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Wenn Federer Nadal anfeuert

Tennis. Europa gegen den Rest der Welt, Borg gegen McEnroe und Federer an der Seite von Nadal und Thiem: Der neu geschaffen­e Laver Cup verspricht ein Spektakel. Was aber hält er?

- VON JOSEF EBNER

Prag/Wien. Wenn Roger Federer ruft, kommen sie alle. Dann ist keine Rede mehr vom Verletzung­srisiko und übervollen ATP-Turnierkal­ender, der es nicht mehr ermögliche, Davis Cup zu spielen. So beklagen es die Topspieler immer wieder, darunter auch Dominic Thiem („Mehr eine Belastung als Freude“). Tatsächlic­h waren am vergangene­n Wochenende nur vier der Top 20 in den Länderduel­len im Einsatz, der einzige TopTen-Spieler war Thiem, er sicherte Österreich­s 4:1-Sieg gegen Rumänien. Nun fand sich der Weltrangli­stensieben­te in Prag ein, gemeinsam mit Rafael Nadal (ATP-1.), Roger Federer (2.), Alexander Zverev (4.), Marin Cˇilic´ (5.) und Toma´sˇ Berdych (19.) bildet er das Team Europa, von Freitag bis Sonntag stellen sie sich in Anlehnung an den prestigetr­ächtigen Ryder Cup im Golf den besten Spielern aus dem Rest der Welt.

Das neue Format heißt Laver Cup, benannt nach dem Grand-Slam-Sieger Rod Laver, Roger Federer ist mit seiner Management­agentur Team 8 einer der Veranstalt­er. Punkte für die Weltrangli­ste gibt es keine, solche wären derzeit ohnehin nur bei den 250er-Turnieren in Metz und St. Petersburg zu holen, dafür aber ein „substanzie­lles Preisgeld“(Federer-Manager Tony Godsick). Zahlen sind nicht bekannt, aber gleich neun aus den Top 20 der Welt sind in Prag mit von der Partie.

So funktionie­rt der Laver Cup

Aber Geld allein hat die Profis nicht an die Moldau gelotst, das nicht ganz unkomplizi­erte Format des Laver Cups hat auf jeden Fall seinen Reiz: An allen drei Tagen werden drei Einzel und ein Doppel gespielt, bei 1:1-Sätzen folgt ein Match-Tiebreak, kein Spieler darf mehr als zwei Singles bestreiten, zumindest vier der sechs Teammitgli­eder müssen Doppel spielen. Siege am ersten Tag sind einen Punkt, am zweiten zwei und am dritten drei Punkte wert. Das Siegerteam muss 13 Zähler erreichen, steht es nach allen zwölf Partien unentschie­den, gibt es ein Entscheidu­ngsdoppel. All das geht auf einem gänzlich schwarz gehaltenem Court vor täglich 17.200 Zuschauern über die Bühne, alle Sessions in der Prager O2-Arena waren innerhalb von 45 Minuten ausverkauf­t.

Vor allem eine Frage beschäftig­t die Fans: Werden Federer und Nadal, die größten Rivalen in der jüngeren Tennisgesc­hichte, gemeinsam Doppel spielen? Die Chancen stehen gut, auch Björn Borg hofft auf das Superstar-Doppel, und er ist immerhin Kapitän der Europa-Auswahl (vier Spieler pro Team qualifizie­rten sich über ihr Ranking, danach vergab der Kapitän zwei Wild Cards). Das Format lasse Spielraum für Strategie, erklärte der Schwede, 61: „Es ist wichtig zu entscheide­n, wer wann und wie oft spielt.“

Borgs Gegenüber ist der US-Amerikaner John McEnroe, 58. Rechtzeiti­g zum Filmstart von „Borg/McEnroe – Duell zweier Gladiatore­n“wird diese Rivalität (Head 2 Head: 7:7) also neu aufgelegt. Doch McEnroes Weltauswah­l ist auf dem Papier unterlegen. Sam Querrey ist als Weltrangli­sten-16. der Topspieler, bei den Europäern ist nur Berdych (19.) schlechter klassiert. „Als Kapitän musst du vor allem den richtigen Spieler gegen jemanden aufstellen“, meinte McEnroe, er hat mit dem unberechen­baren Nick Kyrgios (20.) zudem ein mögliches Ass im Ärmel.

Die beiden Kapitäne wurden für die ersten drei Auflagen des Laver Cup verpflicht­et, der Wettkampf soll im Jahresrhyt­hmus (außer in Olympiajah­ren) jeweils in einer anderen Stadt ausgetrage­n werden. „Der Bewerb hat nur eine seriöse Chance zu bestehen, wenn es jeder ganz ernst nimmt. So eine halbe Exhibition wird nicht funktionie­ren“, meinte Thiem. Darum glaubt er, dass es sehr wohl ein ernsthafte­r Bewerb wird. Warum auch nicht. Niemand wird sich vor den namhaften Teamkolleg­en Blöße geben wollen. Auch Federer erklärte, er liebe es, Teil einer Mannschaft zu sein, er wolle so viel Zeit wie möglich mit den Kollegen verbringen. Seine Coaches hat er zu Hause gelassen.

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[ AFP ] Drei Generation­en, drei Legenden: John McEnroe, 58, Rod Laver, 79, und Roger Federer, 36, in Prag.

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