selten gewordene Kulturleistung eines Achtzylinders.
Ist es schon Snobismus, wenn man über den Zylinderschwund im heutigen Motorbau klagt?
Immerhin fährt der ganz überwiegende Teil der Autofahrer in unseren Breiten seit jeher Vierzylinder (wohl auch noch als Ölbrenner), hat vielleicht nie anderes probiert.
Natürlich, vor allem aus Kostengründen. Zylinderadel muss man sich leisten können und wollen, das war immer schon so.
Trotzdem, ein Sechszylinder war vor gar nicht langer Zeit noch in der Mittelklasse eine übliche Währung und beileibe nichts Dekadentes. Derlei ist nahezu außer Reichweite geraten.
Bei der einstigen Sechszylindermarke BMW, um ein Beispiel zu nennen, starten heute die feinen Reihensechser (als Benziner wie auch als Diesel) bei jenseits der 50.000 Euro (real ist das angesichts karger Grundausstattung noch einiges mehr). Mittelklasse ist das nicht zu nennen.
Und dieser Trend verschärft sich, denn unter dem strengen CO2-Regime ist Downsizing angesagt. Der Hubraum schrumpft, aus acht werden sechs Zylinder, aus sechs vier. Und aus vier werden drei. (Nur zwei Zylinder haben sich bislang nicht bewährt, dafür sind unsere Autos zu groß und zu schwer.)
Keine Einbußen – fast nicht
Leistungsmäßig sind keine Einbußen zu beklagen, die neuen Motorgenerationen stemmen das Lastenheft, wonach es an PS und Newtonmetern nicht weniger als beim Vorgänger sein darf, mühelos. Und es wird weniger Sprit verbraucht, was ja Zweck der Übung ist, wenn auch im Realbetrieb nicht umso viel weniger, wie es die Prüfstandmessungen mit ihren Fabelwerten vorgaukeln.
Was auf der Strecke bleibt, ist also mit Zahlen nicht zu benennen oder argumentieren – wir reden von Flair und Atmosphäre, von Klang (nicht Lärm), Geschmeidigkeit und Laufkultur.
Damit sind wir beim BMW M550i, bis zum Erscheinen des neuen M5 die einzige Option, acht Zylinder der Marke zu fahren. Die 400-PS-Dieselvariante namens M550d ist ein Dreiliter-Sechszylinder mit Grüßen aus Steyr.
Als Vorstufe zum M5, der den gleichen V8 als Basis benutzt, wäre der M550i allerdings missverstanden. Nicht nur, weil der M5 gleich mit 600 PS durch die Haustür fällt. Das Performanceprädikat M ist in dem Fall irreführend, weil dieser 5er kein Sportwagen sein will. Hier geht es nicht primär um Power (zweifellos vorhanden) und Ausflüge auf die Rennstrecke (zu viel Komfort, zu schwer), sondern um das Zelebrieren eines feinen, selten gewordenen Motorformats.
Normale Limousine
Zumindest in dieser Umgebung. Denn bei preislich enthobenen Supersportwagen gehören acht Zylinder und mehr nach wie vor zum guten Ton. In einer vergleichsweise normalen Limousine wie dem 5er ist ein V8 jedoch die Ausnahme geworden. Wir konnten uns nochmals überzeugen, warum das zu bedauern ist.
Das noble V8-Säuseln stellt die Grundstimmung her, im Leerlauf fast eine sublime Wahrnehmung, der über die Drehzahl musikalische Variationen folgen. Als Tusch ist Fauchen und Grollen enthalten, in sportlichster Einstellung darf es sogar ein bisschen brabbeln im Abgastrakt, aber einigermaßen dezent. Der Biturbo-V8 ist druckvoll, aber geschmeidig. Fast einen Tick zu schnell wechselt die Achtgangautomatik die Stufen, manches Drehmomentplateau würde man gern von ganz unten gewinnen, doch das flinke Getriebe katapultiert einen schneller nach oben.
Passend tritt der M550i nicht im Trainingsanzug auf: für das Straßenpublikum bloß eine dunkle Limousie mit feinem Klangbild, wenn man es denn wahrnimmt.
Es ist freilich mehr, denn der neue 5er ist an sich schon herausragend gelungen und setzt aktuell die Maßstäbe in der Klasse. Nach 520d, 530d und 540i wäre mit dem M550i nun der kulturelle Höhepunkt der Baureihe erreicht. Für ein paar wenige, die sich damit belohnen können.