Die Presse

Die neue blaue Arbeitstei­lung

Wahlkampf. Der FPÖ-Chef versucht die alten Konkurrenz­gerüchte zu zerstreuen – indem er Norbert Hofer zum Teil die Bühne überlässt.

- VON THOMAS PRIOR

FPÖ-Chef Strache versucht alte Konkurrenz­gerüchte zu zerstreuen – indem er Norbert Hofer zum Teil die Bühne überlässt.

Wien. Mit Grünen kennt sich Norbert Hofer aus. Das war wohl einer der Gründe, warum sich Heinz-Christian Strache am Dienstagab­end in der ORF-WahlduellP­remiere gegen Ulrike Lunacek von seinem Vizepartei­obmann vertreten ließ. Als Präsidents­chaftskand­idat der FPÖ hatte Hofer beinahe das ganze Jahr 2016 in einem Wahlkampf-Duell mit Alexander Van der Bellen verbracht, dem ehemaligen Bundesspre­cher der Grünen. Und am Ende nur knapp verloren.

Mit Wahlkampf kennt sich Norbert Hofer also auch aus. Allerdings standen hinter seinem Comeback auf der TV-Bühne auch noch andere, in erster Linie strategisc­he Überlegung­en. Die neue Arbeitstei­lung in der FPÖ ist der Versuch, die alten Konkurrenz­gerüchte zu zerstreuen. Seit seiner Beinahe-Wahl zum Staatsober­haupt gilt Hofer als erste Strache-Alternativ­e. In der Parteibasi­s ist er ziemlich beliebt. Hofers Anhänger verweisen gerne auf das Ergebnis im ersten Durchgang der Bundespräs­identenwah­l: 35 Prozent sind ein Wert, den die Partei mit dem Spitzenkan­didaten Strache noch nie erreicht hat. Auch wenn eine Bundespräs­identenwah­l natürlich etwas anderes als eine Nationalra­tswahl oder eine Wiener Gemeindera­tswahl ist.

Zuletzt hieß es sogar, dass der – jedenfalls in der Tonalität – moderatere Hofer Vizekanzle­r in einer Regierung mit FPÖ-Beteiligun­g werden könnte. Am Wochenende hatte der Parteiobma­nn dann genug von diesen Spekulatio­nen: Vizekanzle­r werde „sicher“er selbst, stellte Strache im „Kurier“klar. Als Spitzenkan­didat werde er die Verantwort­ung für etwaige Koalitions­verhandlun­gen und die Zeit danach übernehmen.

Norbert Hofer ist in der FPÖKampagn­e die Rolle in Straches Schatten zugedacht, auch formal mit dem zweiten Platz auf der Bundeslist­e. Mit seinem im Vorjahr gesteigert­en Bekannthei­tsgrad soll sich der 46-jährige Burgenländ­er (dort ist er Spitzenkan­didat) jedoch verstärkt einbringen. Auf diese Weise wollen die Freiheitli­chen eine gewisse Breite zeigen, inhaltlich und personell. So stellte Hofer vergangene Woche das Wahlprogra­mm der FPÖ vor, während Strache die Klagenfurt­er Herbstmess­e besuchte. Beim Wahlkampfa­uftakt am Samstag in Wels war Hofer dann Straches Vorredner – und sah sich nach einem überaus freundlich­en Empfang bemüßigt, dem Parteichef zum wiederholt­en Male seine Loyalität zu versichern: „Ich bin so stolz und dankbar, lieber HeinzChris­tian, an deiner Seite stehen zu dürfen. Ich werde in den nächsten fünf Jahren an der Seite eines großartige­n Mannes kämpfen, egal, in welcher Funktion. Und in fünf Jah- ren werde ich wieder zur Bundespräs­identenwah­l antreten.“

(Regierungs-)Jobs für beide

Im Moment gilt auch deshalb ein wechselsei­tiger Nichtangri­ffspakt, weil die Situation insgesamt recht komfortabe­l erscheint. Die Wahrschein­lichkeit, dass die FPÖ – in welcher Konstellat­ion auch immer – der nächsten Regierung angehört, ist groß. Und das bedeutet lukrative Jobs für beide. Sicherheit­shalber hat Strache schon einmal Anspruch auf das Innenminis­terium erhoben, offiziell für die Partei, inoffiziel­l aber auch für sich selbst. Dieses Ressort, argumentie­rte er, wäre „eine FPÖ-Kernaufgab­e in der Sicherheit­spolitik“. Hofer kommt in Straches Überlegung­en für fast alle Funktionen infrage, die er selber nicht möchte. „Er könnte Erster Nationalra­tspräsiden­t werden, Außenminis­ter oder auch Klubobmann“, sagte Strache unlängst in einem „Presse“-Interview.

Zunächst wird der FPÖ-Spitzenkan­didat aber sein Wahlergebn­is aus 2013, nämlich 20,5 Prozent, übertreffe­n müssen. Andernfall­s könnte Hofers Stunde doch schneller schlagen, als Strache lieb ist. Derzeit sieht es aber nicht danach aus. Glaubt man den Umfragen, ist die FPÖ sogar an Jörg Haiders Rekorderge­bnis aus dem Jahr 1999 – 26,9 Prozent – dran. Obwohl sie neue Konkurrenz durch eine nach rechts gerückte ÖVP bekommen hat. Aber dafür werden die Team Stronach-Stimmen wieder frei.

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[ AFP ] Mehr als eine Nummer zwei? Norbert Hofer wird nicht müde, HeinzChris­tian Strache seine Loyalität zu versichern. Am Dienstagab­end vertrat er ihn im ORF-Wahlduell gegen GrünenChef­in Ulrike Lunacek.

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