Die neue blaue Arbeitsteilung
Wahlkampf. Der FPÖ-Chef versucht die alten Konkurrenzgerüchte zu zerstreuen – indem er Norbert Hofer zum Teil die Bühne überlässt.
FPÖ-Chef Strache versucht alte Konkurrenzgerüchte zu zerstreuen – indem er Norbert Hofer zum Teil die Bühne überlässt.
Wien. Mit Grünen kennt sich Norbert Hofer aus. Das war wohl einer der Gründe, warum sich Heinz-Christian Strache am Dienstagabend in der ORF-WahlduellPremiere gegen Ulrike Lunacek von seinem Vizeparteiobmann vertreten ließ. Als Präsidentschaftskandidat der FPÖ hatte Hofer beinahe das ganze Jahr 2016 in einem Wahlkampf-Duell mit Alexander Van der Bellen verbracht, dem ehemaligen Bundessprecher der Grünen. Und am Ende nur knapp verloren.
Mit Wahlkampf kennt sich Norbert Hofer also auch aus. Allerdings standen hinter seinem Comeback auf der TV-Bühne auch noch andere, in erster Linie strategische Überlegungen. Die neue Arbeitsteilung in der FPÖ ist der Versuch, die alten Konkurrenzgerüchte zu zerstreuen. Seit seiner Beinahe-Wahl zum Staatsoberhaupt gilt Hofer als erste Strache-Alternative. In der Parteibasis ist er ziemlich beliebt. Hofers Anhänger verweisen gerne auf das Ergebnis im ersten Durchgang der Bundespräsidentenwahl: 35 Prozent sind ein Wert, den die Partei mit dem Spitzenkandidaten Strache noch nie erreicht hat. Auch wenn eine Bundespräsidentenwahl natürlich etwas anderes als eine Nationalratswahl oder eine Wiener Gemeinderatswahl ist.
Zuletzt hieß es sogar, dass der – jedenfalls in der Tonalität – moderatere Hofer Vizekanzler in einer Regierung mit FPÖ-Beteiligung werden könnte. Am Wochenende hatte der Parteiobmann dann genug von diesen Spekulationen: Vizekanzler werde „sicher“er selbst, stellte Strache im „Kurier“klar. Als Spitzenkandidat werde er die Verantwortung für etwaige Koalitionsverhandlungen und die Zeit danach übernehmen.
Norbert Hofer ist in der FPÖKampagne die Rolle in Straches Schatten zugedacht, auch formal mit dem zweiten Platz auf der Bundesliste. Mit seinem im Vorjahr gesteigerten Bekanntheitsgrad soll sich der 46-jährige Burgenländer (dort ist er Spitzenkandidat) jedoch verstärkt einbringen. Auf diese Weise wollen die Freiheitlichen eine gewisse Breite zeigen, inhaltlich und personell. So stellte Hofer vergangene Woche das Wahlprogramm der FPÖ vor, während Strache die Klagenfurter Herbstmesse besuchte. Beim Wahlkampfauftakt am Samstag in Wels war Hofer dann Straches Vorredner – und sah sich nach einem überaus freundlichen Empfang bemüßigt, dem Parteichef zum wiederholten Male seine Loyalität zu versichern: „Ich bin so stolz und dankbar, lieber HeinzChristian, an deiner Seite stehen zu dürfen. Ich werde in den nächsten fünf Jahren an der Seite eines großartigen Mannes kämpfen, egal, in welcher Funktion. Und in fünf Jah- ren werde ich wieder zur Bundespräsidentenwahl antreten.“
(Regierungs-)Jobs für beide
Im Moment gilt auch deshalb ein wechselseitiger Nichtangriffspakt, weil die Situation insgesamt recht komfortabel erscheint. Die Wahrscheinlichkeit, dass die FPÖ – in welcher Konstellation auch immer – der nächsten Regierung angehört, ist groß. Und das bedeutet lukrative Jobs für beide. Sicherheitshalber hat Strache schon einmal Anspruch auf das Innenministerium erhoben, offiziell für die Partei, inoffiziell aber auch für sich selbst. Dieses Ressort, argumentierte er, wäre „eine FPÖ-Kernaufgabe in der Sicherheitspolitik“. Hofer kommt in Straches Überlegungen für fast alle Funktionen infrage, die er selber nicht möchte. „Er könnte Erster Nationalratspräsident werden, Außenminister oder auch Klubobmann“, sagte Strache unlängst in einem „Presse“-Interview.
Zunächst wird der FPÖ-Spitzenkandidat aber sein Wahlergebnis aus 2013, nämlich 20,5 Prozent, übertreffen müssen. Andernfalls könnte Hofers Stunde doch schneller schlagen, als Strache lieb ist. Derzeit sieht es aber nicht danach aus. Glaubt man den Umfragen, ist die FPÖ sogar an Jörg Haiders Rekordergebnis aus dem Jahr 1999 – 26,9 Prozent – dran. Obwohl sie neue Konkurrenz durch eine nach rechts gerückte ÖVP bekommen hat. Aber dafür werden die Team Stronach-Stimmen wieder frei.