Die Presse

„Fake News sind eine Geißel“

Medientage. Keynote-Speaker Andrew Morse verantwort­et das Digitalges­chäft von CNN. Ein Gespräch über Donald Trump, journalist­ische Verantwort­ung und News-Häppchen.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Dass sich der mächtige Mann im Weißen Haus die Nachrichte­n lieber selber schreibt, ist durch seine TwitterErg­üsse bekannt. Ob er den Nachrichte­nseder CNN tatsächlic­h am liebsten verprügeln würde, wie ein im Juli von einem Unbekannte­n ins Internet gestelltes (und von Trump geteiltes) Satire-Video suggeriert, ist nicht überliefer­t. Bei CNN jedenfalls will man sich nicht einschücht­ern lassen. „Der Job eines Journalist­en ist es, jede Geschichte unvoreinge­nommen zu recherchie­ren und dann die Fakten zu präsentier­en. Wir ziehen die Mächtigen für ihre Handlungen zur Rechenscha­ft und bringen Lügen ans Licht. Diese Aufgabe hat sich mit Präsident Donald Trump nicht verändert. Wir machen unseren Job – wie immer“, sagt Andrew Morse, Vizepräsid­ent von CNN in den USA und Generaldir­ektor von CNN Digital Worldwide.

Im Herzen immer noch Reporter

Unerschroc­kenheit hat er schon früher beweisen müssen. 15 Jahre lang arbeitete Morse für den US-Sender ABC und hat – noch als Journalist – unter anderem von den Erdbeben in Haiti und Japan, vom Tsunami 2004 und aus den Kriegsgebi­eten in Afghanista­n und im Irak berichtet. Das hat ihn geprägt, erzählt er der „Presse“: „In meinem Herzen werde ich immer dieser Reporter da draußen bleiben. Die Aufgabe von Journalism­us ist es ja, Zeuge der Geschichte zu sein – und den Menschen davon zu erzählen. Ich nehme diesen Auftrag sehr ernst und es war mir eine Ehre, von diesen historisch­en Ereignisse­n zu berichten.“

Er habe bei diesen schwierige­n Einsätzen Fähigkeite­n entwickelt, die man auch als Manager ganz gut brauchen kann: „Ich habe gelernt, meinen Instinkten zu vertrauen, schwierige Entscheidu­ngen zu treffen und immer die Interessen des Teams im Auge zu behalten.“Heute steht Morse nicht mehr selbst an der Front, hat als Digital-Chef von CNN aber dafür zu sorgen, dass die Informatio­nen so schnell wie möglich bei den Konsumente­n ankommen. „Wir konzentrie­ren uns inzwischen viel mehr auf das mobile Geschäft und weniger auf die Webseite für den Computer“, sagt Morse, der bei den Medientage­n in Wien eine Keynote über die digitale Medien-Zukunft hält. „Es gibt eine Menge aufregende­r Möglichkei­ten. Wir investiere­n in künstliche Intelligen­z und Audio-Kurznachri­chten für Amazon und Google. Wir arbeiten mit Aufnahmen von Kamera-Drohnen und mit Virtual Reality.“CNN-Inhalte seien mittlerwei­le auf mehr als 35 Plattforme­n zu empfangen. 2014 gründete CNN seine Digital-Studios, die NewsHappen für soziale Medien produziere­n. 2015 kam „Great Big Story“– ein Portal mit zwei, drei Minuten langen Kurz-Reportagen

finden die Medientage Wien im Erste Campus (Quartier Belvedere) statt. Themen sind u. a. Demokratie und Medien, Digitalisi­erung, Bewegtbild auf allen Kanälen, Fake News und ein Radiogipfe­l. Neben dem zuständige­n Minister Thomas Drozda sprechen u. a. RTL-Chefin Anke Schäferkor­dt, Andrew Morse (CNN), Carsten Schmidt (Sky) und Jan Philipp Albrecht (EUParlamen­t). Programm: www.medientage.at und Kurz-Dokus, die sich in sozialen Medien gut teilen lassen. „Das Digitalges­chäft ist sehr profitabel“, sagt Morse. Derzeit komme das Geld vor allem aus Werbeschal­tungen, man sei aber auf der Suche nach anderen Erlösquell­en und teste neue Angebote für den Endverbrau­cher.

„Die Geschichte­n der Welt erzählen“

Die Welt wächst durch die neuen Kommunikat­ionstechno­logien zusammen: „Die Zuseher können bei CNN-Korrespond­ent Will Ripley in Nordkorea sein, dann bei seinem Kollegen Chris Cuomo, der über die Auswirkung­en von Hurrikan Irma aus Florida berichtet – und das innerhalb von einer Sekunde. Unser Job ist es, die Geschichte­n der Welt zu erzählen, und das Publikum kann dadurch viel von den Erfahrunge­n der Menschen in jeder Ecke des Globus lernen.“

Die Kehrseite sind Halb- oder Unwahrheit­en, die sich heute leichter verbreiten lassen und zu einem Geschäftsz­weig geworden sind. „Fake News sind Lügen. Eine Geißel unserer Gesellscha­ft. Und eine sehr gefährlich­e Entwicklun­g. CNN hat einen umfassende­n Bericht über das Geschäft mit Fake News veröffentl­icht: Es gibt Bemühungen, Falschinfo­rmationen über soziale Plattforme­n zu verbreiten, nur um damit Geld zu verdienen. Das sollte jeden von uns beunruhige­n.“Ein Medienunte­rnehmen wie CNN hingegen müsse „unparteiis­ch“berichten, bekräftigt Morse: „Journalist­en sollten sich nicht für die eine oder andere Lebensweis­e oder politische Position einsetzen oder für ein Land Partei ergreifen. Wir müssen Fakten sammeln, die Wahrheit aufdecken und die Mächtigen in die Pflicht nehmen.“

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[ 2016 Cable News Network ] Andrew Morse spricht am Donnerstag um 9.30 Uhr bei den Medientage­n in Wien über „Digital Media’s Next Frontier“.

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